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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Micail in der jenseitigen Welt getroffen hatte, um dessen Seele auf die Wiedergeburt in diesem neuen Land vorzubereiten. Doch diese letzte Vision, wenn es denn eine gewesen war, unterschied sich von den anderen. Er empfand die eigenartige Erleichterung, die stets einer Trance folgte, und obwohl Micail ihm letztendlich entflohen war, war es Chedan immerhin gelungen, mit ihm in Verbindung zu treten.
    Und ich war wieder jung… Die Erinnerung an seine volle Lebenskraft erfüllte sein Bewusstsein - und doch erinnerte ihn sein Körper jeden Augenblick schmerzvoll daran, dass er seiner Seele schon seit mehr als siebzig Jahren diente. Und die fünf Jahre, die seit ihrer Ankunft am Heiligen Berg vergangen waren, waren schwer gewesen. Er würde nicht traurig sein, wenn er die müden Knochen und die schmerzenden Glieder niederlegen könnte und in die Ewigen Schicksalsgründe eingehen dürfte, auch wenn es bedeutete, dass er sich dem Gericht würde stellen müssen.
    Er schüttelte betrübt den Kopf. Vollende die Arbeit, die du tun musst, hatte die Stimme gesagt. Fürs Erste würde Chedan jedenfalls gut daran tun, sich aus dem Bett zu erheben. Vielleicht war das ja eine Verheißung, dachte er hoffnungsvoll.

    Ein stürmischer Wind peitschte über die Ebene und drückte das unter den vom Winter gebleichten Stängeln frisch gesprossene Gras nieder, um dann die Halme einen nach dem anderen zurückfedern zu lassen - grün, silbergrau und wieder grün.
    Die Nachmittagssonne hatte die Luft erwärmt, doch der Tag neigte sich dem Abend zu, und die Leichtigkeit in Micails Herz schwand allmählich, welkte wie eine Blüte in der Winterkälte. Die Erinnerung an den Traum, welche die Arbeit aus seinem Kopf vertrieben hatte, kehrte zurück. Er war ein Drache gewesen oder ein Raubvogel - irgendein feuriges Geschöpf, das wild um sich geschlagen hatte, um den Steinen zu entkommen. Und wieder einmal war Chedan da gewesen…
    Micail betrachtete trübsinnig den Mann, der vor ihm arbeitete. Tjalans Bestreben bestand schlichtweg darin, so wurde ihm jetzt klar, etwas zu schaffen, das sie alle überdauern würde. Doch es gab Zeiten, da schienen die fünf Dreisteine ein hohes Maß an Überheblichkeit widerzuspiegeln, das sogar die Vorstellungskraft eines Prinzen überstieg.
    Der unfertige Steinkreis wirkte vielleicht deshalb weniger einschüchternd - zumindest auf Micail -, weil er eben noch unvollständig war. Vierundzwanzig aufrecht stehende Steine waren um die Dreisteine herum aufgerichtet worden, einschließlich eines niedrigeren Steins, der beliebigen Benutzern einen Blick auf den Mittsommer-Sonnenaufgang bot. Die sechs noch fehlenden Steine würden im nächsten Sommer aufgestellt werden, und zwar durch Arbeitstrupps, die man wahrscheinlich aus dem Stamm der Blauen Stiere einziehen würde.
    Sechs weitere Decksteine waren bereits herbeigeschafft worden, und zwei hatte man auch schon an ihren Platz gehoben, um einen besseren Eindruck von der Wirkung des endgültigen Gebildes zu vermitteln - ein Sonnenrad von hundert Fuß Durchmesser. Das Finden und Befördern der restlichen vierundzwanzig Steine, um das Muster zu vollenden, würde vielleicht noch einmal ein Jahr Arbeit erfordern.
    Vor allem dank der Bemühungen von Timul und Elara hatte der König das Wundfieber überlebt, doch die Verletzung durch den Wurfspeer hatte seine Schulter für immer gezeichnet. Khattar würde nie wieder eine Kampfaxt schwingen, weder aus Bronze noch aus Orichalkum. Es ging das Gerede - hauptsächlich in den Reihen der jüngeren Krieger -, dass er als Großkönig abdanken und den Platz für Khensu räumen sollte. Doch nur die Matriarchen konnten diese Entscheidung treffen, und die Frauen hatten sich bis jetzt in auffälliger Weise geweigert, einen Beschluss zu fassen.
    Fürchteten sie sich ebenfalls vor Prinz Tjalans Speerkämpfern? Es gab Zeiten, da war auch Micail die ständige Zurschaustellung alkonischer Kampfstärke unangenehm, doch er musste zugeben, dass solche Kraftprotzerei vielleicht nötig war. Bis Khattars Fähigkeit zu regieren unter Beweis gestellt war, so hatte der Stamm des Roten Stiers erklärt, wäre von ihnen keinerlei weitere Hilfeleistung zu erwarten. Bis jetzt hatten sich die anderen Stämme dieser Verweigerungshaltung noch nicht angeschlossen, doch Micail wusste, dass nicht mit ihrer Unterstützung zu rechnen war.
    Sie glauben, wir haben nur hundert Schwerter zu unserer Verteidigung zur Verfügung, und das stimmt auch - bis jetzt, dachte er. Zum

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