Die Ahnen von Avalon
sich von ihm zum Tanz führen ließ.
Als Damisa aufstand, um ihren Becher nachzufüllen, begegnete sie Tiriki, die sich anschickte, das Fest zu verlassen, und die offensichtlich schläfrige Domara an der Hand führte. Chedan und die anderen älteren Geistlichen waren bereits gegangen.
»Sie müsste längst im Bett sein«, erklärte Tiriki lächelnd, »aber sie wollte unbedingt beim Tanzen zusehen.«
»Diese Art des Feierns unterscheidet sich gewiss von der, die wir im Tempel pflegten«, entgegnete Damisa missmutig, da sie sich an die erlesenen Speisen und den gepflegten Tanz erinnerte.
»Aber der Grund dafür liegt doch auf der Hand. Das Überleben ist hier stets gefährdet. Es ist kein Wunder, dass die Leute, wenn sie einmal Essen und Feuer im Überfluss haben, darin schwelgen. Das ist für sie eine Bestätigung, dass sie leben, und das gilt auch für uns. Aber jetzt ist es Zeit zum Schlafen, nicht wahr, mein Liebling?«, fügte Tiriki hinzu, als Domara gähnte. »Möchtest du mit uns zurück zum Heiligen Berg gehen?«
Damisa schüttelte den Kopf. »Ich habe noch keine Lust zum Schlafen.«
Tiriki warf einen Blick auf den Becher in Damisas Hand und runzelte die Stirn, als ob sie überlegte, ob sie ihre Autorität ausspielen sollte oder nicht. »Bleib nicht hier und grüble düster vor dich hin. Ich weiß, dass du und Selast euch sehr nahe steht, aber…«
»Aber ein Leben ohne Partner ist möglich, wolltet Ihr sagen? So wie Ihr es haltet?« Noch bevor Damisa zu Ende gesprochen hatte, war ihr klar, dass das Bier ihr einen Streich gespielt hatte.
Tiriki straffte sich; ihre Augen funkelten, und Damisa trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Domara fing an zu weinen.
»Wie ich?« Tiriki sprach mit ruhiger Eindringlichkeit. »Bete zu den Göttern, dass du niemals die Freuden kennen lernst, die ich genossen habe, damit du nicht eines Tages den gleichen Schmerz empfindest wie ich.« Sie wandte sich jäh ab und ging davon; Damisa blieb zurück und starrte ihr betroffen nach.
Durch das Trinken war Damisas Blick inzwischen ziemlich verschwommen; sie sah Otter und Iriel, die eng umschlungen ins Gebüsch eilten. Sie blinzelte und stand auf. Am Feuer waren nur noch wenige Leute verblieben. Reidel war einer von ihnen.
»Edle Dame, geht es Euch gut?« Er kam mit schnellen Schritten zu ihr. »Darf ich Euch zum Haus der Jungfrauen zurückgeleiten?«
»Wie bitte? Ach so…« Damisa kicherte und lehnte sich an seine Schulter. Er roch nach Heidebier und Schweiß. »Aber ich bin… ein bisschen betrunken.« Sie hickste und lachte erneut. »Vielleicht sollten wir besser warten…«
»Das Gehen wird Euch sicher gut tun«, sagte er mit Bestimmtheit und klemmte ihren Arm unter den seinen. »Wir nehmen den Weg um den Heiligen Berg herum.«
Damisa war sich gar nicht so sicher, ob sie wirklich etwas gegen die wärmende, betäubende Wirkung des Bieres tun wollte. Aber ihr war schon zuvor aufgefallen, dass Reidels Arm kräftig und Trost spendend war. Sie fühlte sich besser, wenn sie sich an ihm festhielt, und als sie sich niedersetzten, um an einem grasbewachsenen Hang auszuruhen, der ihnen einen Blick auf die Spiegelung des Mondlichts auf dem Wasser gewährte, kam es ihr ganz natürlich vor, dass sie den Kopf an seine Schulter legte. Allmählich ließ ihr Schwindelgefühl nach.
Es dauerte eine Weile, bis sie das leichte Beben der harten Muskeln unter ihrer Wange bemerkte. Sie richtete sich auf und schüttelte den Kopf.
»Ihr zittert ja… Friert Euch, oder war ich zu schwer für Euch?«
»Nein…« Auch seine Stimme wirkte angespannt. »Keinesfalls. Ich war töricht zu denken, ich könnte… dass Ihr nicht wüsstet…«
»Was nicht wüsste?«
Er ließ sie unvermittelt los und wandte sich ab; sein Körper war ein dunkler Schatten im Schein der Sterne. »Wie schwer es für mich ist, Euch festzuhalten und sonst nichts zu tun…«
Das Heidebier hat auch dich um die Selbstbeherrschung gebracht, dachte sie, sonst würdest du es niemals wagen, so etwas zu sagen! Doch warum sollte sie ihn abweisen, überlegte sie weiter, da Selast für sie verloren war?
»Dann tut es doch…«, sagte sie, wobei sie nach seinem Arm griff und ihn wieder so hindrehte, dass er sie ansehen musste.
Reidel war mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung so nahe bei ihr, dass sie völlig überrumpelt war; er hatte einen Arm um ihre Taille geschlungen, während sich die andere Hand in ihre Haare grub. Im nächsten Augenblick hatte er sie fest an sich
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