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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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hektisch genug. Wir werden nicht oft Gelegenheit haben, einfach still dazusitzen und nichts zu tun. Und dabei…«, er hob gespielt feierlich den Becher, »…gibt es in Zeiten wie diesen…«
    Trotz seiner düsteren Gedanken musste Chedan lachen, und dann beendeten sie gemeinsam den alten Spruch: »… nichts Besseres, als nichts zu tun, um die Gemüter zu beruhigen! «

3. Kapitel
    Wie verpackt man ein Leben? Kopfschüttelnd betrachtete Micail die vielen verschiedenen Dinge, die sich auf seiner Liege türmten. Im dämmrigen Licht des Morgens erschien ihm das Häufchen erbärmlich klein. Drei Teile Notwendigkeit auf einen Teil Sentimentalität?
    Natürlich sollte jedes Schiff mit unentbehrlichen Gebrauchsgütern wie Bettzeug, Saatgut und Arzneien ausgestattet werden. Außerdem hatten die Priesterschüler und einige vertrauenswürdige Gehilfen den Auftrag erhalten, nach den Listen, die man im Tempel schon vor langer Zeit zusammengestellt hatte, Schriftrollen und Insignien zu verpacken. Doch dabei handelte es sich um Gemeinbesitz. Darüber hinaus durfte jeder so viele persönliche Dinge mit auf die Reise nehmen, wie er in einem Seesack unterbringen konnte.
    Micail hatte diese Situation schon einmal erlebt, als er im Alter von zwölf Jahren das Alte Land, bis dahin seine Heimat, mit dieser Insel vertauschen musste. Damals hatte er seine Kindheit zurückgelassen.
    Ich werde sicher keine Prozessionen mehr auf den Sternenberg führen, dachte er, warf einen letzten Blick auf den bestickten Prunkmantel mit den herrlichen Spiral-und Kometenmustern, legte ihn mit leisem Bedauern beiseite und faltete stattdessen zwei schlichte Linnentuniken zusammen. Er packte nur eine einzige Amtsrobe ein - ein Gewand aus weißer Seide, so fein, dass das Licht durchschien - und dazu einen blauen Mantel. Zusammen mit den Insignien des Priestertums musste das für Rituale genügen. Und Prinz bin ich ohnehin nicht länger, wenn ich kein Land mehr habe. Ob er dies als Erleichterung empfinden oder eher den Respekt vermissen würde, den ihm der Titel garantierte, wusste er noch nicht.
    Das Symbol ist nichts, ermahnte er sich. Die Wirklichkeit ist alles. Ein wahrer Meister der Mysterien sollte auch ohne äußere Zeichen auskommen. »Das wichtigste Werkzeug des Magiers liegt hier«, hatte der alte Rajasta immer gesagt und sich lächelnd an die Stirn getippt. Für einen Augenblick fühlte sich Micail ins Haus der Zwölf im Alten Land zurückversetzt. Rajasta fehlt mir sehr, dachte er, aber ich bin froh, dass er diesen Tag nicht mehr erleben muss.
    Sein Blick wanderte zu dem Federbäumchen, das in seinem Ziertopf am Fenster stand. Die hellgrünen Blätter glänzten in der Morgensonne. Seine Mutter Domaris hatte ihm die Pflanze geschenkt, nicht lange nachdem er nach Ahtarrath gekommen war, und seither hatte er sie begossen, beschnitten, gehegt und gepflegt. Als er sie nun in die Hand nahm, hörte er Tirikis leichten Schritt im Korridor.
    »Mein Liebling, denkst du wirklich daran, den kleinen Baum mitzunehmen?«
    »Ich… weiß es nicht.« Micail stellte den Topf auf das Fensterbrett zurück und sah sich lächelnd nach seiner Gemahlin um. »Ich habe ihn so lange gehütet, dass es mir schwer fällt, ihn zurückzulassen.«
    »In deinem Seesack wird er die Reise nicht überleben«, bemerkte sie und schmiegte sich in seine Arme.
    »Das stimmt, aber vielleicht kann ich ihn anderswo unterbringen. Wir werden sehen. Solange ich keine härteren Entscheidungen zu fällen habe…« Die Worte blieben ihm in der Kehle stecken.
    Tiriki hob den Kopf, suchte seinen Blick und trat zu ihm ans Fenster. Die zarten Blätter des Bäumchens zitterten, obwohl es windstill war.
    Sie spürten das leise Ächzen in der Erde mehr, als sie es hörten. Allmählich wurde es deutlicher, ein Kribbeln in den Fußsohlen, viel stärker als das Beben tags zuvor.
    Nicht schon wieder!, dachte Micail flehentlich. Noch nicht, nicht jetzt…
    Vom Gipfel des Berges stieg eine Rauchfahne in den fahlen Morgenhimmel.
    Der Boden schwankte. Micail packte Tiriki und zog sie zur Tür. Falls die Decke einstürzte, böte der Rahmen einen gewissen Schutz. Wieder trafen sich ihre Blicke. Es bedurfte keiner Worte. Sie begannen, im gleichen Rhythmus zu atmen, wandten sich mit allen Sinnen nach innen und versetzten sich in Trance. Mit jedem Atemzug versanken sie tiefer. Kraft ihrer geistigen Verbindung spürten sie noch deutlicher, wie sich die Spannungen im Innern der Erde entluden, und waren ihnen zugleich

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