Die Ajima-Verschwörung
kommen auch ohne Ihre Kassandratöne aus.«
Giordino sah Pitt fragend an. »Was für Töne?«
»Von jemandem, der ein Unglück voraussagt«, erklärte Pitt.
Giordino zuckte mißgelaunt die Achseln. »Ich habe nur versucht, meinen ehrlichen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.«
»Bedauerlich, daß wir
Big Ben
nicht über eine Rampe von einem Schiff absetzen und ihn mit diversen Drucktanks zum Boden absinken lassen können, wie wir das mit
Big John
gemacht haben.«
Nachsichtig bemerkte Sandecker: »Es hat damals zwei Wochen gedauert,
Big John
übers Meer zu befördern. So viel Zeit haben wir einfach nicht.«
»Darf ich fragen, wer zum Teufel uns instruieren wird, wie man eine Atombombe aus einem verzogenen Wrack birgt und anschließend detonieren läßt?« wollte Pitt wissen.
Sandecker reichte beiden Männern vierzig Seiten starke Aktenordner, die Fotos, Diagramme und Instruktionen enthielten. »Steht alles hier drin. Sie haben, bis wir die Abwurfzone erreichen, Zeit genug, sich das anzusehen und die Handgriffe zu üben.«
»Die Bombe hat über fünfzig Jahre lang in einem verzogenen Rumpf unter Wasser gelegen. Wie kann man sicher sein, daß sie überhaupt noch gezündet werden kann?«
»Die Fotos des Pyramider Bildaufzeichnungsgeräts zeigen, daß der Rumpf der B-29 intakt ist, was darauf hinweist, daß die Bombe beim Absturz nicht beschädigt wurde. ›Mother’s Breath‹ war so konstruiert, daß sie im Notfall über Wasser abgeworfen und später gehoben werden konnte. Die Panzerteile der Ballistikhülle waren maschinelle Präzisionsanfertigungen, so daß die Garantie bestand, daß das Innere wasserdicht blieb. Die Männer, die sie gebaut haben und noch leben, schwören, daß sie auf dem Meeresboden liegenbleiben und noch in fünfhundert Jahren hochgehen könnte.«
Giordino machte ein ziemlich säuerliches Gesicht. »Ich hoffe, die Explosion erfolgt durch Zeitzünder.«
»Sie haben eine Stunde Zeit, bevor die Bombe detoniert«, erwiderte Sandecker. »Die Höchstgeschwindigkeit von
Big Ben
liegt höher als die von
Big John.
Die Auswirkungen der Explosion werden Ihnen nichts anhaben können, Sie sind dann schon weit weg.«
»Was heißt denn ›weit weg‹?« hakte Pitt nach.
»Zwölf Kilometer.«
»Und das Endresultat?« fragte Pitt Sandecker.
»Das Konzept sieht ein Unterwasserbeben vor, das von der alten Bombe ausgelöst wird und ähnliche Auswirkungen haben wird wie jenes, das unsere Anlage in der Tiefsee zerstörte.«
»Wir stehen hier vor einer völlig anderen Situation. Die Explosion an der Meeresoberfläche hat vielleicht ein Unterwasserbeben verursacht, doch unsere Behausung wurde von einer Lawine ausgelöscht, die den Wasserdruck von mehreren tausend Kilo noch verstärkte. Diese Kräfte werden auf dem Meeresboden nicht freigesetzt«, wandte Pitt ein.
»Was den Wasserdruck angeht, haben Sie recht. Bei der Lawine nicht.« Sandecker tippte mit dem Finger auf die Karte.
»Die Insel Soseki entstand vor Millionen Jahren durch einen längst verloschenen Vulkan, der unmittelbar vor der Küste Japans ausbrach und von dem aus ein Lavafluß weit ins Meer floß. Früher einmal bildete dieses Lavabett einen Ausläufer des japanischen Festlandes und ragte bis zu zweihundert Meter aus dem Wasser. Natürlich ruhte die Lava auf weicheren Gesteinsschichten. Nach und nach sorgte die Erdanziehungskraft dafür, daß dieser Ausläufer immer mehr absackte, bis er schließlich unter der Wasseroberfläche zur Ruhe kam, wobei nur der leichtere und weniger massive Gipfel noch über dem Wasserspiegel blieb.«
»Soseki?«
»Ja.«
Pitt studierte die Karte und sagte langsam: »Wenn ich das recht verstehe, dann werden die Schockwellen der Bombe ein Meeresbeben auslösen, das das unter der Insel liegende Sediment verschiebt und schwächt, so daß das Gewicht der Insel sie unters Meer drückt.«
»So ähnlich wie wenn man am Strand steht und die Wellen die Füße unterspülen.«
»Klingt alles so einfach.«
Sandecker schüttelte den Kopf. »Das ist nur die eine Hälfte.
Die Schockwellen alleine genügen nicht. Aus diesem Grund muß die Bombe zehn Kilometer vom Flugzeug fort transportiert werden, bevor sie gezündet wird.«
»Wohin?«
»Zum Abhang eines tiefen Grabens, der parallel zur Insel verläuft. Die Gewalt der Atomdetonation wird, so erwartet man, einen Teil des Walles dieses Grabens zum Einsturz bringen. Die ungeheure Energie, die entsteht, wenn eine Millionen Tonnen Gestein schwere Lawine im Zusammenspiel mit
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