Die Ajima-Verschwörung
und Sand ins Unbekannte. Er befand sich auf einem langgezogenen Bergrücken, der schräg in der Mitte des Abhangs nach unten verlief. Auch jetzt war seine Geschwindigkeit nicht sehr viel höher, als sie es an den steileren Stellen gewesen war. Die Haftung zwischen den Ketten und dem Schlamm hatte sich nur unwesentlich verbessert. Jeder Versuc h, das Ungetüm in gerader Linie nach unten zu fahren, war zum Scheitern verurteilt. Es würde den Hang hinunterrasen wie ein Lastwagen, der auf eisglatter Fahrbahn ins Schleudern geriet.
Pitt war völlig klar, daß sein Leben am sprichwörtlichen Faden hing und daß er sich in einem Wettlauf mit dem Tod befand, in dem er der ihm folgenden Lawine zu entgehen suchte. Die Wahrscheinlichkeit, daß er als Verlierer daraus hervorgehen würde, war groß. Doch jetzt hatte er alle Angst beiseite gewischt; geblieben war nur noch sein unbeugsamer Überlebenswille.
An der Meeresoberfläche – im Dunkeln nicht wahrnehmbar – stieg die Wasserfontäne zweihundert Meter hoch und fiel dann in sich zusammen, doch tief in der Bruchzone, unterhalb des Grabenbodens, bewirkten die Druckwellen eine vertikale Verschiebung in der Erdkruste. Druckwelle auf Druckwelle folgte, die Bruchstelle in der Erdkruste hob, senkte und weitete sich, die Folge war ein starkes Erdbeben.
Die vielen Ablagerungsschichten, die sich im Laufe von Millionen Jahren gebildet hatten, verschoben sich und sorgten dafür, daß sich der schwere Lavafelsen der Insel Soseki senkte, als stünde er auf Treibsand. Abgefedert durch den weichen, nachgiebigen Unterboden schien die Insel zunächst gegen die Druckwellen des Bebens immun zu sein. Doch dann versank sie allmählich im Meer, und das Wasser stieg an den Klippen hoch.
Soseki sank ständig weiter, bis die tragenden Sandschichten zusammengepreßt waren, das Sinken der Felsmasse langsamer wurde und sie auf neuem Niveau zur Ruhe kam. Jetzt brachen sich die Wellen nicht länger am Fuße der Klippen, sondern schlugen über die zerklüfteten Spitzen und umspülten die dahinter gelegenen Bäume.
Sekunden nach der Explosion und den darauf folgenden seismischen Beben erzitterte ein erheblicher Teil der östlichen Grabenwand und wölbte sich drohend. Dann rutschten etliche hundert Millionen Tonnen Schlick abwärts und trafen unter Donnergetöse auf den Boden der Schlucht. Eine unglaubliche Druckwelle war die Folge. Sie breitete sich bis zur Wasseroberfläche aus und bildete darunter einen gebirgshohen Wasserwall.
Eine unzerstörbare Tsunami war entstanden.
Im offenen Meer nur einen Meter hoch wurde sie bald schneller, beschleunigte auf eine Geschwindigkeit von 500 Kilometern pro Stunde und rollte westwärts. Unbesiegbar, fürchterlich in ihrer Vernichtungskraft; es gibt auf der Erde keine zerstörerischere Kraft. Und nur zwanzig Kilometer entfernt lag Soseki mitten auf ihrem Weg.
Das Unglück nahm seinen Lauf.
Der Tod des Drachenzentrums stand unmittelbar bevor.
Tsuboi, Yoshishu und ihre Leute standen noch immer im Abwehr-Kontrollraum und verfolgten den Kurs der beschädigten C-5 Galaxy, die nach Süden abgedreht hatte.
»Zwei Raketentreffer, und die fliegt immer noch«, wunderte sich Yoshishu.
»Sie kann trotzdem noch abstürzen.« Tsuboi brach plötzlich ab, als er das ferne Rumpeln der Explosion von ›Mother’s Breath‹ wahrnahm. »Hört ihr das?« fragte er.
»Ja, sehr schwach, wie weit entferntes Donnern«, sagte Koyoma, ohne die Augen vom Radarschirm zu wenden.
»Kommt wahrscheinlich von einem Gewitter und dringt als Echo durch die Ventilationsschächte.«
»Sie fühlen es auch?«
»Ich fühle eine leichte Erschütterung«, erwiderte Yoshishu.
Kurojima zuckte gleichgültig die Achseln. Japaner sind an die Bewegungen der Erde gewöhnt. Jedes Jahr werden auf den Hauptinseln mehr als tausend Beben registriert, und keine Woche vergeht, ohne daß die Japaner ein Zittern der Erde erleben. »Ein kleines Beben. Wir befinden uns in der Nähe einer seismischen Verwerfung. Haben wir hier die ganze Zeit über.
Aber keine Sorge. Die Insel besteht aus massivem Felsen, und das Drachenzentrum wurde so konstruiert, daß ein Erdbeben ihm nichts anhaben kann.«
Die herumstehenden Gegenstände im Raum klapperten leise, als die ersterbende Energie der Bombe das Drachenzentrum erreichte. Dann traf die Druckwelle, die durch die Verschiebung in der subozeanischen Verwerfung entstanden war, die Insel wie ein gewaltiger Rammbock. Das ganze Drachenzentrum erbebte, schien in alle
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