Die Ajima-Verschwörung
sich über das üppig ausgestattete Büro. Die vier Männer saßen da, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Nach einer Minute summte Sumas Gegensprechanlage auf dem Schreibtisch. Er nahm den Hörer ab und hörte einen Moment lang zu, ohne selbst etwas zu sagen.
Dann legte er auf.
»Meine Sekretärin hat mich informiert, daß der Küchenchef im privaten Speisezimmer serviert hat. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn meine hochgeehrten Gäste mit mir speisen würden.«
27
Marvin Showalter saß in einem Zug der sauberen und effizienten Untergrundbahn Tokios. Er versuchte gar nicht erst, den Eindruck zu erwecken, als läse er eine Zeitung oder ein Buch. Ruhig musterte er seine Mitreisenden, »markierte«, wie es in Geheimdienstkreisen hieß, die beiden japanischen Geheimagenten, die ihn vom folgenden Wagen aus beschatteten.
Kurz nach einem langweiligen Treffen mit einem aufgebrachten Kongreßabgeordneten, der sich über das japanische Verbot, beim Bau eines neuen Gebäudes, das für eine amerikanische Ölgesellschaft hochgezogen wurde, amerikanische Maschinen zu verwenden, ziemlich verärgert gezeigt hatte, hatte Showalter die U.S. Botschaft verlassen. Das Ganze war lediglich ein weiteres Beispiel dafür, daß man protektionistische Hemmnisse errichtete, während die Japaner nach Belieben in die Vereinigten Staaten kommen und mit ihren Architekten, Vorarbeitern, Materialien und ihrer Ausrüstung Gebäude errichten konnten, ohne sich mit größeren Problemen wegen irgendwelcher Restriktionen von seiten der Regierung konfrontiert zu sehen.
Showalter gab vor, auf dem Weg zu seiner kleinen Wohnung zu sein, die seine Frau und seine beiden Kinder für die Dauer seiner Dienstzeit in Japan ihr Zuhause nannten. Das Gebäude gehörte der amerikanischen Regierung, und hier waren die meisten Angestellten der Botschaft mitsamt ihren Familien untergebracht. Der Bau des zehnstöckigen Gebäudes hatte nur ein Drittel dessen gekostet, was für das Grundstück, auf dem es stand, hatte bezahlt werden müssen.
Seine Beschatter kannten seinen Weg genau. Er war immer der gleiche, und auch die Zeiten änderten sich nur, wenn er mal eine oder zwei Stunden länger arbeitete. Innerlich mußte er lächeln, als seine Haltestelle näher kam und die beiden Agenten in Erwartung seines Ausstiegs schon aufstanden.
Zusammen mit den übrigen Fahrgästen ging er auf die Tür zu und wartete darauf, daß sie sich zum Bahnsteig hin öffnete. Es handelte sich um den ältesten Trick der Welt; man hatte ihn schon im Film
The French Connection
sehen können.
Als die Tür aufging, ließ sich Showalter mit der Menge auf den Bahnsteig treiben und fing an zu zählen. Er zögerte und warf den beiden japanischen Agenten einen verstohlenen Blick zu. Sie waren aus der mittleren Tür des folgenden Wagens ausgestiegen und kamen hinter einer Gruppe Fahrgäste langsam auf ihn zu.
Als er bei fünfundzwanzig angekommen war, drehte er sich schnell um und stieg wieder in den Wagen. Zwei Sekunden später schlossen sich die Türen, und der Zug setzte sic h in Bewegung. Zu spät erkannten die japanischen Agenten, daß sie hereingelegt worden waren. Wild zerrten sie an den Türen, um wieder in den Zug hineinzukommen. Doch das war zwecklos.
Sie sprangen auf den Bahnsteig zurück, während der Zug Fahrt aufnahm und in einem Tunnel verschwand.
Showalter war nicht gerade begeistert, daß er diesen Trick hatte anwenden müssen. Beim nächsten Mal würden seine Verfolger auf der Hut sein, und ein Entkommen wäre dann schwieriger. An der nächsten Haltestelle stieg er um und fuhr nach Asakusa, einer malerischen Gegend nordöstlich von Tokio im Stadtteil Shitamachi. Asakusa war Teil der Altstadt Tokios und hatte viel von seiner Vergangenheit bewahrt.
Showalter saß ruhig da und musterte die Leute um sich herum, wie er das viele Male zuvor getan hatte.
Einige seiner Mitreisenden starrten zurück. Sie bezeichneten jeden, der nicht ihre dicken, glatten, schwarzen Haare, ihre dunklen Augen und ihre Hauttönung hatte, als
Gaijin
, was wörtlich übersetzt soviel heißt wie »Außenstehender«. Er dachte darüber nach, daß ein Grund für die Einheit und Gleichheit der Japaner möglicherweise in ihrem ähnlichen Äußeren zu suchen war. Ein anderer Grund war die Isolation ihrer Inselheimat.
In ihrer Gesellschaft konzentrierte man sich vor allem auf die Familie und dann auf die, mit denen man zusammenarbeitete.
Man lebte nach einem komplizierten Muster, das sich aus
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