Die Ajima-Verschwörung
Verpflichtungen, Anspruchslosigkeit, Pflichterfüllung und persönlicher Vervollkommnung zusammensetzte. Die Japaner akzeptierten ihr geordnetes Leben, als seien sämtliche anderen Lebensformen bedauernswerte Verirrungen.
Eine Verschmelzung der Rassen wie in den Vereinigten Staaten war undenkbar und würde in Japan, einem Land mit den striktesten Einwanderungsgesetzen, die es auf der Welt gab, auch nicht toleriert werden. Der Zug hielt in der U-Bahnstation Tawaramachi; Showalter stieg aus und verschwand in der Menge, die zur belebten Kappabashi-Straße hochfuhr. Er hielt ein Taxi an, fuhr an den Restaurant-Einrichtungsläden vorbei, in denen man Plastikimitationen verschiedener Gerichte kaufen konnte. Er wies den Fahrer an, in eine Gegend zu fahren, in der sich jede Menge Handwerksbetriebe, kleine Läden und alte Tempel auf einem mehrere Blocks großen Areal zusammendrängten.
An einer Kreuzung stieg er aus, bezahlte den Fahrer und lief eine schmale, blumengesäumte Straße hinunter, bis er zu einem japanischen Gasthaus, einem
Ryokan
, kam.
Außen heruntergekommen und schlecht in Schuß gehalten, war das
Ryokan
im Innern makellos sauber und hübsch eingerichtet. An der Tür wurde Showalter von einem Ober begrüßt. Der Mann verbeugte sich und sagte: »Willkommen im Ritz.«
»Ich dachte, das hier sei die Asakusa Dude Ranch«, erwiderte Showalter.
Ohne ein weiteres Wort begleitete der muskelbepackte Türsteher, dessen Arme und Beine den Umfang von Bahnschwellen hatten, ihn über den glatten, mit Flußsteinen gepflasterten Boden des Eingangs.
Sie erreichten den polierten Eichenfußboden des Empfangsraums, wo man Showalter höflich bat, die Schuhe auszuziehen und ein Paar Plastikslipper überzustreifen.
Anders als die meisten japanischen Slipper, die für die Füße der Amerikaner zu klein waren, paßten diese, als seien sie extra für Showalter bestellt. Das war tatsächlich der Fall, denn das
Ryokan
gehörte einem amerikanischen Geheimdienst, der sichere Orte für geheime Zusammentreffen bereitstellte.
Von Showalters Zimmer ging eine Schiebetür aus Shoji-Papier auf eine kleine Veranda hinaus, die über einem hübsch angelegten Garten lag, in dem ein Wasserrinnsal aus Bambusröhren beruhigend auf die darunterliegenden Felsen plätscherte. Der Boden war mit der traditionellen Tatami-Strohmatte ausgelegt. Auf den dünnen Matten mußte er seine Slipper ausziehen und auf Socken gehen.
Stühle oder sonstige Einrichtungsgegenstände fehlten. Auf dem Boden lagen lediglich einige Polster und ein Bett, das aus vielen Kissen und dicken Decken bestand, die die Japaner »Futons« nennen. Eine kleine Feuerstelle mit glühenden Holzkohlen stand in der Mitte des Gastzimmers.
Showalter zog sich aus und warf eine leichte Baumwoll-Yukata über, einen kurzen Mantel. Dann führte ihn ein Mädchen in die Gemeinschaftsbaderäume des Gasthauses. Er legte
Yukata
und Armbanduhr in einem Weidenkorb ab, hüllte sich in ein Badetuch und betrat den von Wasserdampf dunstigen Badebereich. Er ging um die niedrigen Stühle und Holzkübel herum und blieb dann unter einer einfachen Brause stehen. Er seifte sich ein und spülte anschließend den Schaum ab.
Erst jetzt war er bereit, sich in das heiße Wasser eines riesigen hölzernen Wasserkübels gleiten zu lassen.
Eine schattenhafte Gestalt saß bereits in dem brusttiefen Wasser. Showalter begrüßte den Mann.
»Team Honda, nehme ich an.«
»Nur die eine Hälfte«, erwiderte Roy Orita. »Jim Hanamura müßte jeden Augenblick eintreffen. Einen Sake?«
»Verstößt zwar gegen die Vorschriften, während eines Einsatzes etwas zu trinken«, meinte Showalter und ließ sich langsam im dampfenden Wasser nieder. »Aber was soll’s. Mir ist fürchterlich kalt. Gießen Sie mir einen doppelten ein.«
Aus einer Flasche, die auf dem Rand des Kübels stand, füllte Orita eine kleine Porzellanschale. »Wie läuft’s denn so in der Botschaft?«
»Der normale Mist, den man vom Außenministerium erwarten kann.« Showalter nahm einen großen Schluck Sake und genoß das Gefühl, als der Schnaps in seinen Magen strömte. »Wie laufen die Nachforschungen? Haben sich aufgrund der Hinweise, die wir vom Team Lincoln bekommen haben, irgendwelche Informationen ergeben?«
»Ich habe die Geschäftsleitung von Murmoto überprüft. Eine direkte Verbindung zwischen den Vorstandsmitgliedern und den Sprengköpfen konnte ich nicht feststellen. Meiner Ansicht nach sind die Herren sauber. Die haben nicht die leiseste
Weitere Kostenlose Bücher