Die Ajima-Verschwörung
als Offizier. Man erwies sich hier und da gefällig, schmierte die richtigen Hände, und so stieg er schnell zum Rang eines Captain auf. Da sie beide für dieselbe kriminelle Vereinigung tätig waren, war es ganz natürlich, daß sie zusammenarbeiteten. Yoshishu koordinierte die Heroinoperationen, während Suma die Plünderungen organisierte und für den Transport durch Schiffe der Kaiserlichen Marine sorgte.«
»Ein Raubzug im Monumentalstil«, bemerkte Giordino mißmutig. »Das volle Ausmaß der Organisation wird niemand je kennen.«
»Waren die Operationen noch lukrativer als die Plünderungen in Europa durch die Nazis?« fragte Pitt und öffnete eine weitere Flasche Sodawasser.
»Erheblich«, erwiderte Mancuso lächelnd. »Die Japaner waren schon damals eher an wirtschaftlichen Gütern interessiert – Gold, Edelsteine, harte Währungen —, wohingegen sich die Nazis auf Meisterwerke der Kunst, Skulpturen und seltene Fundstücke konzentrierten.« Seine Miene wurde plötzlich wieder ernst.
»Yoshishu und Suma, die den japanischen Streitkräften nach China und dann durch das übrige Südostasien folgten, erwiesen sich als geniale Planer. Wie die Helden aus Hellers Buch
›Catch-22‹
machten auch sie einträgliche Geschäfte mit ihren Feinden. Sie verkauften Luxusgüter und Kriegsmaterial an Chiang Kaischek, wurden gut Freund mit dem Generalissimus – eine Beziehung, die später, nachdem die Kommunisten China überrannt hatten und die chinesische Regierung nach Formosa, dem späteren Taiwan, auswich, reiche Früchte trug. Die beiden kauften, verkauften, plünderten, schmuggelten, erpreßten und mordeten in einem unerhörten Ausmaß und ließen jedes Land ausbluten, das ihnen unter den Absatz kam. Natürlich beherrschten Suma und Yoshishu das Spiel ›eins für dich, zwei für mich‹, wenn es um die Inventur und das Teilen der Beute mit den kaiserlichen Streitkräften ging, ganz ausgezeichnet.«
Pitt stand auf, reckte sich und berührte dabei leicht das Dach des Busses. »Wie groß war denn der Anteil der Beute, der tatsächlich Japan erreichte?«
»Nur ein kleiner Prozentsatz wurde dem Kaiserlichen Kriegsschatz zugeschlagen. Die leichter zu transportierenden Schätze, wie Edelsteine und Platin, schmuggelten Suma und Yoshishu an Bord von U-Booten nach Tokio und versteckten sie auf einem Bauernhof auf dem Land. Der eigentliche Schatz jedoch blieb auf der Hauptinsel Luzon zurück. Er wurde in Tunnels verstaut, die Hunderte von Kilometern lang sind und von Tausenden von alliierten Kriegsgefangenen gebaut worden waren, die Sklavenarbeit verrichten mußten und sich entweder zu Tode schufteten oder umgebracht wurden, damit die Verstecke geheim blieben und man die Schätze nach dem Krieg heben konnte. Ich habe einen Tunnel auf Corregidor ausgegraben, der die Gebeine von dreihundert Gefangenen enthielt, die lebendig begraben worden waren.«
»Wieso ist das nie an die Öffentlichkeit gedrungen?« fragte Pitt.
Mancuso zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht. Erst vierzig Jahre später wurde diese Barbarei in einigen Büchern erwähnt.
Inzwischen waren der Todesmarsch auf Bataan und die Armeen amerikanischer, britischer und philippinischer Soldaten, die in den Kriegsgefangenenlagern umgekommen waren, fast in Vergessenheit geraten.«
»Die Deutschen verfolgt die Vernichtung der Juden noch heute«, überlegte Pitt laut, »während die Japaner die von ihnen begangenen Grausamkeiten offenbar gänzlich kalt gelassen hat.«
Giordinos Miene war finster. »Haben die Japaner nach dem Krieg Teile des Schatzes geborgen?«
»Einiges wurde von japanischen Baugesellschaften ausgegraben, die vorgaben, dabei behilflich sein zu wollen, daß sich die Philippinen von den Schrecken des Krieges schnell erholen konnten, und die deshalb verschiedene Industrieprojekte hochgezogen haben. Natürlich arbeiteten sie in den Gegenden, die direkt über den Verstecken lagen. Anderes wiederum wurde von Ferdinand Marcos ausgegraben, der einige hundert Tonnen Gold auf Schiffen aus dem Land schaffte und es auf den Weltmärkten heimlich zu Geld machte. Ein großer Teil wurde zwanzig Jahre nach dem Krieg von Suma und Yoshishu fortgebracht. Möglicherweise sind noch bis zu siebzig Prozent des Schatzes vergraben, und man wird ihn niemals wiederentdecken.«
Pitt sah Mancuso fragend an. »Was passierte nach Kriegsende mit Suma und Yoshishu?«
»Die beiden waren keine Dummköpfe. Bereits im Jahre 1943 ahnten sie, daß der Krieg verloren war, und
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