Die Ajima-Verschwörung
diesem Moment liebend gern seine neue Corvette und seine hervorragende Stereoanlage, die in seiner Junggesellenbude von Redondo Beach stand, hergegeben, wenn er mit einem der Männer im Bus in Virginia den Platz hätte tauschen können.
Kalter Regen durchtränkte seine Kleider und drang bis auf die Haut durch, während er schlammverschmiert und von faulen Blättern bedeckt in einem Graben lag. Die Polizei und die uniformierten Wachmannschaften, die ihn jagten, hatten die Gegend durchkämmt und waren zehn Minuten zuvor weitergezogen. Doch er lag immer noch im Schlamm, versuchte sich auszuruhen und einen Plan zu schmieden. Mühsam rollte er sich über seinen unverletzten Ellenbogen ab, hob den Kopf und sah zur Straße hinüber. Das einzige Lebenszeichen kam von einem Mann in der Garage eines Häuschens, dessen Kopf unter der Haube eines kleinen Lieferwagens steckte.
Hanamura ließ sich in den Graben zurückfallen und wurde zum dritten Mal, seit er bei seiner Flucht aus der Stadt Edo angeschossen worden war, ohnmächtig. Als er wieder zu sich kam, überlegte er, wie lange er wohl ohnmächtig dagelegen haben mochte. Er hob sein rechtes Handgelenk, doch die Uhr war stehengeblieben, war zersprungen, beim Unfall mit dem Wagen. Sehr lange konnte es nicht gedauert haben, denn der Fahrer des Lieferwagens arbeitete immer noch am Motor.
Die drei Kugeln aus den Automatikgewehren der Wachen hatten ihn am linken Arm und an der Schulter getroffen. Es war ein dummer Zufall gewesen, eine jener überaus seltenen, unvorhergesehenen Gelegenheiten, bei denen ein Agent einmal auf dem falschen Fuß erwischt wurde.
Sein Plan war äußerst genau gewesen, und er hatte ihn exakt ausgeführt. Er hatte den Ausweis von einem der Chefingenieure Sumas, einem gewissen Jiro Miyaza gefälscht, der Hanamura im Gesicht und von der Figur her ziemlich ähnelte.
In die Stadt Edo hineinzugelangen und die Sperren vor den Konstruktions- und Entwicklungsbüros zu passieren, war kinderleicht gewesen. Keine der Wachen hegte den leisesten Verdacht einem Mann gegenüber, der nach einigen Stunden in sein Büro zurückkehrte, um noch bis weit nach Mitternacht zu arbeiten. Die Japaner waren es gewohnt, lange zu arbeiten, die allerwenigsten ließen es bei acht Stunden bewenden.
Die Überprüfung war allerdings immer noch strenger gewesen als etwa beim Pentagon in Washington.
Die Wachen nickten Hanamura zu und beobachteten, wie er seinen Ausweis in den Computerschlitz des Identifizierungssystems schob. Das richtige Summen ertönte, das Licht einer Videokamera leuchtete grün auf, und die Wachen winkten ihn durch. Sie waren sicher, daß Hanamura die Berechtigung hatte, diesen Teil des Gebäudes zu betreten. Bei so vielen Menschen, die hier ein- und ausgingen, konnten sie sich nicht daran erinnern, daß der Mann, der Hanamura vorgab zu sein, erst ein paar Minuten zuvor gegangen war.
Hanamura durchsuchte anderthalb Stunden lang drei Büros, bis er fündig wurde. Hinten in der Schublade eines Zeichentischs stieß er auf eine Rolle, die Rohskizzen geheimer Einrichtungen enthielt. Die Zeichnungen hätten längst vernichtet sein müssen. Er konnte nur von der Annahme ausgehen, daß man vergessen hatte, sie in den Reißwolf zu stecken. Er nahm sich Zeit, kopierte die Zeichnungen, steckte sie in einen Umschlag und verstaute die Originale wieder an der gleichen Stelle, an der er sie gefunden hatte. Den Umschlag faltete er zusammen und befestigte ihn mit einem Klebeband an einem seiner Unterschenkel.
Sobald er auf dem Weg nach draußen an den Wachen vorbei war, glaubte Hanamura, ihm könne nichts mehr passieren. Er ging hinaus in das weitläufige Atrium und wartete auf einen Aufzug zum Fußgängertunnel, von dem aus man das Parkdeck erreichte, auf dem er seinen Wagen abgestellt hatte.
In der Kabine drängten sich auf engstem Raum zwanzig Menschen zusammen, und Hanamura hatte das Pech, in der ersten Reihe zu stehen. Als sich die Türen auf seinem Parkdeck öffneten, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen.
Aus dem benachbarten Aufzug stieg eben der Ingenieur, dessen Identität Hanamura sich ausgeborgt hatte. Er, seine Frau und zwei Kinder waren auf dem Weg zum selben Parkdeck, um mit dem Auto noch einmal auszufahren. Miyazas Augen wanderten sofort zu dem Ausweis, der mit einem Klip an Hanamuras Tasche befestigt war.
Einen Augenblick lang starrte er fassungslos darauf, dann riß er die Augen auf und blickte Hanamura ungläubig an.
»Was machen Sie mit meinem Ausweis?«
Weitere Kostenlose Bücher