Die Akademie der Lüste (German Edition)
»Ich denke nicht. Aber es wäre wahrscheinlich keine gute Idee, wenn sie dich hier sehen würde.«
»Das ist mir egal, ich muss sie sehen. Wo ist sie?«
Eileen schwankte. Morgan hatte ihr auf die Frage hin, wo Jaine sich seit knapp drei Tagen aufhielt, geantwortet, dass sie mit Lorna auf einer der winzigen Vorläufer-Inseln war, wo Morgan und sie eine private Hütte besaßen. Aber sollte sie das Michael wirklich sagen? Jaine wäre wütend, wenn sie erfahren würde, dass er und Eileen hinter ihrem Rücken so einen Plan geschmiedet hatten. Dabei war es wirklich nur zu ihrem Besten gewesen – Eileen konnte es nicht mehr mitansehen, wie Jaine Sex in ihrem Leben nur ertrug, weil es ihrer Vorstellung nach dazu gehörte. Sie wollte ihr all die Freuden, die damit verbunden waren, zeigen. Und das war offensichtlich auch gelungen, auch wen es Eileen noch immer überraschte, dass sie es ausgerechnet bei einer Frau gefunden hatte. Dennoch, Jaine strahlte seit den ersten Tagen auf der Insel eine solche Zufriedenheit aus, dass Eileen sich nach wie vor sicher war, dass es der richtige Weg gewesen war. Auch wenn einige Punkte des Plans, wie beispielsweise die extra zurechtgelegten Pornofilme in Michaels Schublade, ein wenig extrem gewesen waren. Aber das Ergebnis war es wert. Würde das nicht wieder zerstört werden, wenn Michael jetzt auftauchte und alles enthüllte? Eileen war sich nicht sicher.
Michael, der bisher stumm neben ihr gesessen hatte, umfasste ihr Handgelenk. »Bitte, sag es mir. Ich will es erklären. Mir war nie ganz wohl bei der Sache, und ich will meine Ehe mit Jaine nicht mit einer Lüge beginnen. Sag mir, wo ich sie finde.«
Eileen wurde immer unwohler beim Anblick der dunklen Wolken. Sie hatte Michael zu Morgan geschickt, da er als Einziger wusste, wo diese Insel sich befand. Seitdem hatte sie Michael nicht mehr gesehen. Entweder war er nach Hause geflogen, oder er hatte es irgendwie geschafft, zu Jaine zu kommen. Dennoch spürte Eileen einen harten Knoten im Magen, seit Michael zur Tür hinausgegangen war. Und das sich rasch verschlechternde Wetter tat sein Übriges.
Eine quäkende Stimme aus einem Lautsprecher, der auf einem großen Pfosten vor ihrer Hütte montiert war, rief die anwesenden Gäste dazu auf, sich in ihre Hütten zu begeben. Ein Taifun ziehe auf, und es wäre noch nicht klar, wie stark er sein würde.
Das dumpfe Gefühl in Eileens Magengrube verstärkte sich. Ein Taifun konnte so heftig wüten, dass er die gesamte Insel lahmlegen würde. Und soweit sie verstanden hatte, war die Hütte auf Morgans und Lornas Ferieninsel kaum gegen solche Naturgewalten geschützt.
Eileen leckte sich über die trockenen Lippen und sah auf das grau gewordene Meer hinaus. Von der Terrasse aus wirkte es noch bedrohlicher, unendlich und gierig, alles zu verschlingen, was sich ihm in den Weg stellen würde.
Sie seufzte. Mit Morgan hatte sie kaum ein Wort seit dem Zusammentreffen im Felsgang gewechselt, bis auf das kurze Gespräch, in dem er ihr erzählt hatte, wo Lorna und Jaine waren. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, und auch er schien ihr aus dem Weg zu gehen.
Aber sie musste wissen, wo genau Jaine war und so schnell wie möglich zu ihr. Was, wenn ihr etwas zustieß? Eileen konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Jaine vielleicht verletzt werden würde, oder Schlimmeres. Und das Letzte, was sie dann zu ihr gesagt hätte, wäre »Geh weg« gewesen. Allein die Vorstellung war unerträglich – Jaine war ihre beste Freundin und einer der wenigen Menschen, denen Eileen vertraute. Alles, was sie gewollt hatte, war, dass Jaine etwas Gutes widerfuhr. Und wenn dieser Versuch mit einem Unglück enden sollte, würde Eileen sich das nie verzeihen.
Entschlossen griff sie nach einer Jacke, die sie über ihre leichte Sommerbluse zog, und lief hinaus.
Maleko war draußen dabei, die letzten Gäste, die sich nicht vom Anblick des tosenden Meeres trennen wollten, zurück in ihre Hütten zu scheuchen. Als er Eileen sah, winkte er aufgeregt und bedeutete ihr mit Gesten, zurück in die Hütte zu gehen, aber sie schüttelte nur energisch den Kopf und lief weiter.
Den Weg kannte sie auswendig, dennoch machte ihr der starke Wind das Gehen schwer. Mühsam kämpfte sie sich vorwärts, das Gesicht nass vom einsetzenden Regen. Binnen Sekunden durchnässte er ihre sämtliche Kleidung und machte sie nahezu blind. So blind, dass sie fast den vor ihr niederstürzenden Ast zu spät gesehen hätte. Das massive Holz schlug mit
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