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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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vor im Anschlag.
    So ging das zwei-, dreimal hin und her, bis Wilhelm Adamek den Lauf seiner Schrotflinte endlich nach unten sinken ließ. Rath nahm die Hände wieder runter.
    »Möchten Sie einen Tee?«, fragte Adamek. Rath nickte, und der Alte verschwand in der Stube.
    »Was haben Sie ihm gesagt?«, fragte Rath den Kriminalassistenten, als Adamek außer Hörweite war und mit einem Teekessel herumklapperte.
    »Dass es uns nicht interessiert, dass er im Markowsker Wald und was weiß ich, wo sonst noch, wildert. Dass wir ihn deswegen nicht belangen. Und auch nicht wegen dieses kleinen Zwischenfalls.« Kowalski zeigte auf das blutverkrustete Hemd. »Legen Sie das besser wieder zurück zu den anderen schmutzigen Sachen, sonst glaubt er am Ende doch noch, wir sammeln Beweise gegen ihn.«
    »Der alte Adamek ist ein Wilderer?«
    »Das weiß hier jedes Kind, aber keiner kommt auf die Idee, ihn deswegen anzeigen zu wollen. Haben ja alle etwas davon. Beliefert die ganze Gastronomie in Treuburg. Außerdem ist der alte Adamek ein Kriegsheld. Hat gegen die Russen gekämpft. Das vergisst man hier nicht.«
    »Verdammt«, sagte Rath, »ich bin seit zwei Tagen in dieser Stadt, aber bei welchen Dingen man hierzulande alles die Augen zudrücken soll, mein lieber Mann, das übertrifft ja selbst Berliner Verhältnisse! Bei Weitem!«
    »Sehen Sie es als vertrauensbildende Maßnahme.«
    »Lernt man das heute in der Polizeischule?«
    »Herr Kommissar, machen Sie bitte keine Schwierigkeiten, sonst kriegen wir aus Adamek nichts mehr raus. Vergessen Sie nicht, warum wir hier sind, wir jagen den Kaubuk. Und außerdem …« Kowalski zeigte auf seinen Hinterkopf. »… glaube ich, habe ich von uns beiden das größere Opfer gebracht für diesen Waffenstillstand.«
    »Zeigen Sie mal her.« Rath schaute sich die Stelle an, eine Platzwunde, die nur noch leicht blutete. »Uhh! Ich fürchte, das gibt eine dicke Beule. Das sollten Sie kühlen.«
    Wilhelm Adamek hatte ein feuchtes Tuch für Kowalski bereitet, das er zusammen mit dem Tee reichte. Sie saßen in der Stube am Tisch. Adamek hatte den Schemel aus dem Schlafzimmer geholt, damit sie alle drei sitzen konnten. Über das blutige Hemd verlor er kein Wort, auch nicht über Kowalskis Beule oder was sonst in der letzten Viertelstunde passiert war.
    Er verlor eigentlich überhaupt kein Wort mehr seit seinem masurisch-polnischen Wortwechsel mit Kowalski, selbst den Tee hatte er ihnen wortlos hingestellt.
    »Entschuldigen Sie noch einmal, dass wir einfach so in Ihre Wohnung eingedrungen sind, Herr Adamek«, begann Rath. Der Satz kostete ihn einige Überwindung, aber Kowalski hatte recht: Sie mussten Vertrauen schaffen, wollten sie aus Adamek etwas herausbekommen. »Aber wir haben das in keinster Weise in böser Absicht getan. Wir sind hier, weil wir mit Ihnen über Artur Radlewski reden wollen.«
    »Den Kaubuk …«, schob Kowalski nach.
    Adamek nickte. Und trank einen Schluck Tee. Er sagte nichts, er wartete auf Fragen.
    Ein Rheinländer, dachte Rath, hätte sich mit dieser Gesprächseröffnung zufriedengegeben und hätte zu reden begonnen wie ein Wasserfall, hätte gesprudelt wie eine Quelle und alles erzählt, was ihm zu diesem Thema eingefallen wäre, und noch vieles mehr.
    Masuren aber ähnelten da offensichtlich eher den Westfalen, vielleicht fühlten sie sich auch deshalb so wohl in Dortmund, Bochum oder Gelsenkirchen. Rath versuchte also, sich vorzustellen, es mit einem Westfalen zu tun zu haben. Mit einem Ostwestfalen.
    »Sie können uns etwas über den Kaubuk erzählen?«, fragte er, und Adamek nickte. Sagte aber immer noch nichts.
    »Sie haben ihn schon einmal gesehen?«
    Erneutes Nicken.
    »Und wo?«
    »Im Wald.«
    Rath ahnte bereits, das dieses Gespräch seine Geduld über Gebühr strapazieren würde.
    »Können Sie uns die Stelle genauer benennen?«
    Wieder nickte Adamek, und Rath wollte schon nachhaken, da sagte der Alte doch noch etwas mehr.
    »War draußen an der Grenze. Ist kein Jahr her.«
    »Wann genau?«
    Adamek überlegte. »Vor Weihnachten, glaube ich. Jedenfalls lag schon Schnee.«
    »Können Sie den Mann beschreiben?«
    Adamek nickte. »War mit Pfeil und Bogen unterwegs, wie immer. Braun gebrannt, lange Haare und mit Fellen und Ledersachen bekleidet.«
    »Wie ein Indianer«, sagte Rath, mehr zu sich selbst als zu Adamek.
    »Wie der Kaubuk eben.«
    »Und Sie sind sicher, dass das Artur Radlewski war?«
    »Hab ihn nicht zum ersten Mal gesehen, den Kaubuk.«
    »Sie sind ihm schon

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