Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
die geliehenen Wanderschuhe zu tragen. Auf einmal ging es bergab, und hinter den Baumstämmen glitzerte es hell.
    »Was ist das?«, fragte er.
    Adamek drehte sich um. »Der kleine See da? Der hat keinen Namen. Aber dahinter beginnt das Reich des Kaubuk.«
    Der kleine See. Rath musste an Radlewskis Zeilen denken.
    »Ist das der See, an dem Anna von Mathée gefunden wurde?«
    Adamek guckte verwundert, dann nickte er.
    Es ging noch ein wenig bergab, dann hatten sie das Seeufer erreicht. Vom Wald her fiel die Uferböschung relativ steil ab, doch das Wasser am Ufer war so seicht, dass man den sandigen Grund in der Sonne flimmern sehen konnte.
    Das war das Wasser, in dem Anna von Mathée sterben musste, dachte Rath. Hier wurde sie gefunden. Hätte er nur sehen können, was Artur Radlewski hier vor zwölf Jahren gesehen hatte: wer Anna von Mathée wirklich getötet hatte.
    »Wir müssen weiter, Herr Kommissar!«
    Kowalski hatte das gesagt. Der Kriminalassistent war Adamek, der weiter am Seeufer entlanggegangen war, schon gefolgt.
    »Kleinen Moment noch«, sagte Rath, »ich muss mir nur eben etwas anschauen.«
    Er hatte einen Baumstamm bemerkt oder vielmehr einen dicken Ast, der beinahe waagerecht auf den See hinausragte und von der Sonne beschienen wurde. Etwas war in die Rinde geritzt. Rath zog seine Schuhe aus, krempelte die Hosenbeine hoch und watete die wenigen Meter hinüber. Das Wasser reichte gerade mal bis zu den Knöcheln. Und war dennoch ziemlich kalt.
    In der Rinde war ein Herz zu sehen, wulstig und vernarbt, als habe jemand es vor hundert Jahren hier eingeritzt. Oder vor zwölf. Ein ganz banales Herz mit Initialen. Rath versuchte, sie zu entziffern. A.   M. und J.   P. konnte er lesen, die Buchstaben waren kunstvoll ineinander verschlungen. Rath notierte es in sein Notizbuch, versuchte sogar, die Verschlingungen nachzuzeichnen. Sie hatte auf das von in ihrem Namen verzichtet.
    J.   P.   Rath klappte das Notizbuch zu. Jakub Polakowski und Anna von Mathée waren ein Liebespaar gewesen. Ob Maria Cofalka das auch wusste? Er hätte viele Fragen an die Bibliothekarin, wenn sie heute Abend aus dem Wald zurückkehrten.
    »Herr Kommissar, was machen Sie denn da? Wir müssen weiter!«
    »Schon gut, ich komme ja.«
    Er watete zum Ufer zurück, zog Schuhe und Strümpfe wieder an und schloss zu den anderen auf.
    »Was haben Sie denn da gemacht?«
    »Ich dachte, ich hätte da etwas gesehen. Schon gut.«
    Kowalski zog eine Augenbraue hoch, der Kriminalassistent schien ihm nicht zu glauben.
    Doch für weitere Diskussionen blieb keine Zeit, Adamek hatte sich schon wieder auf den Weg gemacht. Es ging am anderen Ende des kleinen Sees zurück in den Wald, zum Teil durch dichtes Unterholz, zunächst über Sandboden, dann wurde der Boden steiniger und war mit Moos bewachsen. Sie mochten eine gute Stunde unterwegs gewesen sein, da gelangten sie am Ende eines Kiefernwaldes auf eine kleine Lichtung.
    »Einer muss hier bleiben«, bestimmte Adamek. »Aufpassen auf Uniformen. Manchmal sind hier polnische Grenzer unterwegs.«
    »Wie bitte«, entfuhr es Rath, »wir sind hier schon in Polen?«
    Adamek nickte und deutete hinter sich auf den Kiefernwald. »Der Wald ist noch Preußen.«
    »Ist Ihnen klar, dass hinter dieser Grenze die Befugnisse der preußischen Polizei enden?«
    Adamek zuckte die Achseln. »Nicht mein Problem. Sie wollten zur Hütte des Kaubuk, dahinten liegt sie. Ob in Polen oder Preußen, das ist dem Kaubuk egal. Und mir ist es auch egal.«
    »Wo liegt sie denn nun? In Polen oder in Preußen?«
    Adamek zuckte die Achseln. »Sie liegt in Preußen, wenn ich mich nicht irre, aber ziemlich nah an der Grenze. So genau kontrolliert das keiner mitten im Moor.«
    »Und warum bleiben wir dann nicht in Preußen?«
    »Sie wollen möglichst nah ran an die Hütte? Dann müssen wir ein Stück durch polnischen Wald laufen. Sonst ist der Weg durchs Moor noch länger. Und noch gefährlicher.«
    »Na gut«, sagte Rath. »Kowalski, dann schieben Sie mal Wache. Aber sehen Sie zu, dass Sie auf preußischem Gebiet bleiben, wir wollen hier keine internationalen Verwicklungen. Und wenn Sie einen polnischen Grenzbeamten sehen, feuern Sie einen Schuss ab.«
    »Wie?« Der Kriminalassistent erbleichte.
    »Nicht auf den Grenzer natürlich. In die Luft! Um uns zu warnen.«
    »Schießen an der Grenze ist keine gute Idee«, sagte Adamek. »Besser rufen. Wie ein Kauz.«
    Er machte es vor.
    »Können Sie das, Kowalski?«, fragte Rath.
    Der

Weitere Kostenlose Bücher