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Die Akte

Titel: Die Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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noch?«
    »Nur die übliche endlose Telefoniererei. Gestern habe ich drei Stunden damit verbracht, bei den Gerichten herumzulungern und nach Garcia Ausschau zu halten.«
    »Vor Gericht werden Sie ihn nicht finden. Zu der Sorte Anwälten gehört er nicht. Er ist in einer Wirtschaftsfirma.«
    »Das hört sich an, als hätten Sie eine bessere Idee.«
    »Ich habe mehrere Ideen.«
    »Also gut. Dann bleibe ich einfach hier sitzen und warte auf Sie.«
    »Ich rufe an, sobald ich angekommen bin.«
    »Rufen Sie mich nicht zu Hause an.«
    Sie schwieg eine Sekunde. »Darf ich fragen, warum nicht?«
    »Es ist durchaus möglich, dass jemand mithört und mich vielleicht sogar beschattet. Einer meiner besten Informanten meint, ich hätte genügend Staub aufgewirbelt, dass sie mich nicht mehr aus den Augen lassen werden.«
    »Wundervoll. Und da wollen Sie, dass ich komme und mit Ihnen gemeinsame Sache mache?«
    »Uns kann nichts passieren, Darby. Wir müssen nur vorsichtig sein.«
    Sie umklammerte den Hörer und biss die Zähne zusammen. »Wie können Sie es wagen, mir gegenüber von Vorsicht zu reden! Ich versuche jetzt seit zehn Tagen, Bomben und Schüssen auszuweichen, und Sie sind so von sich eingenommen, dass Sie mir sagen, ich sollte vorsichtig sein. Sie können mir den Buckel runterrutschen, Grantham! Vielleicht sollte ich mich von Ihnen fernhalten.«
    Es gab eine Pause, während sie sich in dem kleinen Café umschaute. Zwei Männer an einem Tisch in der Nähe sahen zu ihr herüber. Sie war viel zu laut. Sie wendete sich ab und holte tief Luft.
    Grantham sprach langsam. »Tut mir leid. Ich...«
    »Vergessen Sie’s. Vergessen Sie’s einfach.«
    Er wartete einen Moment. »Sind Sie okay?«
    »Mir geht es großartig. Habe mich nie besser gefühlt.«
    »Kommen Sie nach Washington?«
    »Ich weiß es nicht. Hier bin ich sicher, und noch sicherer bin ich, wenn ich in ein Flugzeug steige und das Land verlasse.«
    »Gewiss, aber ich dachte, Sie hätten diese wunderbare Idee, wie wir Garcia finden und dann vielleicht Mattiece festnageln können. Ich dachte, Sie wären empört und moralisch entrüstet und dürsteten nach Rache. Was ist mit Ihnen los?«
    »Nun, zum einen habe ich dieses brennende Verlangen, meinen fünfundzwanzigsten Geburtstag zu erleben. Ich bin nicht selbstsüchtig, aber vielleicht möchte ich auch den dreißigsten noch erleben. Das wäre schön.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen. Ich glaube, Sie sind mehr an Pulitzerpreisen und Ruhm interessiert als an meinem hübschen kleinen Hals.«
    »Ich versichere Ihnen, dass das nicht stimmt. Vertrauen Sie mir, Darby. Sie werden sicher sein. Sie haben mir die Geschichte Ihres Lebens erzählt. Sie müssen mir vertrauen.«
    »Ich werde darüber nachdenken.«
    »Das ist nicht definitiv.«
    »Nein, das ist es nicht. Lassen Sie mir ein bisschen Zeit.«
    »Okay.«
    Sie legte auf und bestellte ein Hörnchen. Ein Dutzend Sprachen ertönten um sie herum; das Café war plötzlich überfüllt. Lauf, Baby, lauf, sagte ihr der gesunde Menschenverstand. Nimm ein Taxi zum Flughafen. Bezahle bar für ein Ticket nach Miami. Steig in die nächste Maschine, die nach Süden fliegt. Lass Grantham wühlen und wünsch ihm alles Gute. Er war sehr gut, und er würde eines Tages eine Möglichkeit finden, die Story zu bringen. Und sie würde sie lesen, während sie an einem sonnenüberfluteten Strand lang, eine Pina colada trank und den Windsurfern zuschaute. Stummel hinkte auf dem Gehsteig vorbei. Sie erhaschte einen Blick auf ihn, durch das Gedränge der Gäste und durch das Fenster hindurch. Ihr Mund war plötzlich trocken, und ihr war schwindlig. Er schaute nicht herein. Er trottete nur vorbei, es sah aus, als hätte er sich verlaufen. Sie lief zwischen den Tischen hindurch und beobachtete ihn von der Tür aus. Leicht hinkend erreichte er die Ecke von Sixth Avenue und Achtundfünfzigster Straße und wartete dort auf Grün. Er begann, die Sixth zu überqueren, dann überlegte er es sich anders und überquerte die Achtundfünfzigste. Ein Taxi hätte ihn beinahe umgenietet. Er ging nirgendwo hin, sondern wanderte nur leicht hinkend in der Gegend herum.
    Croft sah den jungen Mann, als er aus dem Fahrstuhl trat. Er kam in Begleitung eines anderen jungen Anwalts, und da sie ihre Aktenkoffer nicht bei sich hatten, war offensichtlich, dass sie zu einem späten Lunch unterwegs waren. Nach fünftägigem Beobachten von Anwälten hatte Croft ihre Gewohnheiten kennengelernt.
    Das

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