Die Akte
funktionieren.«
»Weshalb sind Sie so aufgekratzt?«
»Ich rieche es. Irgend etwas ist in diesem Schließfach, Darby. Und Sie müssen es herausholen. Jetzt hängt alles von Ihnen ab.«
»Danke, dass Sie den Druck mildern.«
Sie waren auf der E Street in der Nähe der Neunten. Gray verlangsamte die Fahrt, dann parkte er in einer Ladezone, zwölf Meter vom Haupteingang der First Columbia entfernt. Er sprang heraus. Darby verließ den Wagen wesentlich langsamer. Zusammen gingen sie schnell auf die Tür zu. Es war fast zehn Uhr. »Ich warte hier«, sagte er und deutete auf eine Marmorsäule. »Und nun auf in den Kampf.«
»Auf in den Kampf«, murmelte sie und verschwand durch die Drehtür. Immer war sie es, die den Löwen zum Fraß vorgeworfen wurde. Das Foyer war so groß wie ein Fußballplatz, mit Säulen und Kronleuchtern und imitierten Perserteppichen.
»Schließfächer?« fragte sie eine junge Frau am Informationsschalter. Die Frau deutete in eine Ecke rechts hinten.
»Danke«, sagte sie und strebte in die angegebene Richtung. Links von ihr standen Leute in Viererreihen vor den Schaltern, und rechts von ihr sprachen hundert schwerbeschäftigte Vizepräsidenten in ihre Telefonapparate. Es war die größte Bank in der Stadt, und niemand nahm von ihr Notiz.
Der Tresorraum lag hinter zwei massiven Bronzetüren, die so poliert waren, dass sie beinahe golden aussahen, zweifellos, um den Eindruck absoluter Sicherheit und Uneinnehmbarkeit zu erwecken. Die Türen wurden spaltbreit geöffnet, um einigen Auserwählten Zutritt und Ausgang zu gewähren. Links saß eine wichtig aussehende, ungefähr sechzigjährige Dame hinter einem Schreibtisch, auf dem SCHLIESSFÄCHER zu lesen war. Ihr Name war Virginia Baskin.
Virginia Baskin musterte Darby, als diese sich ihrem Schreibtisch näherte. Es gab kein Lächeln.
»Ich brauche Zugang zu einem Schließfach«, sagte Darby, ohne zu atmen. Sie hatte in den letzten zweieinhalb Minuten nicht geatmet.
»Die Nummer bitte«, sagte Ms. Baskin. Sie tippte etwas ein und richtete den Blick auf den Monitor.
»F 566.«
Sie gab die Nummer ein und wartete darauf, dass die Worte auf dem Bildschirm erschienen. Sie runzelte die Stirn und brachte das Gesicht dicht an den Monitor heran. Hau ab! dachte Darby. Sie runzelte die Stirn noch stärker und kratzte sich am Kinn. Hau ab, bevor sie zum Hörer greift und den Sicherheitsdienst ruft. Verschwinde, bevor Alarm gegeben wird und mein idiotischer Begleiter durch das Foyer stürmt.
Ms. Baskin zog ihren Kopf vom Monitor zurück. »Das wurde erst vor zwei Wochen gemietet«, sagte sie fast zu sich selbst.
»Richtig«, sagte Darby, als hätte sie es gemietet.
»Ich nehme an, Sie sind Mrs. Morgan«, sagte sie, auf der Tastatur tippend.
Machen Sie weiter mit Ihren Annahmen, Lady. »Ja, Beverly Anne Morgan.«
»Und Ihre Adresse?«
»891 Pembroke, Alexandria.«
Sie nickte zum Bildschirm, als könnte er sie sehen und seine Zustimmung geben. »Telefonnummer?«
»703-664-5980.«
Das gefiel Ms. Baskin. Und dem Computer gefiel es auch.
»Wer hat dieses Fach gemietet?«
»Mein Mann, Curtis D. Morgan.«
»Und seine Sozialversicherungsnummer?«
Darby öffnete ganz ruhig ihre neue, ziemlich große lederne Schultertasche und holte ihre Brieftasche heraus. Wie viele Frauen kannten schon die Sozialversicherungsnummer ihrer Männer auswendig? Sie öffnete die Brieftasche. »510-96-8686.«
»In Ordnung«, sagte Ms. Baskin, wendete sich von der Tastatur ab und griff in ihren Schreibtisch. »Wie lange wird es dauern?«
»Nur eine Minute.«
Sie legte eine breite Karte auf einem kleinen Clipboard auf den Schreibtisch und deutete darauf. »Bitte unterschr eiben Sie hier, Mrs. Morgan.«
Darby unterschrieb nervös in der zweiten Zeile. Die erste Eintragung hatte Mr. Morgan gemacht, als er das Fach mietete. Ms. Baskin betrachtete die Unterschrift, während Darby den Atem anhielt.
»Haben Sie Ihren Schlüssel?« fragte sie.
»Natürlich«, sagte Darby mit einem freundlichen Lächeln. Ms. Baskin holte einen kleinen Kasten aus der Schublade und kam um den Schreibtisch herum. »Kommen Sie mit.« Sie gingen durch die Bronzetüren. Der Tresorraum war so groß wie eine Bankfiliale in einer Vorstadt, gebaut wie ein Mausoleum, ein Labyrinth aus Gängen und kleinen Kammern. Zwei uniformierte Männer gingen an ihnen vorbei. Sie passierten vier identische Räume mit Reihen von Schließfächern an den Wänden. F 566 befand sich offensichtlich im fünften Raum, weil
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