Die Akte
Ms. Baskin in ihn hineinging und ihren kleinen schwarzen Kasten öffnete. Darby schaute sich nervös um.
Virginia war ganz geschäftsmäßig. Sie ging zu F 566, das sich in Schulterhöhe befand, und steckte ihren Schlüssel ein. Sie warf Darby einen Blick zu, als wollte sie sagen: »Sie sind dran, Dummchen.« Darby zog den Schlüssel aus ihrer Tasche und steckte ihn neben dem anderen ein. Dann drehte Virginia beide Schlüssel und zog das Fach fünf Zentimeter weit aus seiner Halterung heraus.
Sie deutete auf eine kleine Kabine mit einer hölzernen Falttür. »Gehen Sie damit dort hinein. Wenn Sie fertig sind, schließen Sie das Fach wieder zu und kommen an meinen Schreibtisch.« Noch während sie sprach, wendete sie sich zum Gehen.
»Danke«, sagte Darby. Sie wartete, bis Virginia außer Sichtweite war, dann zog sie das Fach aus der Wand. Es war nicht schwer. Die Vorderseite war fünfzehn mal dreißig Zentimeter groß, und es war fünfundvierzig Zentimeter lang. Oben war es offen, und es lagen zwei Dinge darin: ein dünner brauner Umschlag und eine unbezeichnete Videokassette.
Sie brauchte die Kabine nicht. Sie stopfte den Umschlag und die Kassette in ihre Schultertasche und schob das Fach wieder an seinen Platz. Sie verließ den Tresorraum.
Virginia hatte gerade die Ecke ihres Schreibtisches umrundet, als Darby hinter ihr herkam. »Ich bin fertig«, sagte sie.
»Das ging aber schnell.«
Verdammt richtig. Alles geht schnell, wenn man vor Nervosität nahezu durchdreht. »Ich habe gefunden, was ich suchte«, sagte sie.
»Wunderbar.« Ms. Baskin war plötzlich eine freundliche Person. »Haben Sie vorige Woche diese grauenvolle Geschichte über diesen Anwalt in der Zeitung gelesen? Sie wissen schon, den, der nicht weit von hier auf der Straße ermordet wurde. Hieß er nicht Curtis Morgan? Mir ist so, als hätte er Curtis Morgan geheißen. Grauenvoll.«
Oh, du blöde Person. »Nein, die habe ich nicht gelesen«, sagte Darby. »Ich war im Ausland. Danke.«
Jetzt waren ihre Schritte durch das Foyer ein wenig schneller. In der Bank herrschte reger Betrieb, und es waren keine Wachmänner in Sicht. Ein Kinderspiel.
Der Revolvermann bewachte die Marmorsäule. Die Drehtür wirbelte sie auf den Gehsteig, und sie war schon fast beim Wagen, als er sie einholte. »Steigen Sie ein!« befahl sie.
»Was haben Sie ge funden?« wollte er wissen.
»Lassen Sie uns erst verschwinden.« Sie riss die Tür auf und sprang hinein. Er startete den Motor, und sie fuhren los.
»Nun reden Sie schon«, sagte er.
»Ich habe das Fach ausgeräumt«, sagte sie. »Ist jemand hinter uns her?«
Er schaute in den Rückspiegel. »Woher zum Teufel soll ich das wissen? Was war drin?«
Sie machte ihre Handtasche auf und zog den Umschlag heraus. Sie öffnete ihn. Gray stieg auf die Bremse, weil er fast auf den vor ihnen fahrenden Wagen aufgeprallt wäre. »Passen Sie gefälligst auf!«
»Okay, okay. Was ist in dem Umschlag?«
»Ich weiß es nicht! Ich habe es noch nicht gelesen, und wenn Sie mich umbringen, werde ich es niemals lesen können.«
Der Wagen fuhr wieder. Gray holte tief Luft. »Wir sollten aufhören, uns gegenseitig anzuschreien. Wir sollten ganz cool bleiben.«
»Ja. Sie fahren, und ich bleibe cool.«
»Okay. So, sind wir cool?«
»Ja. Entspannen Sie sich. Und passen Sie auf, wo Sie hinfahren. Wohin fahren wir eigentlich?«
»Ich weiß es nicht. Was ist in dem Umschlag?«
Sie zog eine Art Dokument heraus. Sie warf einen Blick auf ihn, und er starrte auf das Dokument. »Passen Sie auf, wo Sie hinfahren.«
»Lesen Sie endlich das verdammte Ding.«
»Bei Ihrer Fahrerei ist mir schlecht geworden. Dabei kann ich nicht lesen.«
»Verdammt! Verdammt! Verdammt!«
»Sie schreien schon wieder.«
Er riss das Lenkrad nach rechts herum und steuerte den Wagen in ein Halteverbot auf der E Street. Hupen ertönten, als er auf die Bremse stieg. Er funkelte sie an.
»Danke«, sagte sie und fing an, laut zu lesen.
Es war eine vierseitige eidliche Versicherung, säuberlich getippt und vor einem Notar beschworen. Sie war auf Freitag datiert, dem Tag vor Garcias letztem Anruf bei Grantham. Unter Eid erklärte Curtis Morgan, dass er in der Öl- und Gasabteilung von White and Blazevich arbeitete, und zwar seit seinem Eintritt in die Firma fünf Jahre zuvor. Seine Mandanten waren ölsuchende Privatfirmen in vielen Ländern, aber in erster Linie Amerikaner. Seit er in die Firma eingetreten war, hatte er für einen Mandanten gearbeitet, der in
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