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Die Akte

Titel: Die Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Liebenden waren vor ihm; sie küssten sich und flüsterten und kicherten, blind für die Welt.
    Er war angemessen gekleidet. Enge Jeans, schwarzes Seidenhemd, Ohrring, horngefasster Augenschirm und das ordentlich geschnittene Kopf- und Barthaar des typischen Homosexuellen. Khamel der Schwule.
    Er wartete ein paar Minuten, dann rückte er ein Stück nach rechts und setzte sich an den Gang. Niemand nahm es zur Kenntnis. Wen kümmerte es schon, wo er saß?
    Zwanzig nach zwölf hatten die beiden alten Männer genug. Sie standen auf und schlichen Arm in Arm auf Zehenspitzen hinaus, immer noch flüsternd und kichernd. Jensen beachtete sie nicht. Er war völlig hingerissen von dem Film, einer tollen Orgie auf einer Jacht mitten in einem Hurrikan. Khamel bewegte sich wie eine Katze über den schmalen Gang zu einem Platz drei Reihen hinter dem Richter. Er nippte an seinem Bier. Sie waren allein. Er wartete eine Minute und rutschte dann schnell noch eine Reihe tiefer. Jensen war zweieinhalb Meter entfernt.
    Mit dem Sturm wurde auch die Orgie heftiger. Das Tosen des Windes und die Schreie der Beteiligten erfüllten das kleine Kino. Khamel stellte Bier und Popcorn auf den Boden und zog ein knapp meterlanges Stück gelbes Nylonseil aus dem Hosenbund. Er wickelte die Enden rasch um beide Hände und stieg über die Stuhlreihe vor sich. Sein Opfer atmete schwer. Die Popcornschachtel zitterte.
    Der Angriff erfolgte schnell und brutal. Khamel schlang das Seil dicht unter den Kehlkopf und zerrte heftig. Er riss das Seil abwärts und mit ihm den Kopf über die Rücklehne des Sitzes. Das Genick brach. Er legte die Seilenden zusammen und verknotete sie im Genick. Dann schob er eine fünfzehn Zentimeter lange Stahlstange durch den Knoten und drehte die Schlinge, bis das Fleisch aufplatzte und zu bluten begann. In zehn Sekunden war es vorüber.
    Auf der Leinwand war auch der Hurrikan vorüber, und zur Feier des Ereignisses begann eine neue Orgie. Jensen sackte auf seinem Sitz zusammen. Sein Popcorn war um seine Schuhe herum verstreut. Es war nicht Khamels Art, seine Arbeit zu bewundern. Er verließ den Balkon, ging gelassen zwischen den Regalen mit Zeitschriften und Geräten im Foyer hindurch und verschwand dann hinaus auf den Gehsteig.
    Er fuhr mit dem unauffälligen weißen Ford mit Connecticut-Kennzeichen nach Dulles, zog sich in einem Waschraum um und wartete auf seine Maschine nach Paris.
4
    D ie First Lady war an der Westküste und nahm an einer Reihe von Frühstücken zu fünftausend Dollar pro Gedeck teil, bei denen die Reichen und die Snobs mit Vergnügen ihr Geld für kalte Eier und billigen Sekt ausgaben und für die Chance, mit der Queen, wie sie genannt wurde, gesehen und vielleicht sogar fotografiert zu werden. Deshalb schlief der Präsident allein, als das Telefon läutete. Zu Beginn seiner Amtszeit hatte er daran gedacht, sich in der großen Tradition der amerikanischen Präsidenten eine Geliebte zuzulegen. Aber jetzt kam es ihm so unrepublikanisch vor. Außerdem war er alt und müde. Er schlief auch dann oft allein, wenn die Queen im Weißen Haus war.
    Er hatte einen festen Schlaf. Es läutete zwölfmal, bevor er es hörte. Er griff nach dem Hörer und sah auf die Uhr. Halb fünf. Er hörte sich an, was die Stimme zu sagen hatte, sprang aus dem Bett, und acht Minuten später war er im Oval Office. Keine Dusche, keine Krawatte. Er starrte seinen Stabschef Fletcher Coal an und setzte sich an seinen Schreibtisch.
    Coal lächelte. Seine einwandfreien Zähne und sein kahler Kopf glänzten. Erst siebenunddreißig Jahre alt, war er der Wunderknabe, der vier Jahre zuvor einen scheiternden Wahlkampf gerettet und seinen Boss ins Weiße Haus gebracht hatte. Er war ein gerissener Manipulator und ein skrupelloser Opportunist, der sich mit Zähnen und Klauen seinen Weg in den innersten Kreis gebahnt hatte, bis er jetzt zum zweiten Mann im Staat geworden war. Viele hielten ihn für den wahren Boss. Schon die bloße Erwähnung seines Namens versetzte die niederen Ränge in Angst und Schrecken.
    »Was ist passiert?« fragte der Präsident langsam.
    Coal wanderte vor dem Schreibtisch des Präsidenten hin und her. »Viel weiß ich auch noch nicht. Sie sind beide tot. Zwei FBI-Agenten haben Rosenberg gegen ein Uhr gefunden. Er lag tot in seinem Bett. Sein Pfleger und ein Polizist des Obersten Bundesgericht wurden gleichfalls ermordet. Alle drei mit Kopfschüssen. Sehr saubere Arbeit. Während das FBI und die hiesige Polizei den Tatort

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