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Die Akte

Titel: Die Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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aufs Weiße Haus.
    Darby hatte kein Verlangen, dem Mann zu begegnen. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit dem Entkommen. Sie konnte auf den Mann mit der schwarzen Mütze deuten, aber der war schon seit einer halben Stunde nicht mehr da. Und was konnte das FBI schon tun? Zuerst mussten sie ihn fangen, und was dann? Ihm vorwerfen, dass er herumgelungert und einen Hinterhalt geplant hatte? Ihn foltern und zwingen, alles zu gestehen? Wahrscheinlich würden sie ihr kein Wort glauben. Sie wollte mit dem FBI nichts zu tun haben. Sie wollte seinen Schutz nicht. Sie war im Begr iff, eine Reise zu machen, und niemand würde wissen, wohin. Gray vielleicht ausgenommen.
    Aber vielleicht auch nicht.
    Er wählte die Nummer des Weißen Hauses, und sie griffen nach den Nebenapparaten. Keen schaltete das Bandgerät ein. »Fletcher Coal, bitte. Ich bin Gray Grantham von der Washington Post, und es ist sehr dringend.«
    Er wartete. »Weshalb Coal?« fragte Keen.
    »Alles muss über ihn laufen«, sagte Gray mit der Hand auf der Sprechmuschel.
    »Sagt wer?«
    »Sagt ein Informant.«
    Die Sekretärin meldete sich mit der Nachricht, Mr. Coal wäre unterwegs. Bitte warten Sie. Gray lächelte. Das Adrenalin durchflutete seinen Körper.
    Endlich: »Fletcher Coal.«
    »Ja, Mr. Coal. Gray Grantham von der Post. Ich nehme dieses Gespräch auf. Haben Sie verstanden?«
    »Ja.«
    »Stimmt es, dass Sie sämtlichen Personen im Weißen Haus mit Ausnahme des Präsidenten eine Direktive haben zukommen lassen, derzufolge alle Mitteilungen an die Presse zuvor von Ihnen gutgeheißen werden müssen?«
    »Völliger Unsinn. Um diese Dinge kümmert sich der Pressesprecher.«
    »Ich verstehe. Wir bringen morgen früh eine Story, die, kurz gesagt, die in dem Pelikan-Dossier aufgezeigten Fakten bestätigt. Sie kennen das Pelikan-Dossier?«
    Langsam: »Ich kenne die Akte.«
    »Wir wissen, dass Mr. Victor Mattiece den Wahlkampf des Präsidenten vor drei Jahren mit mehr als vier Millionen Dollar unterstützt hat.«
    »Vier Millionen und zweihunderttausend, alles auf legalen Wegen.«
    »Wir glauben außerdem, dass das Weiße Haus interveniert und versucht hat, die Nachforschungen des FBI in bezug auf Mr. Mattiece zu behindern, und wir hätten dazu gern Ihren Kommentar.«
    »Ist das etwas, was Sie glauben, oder etwas, was Sie zu drucken vorhaben?«
    »Wir versuchen, dafür eine Bestätigung zu bekommen.«
    »Und wer, glauben Sie, wird Ihnen das bestätigen?«
    »Wir haben unsere Informanten, Mr. Coal.«
    »Ach, haben Sie die? Das Weiße Haus bestreitet nachdrücklich jede Einmischung in diese Untersuchung. Nach dem tragischen Tod von Rosenberg und Jensen hat der Präsident darum gebeten, über den Stand der gesamten Unt ersuchung auf dem laufenden gehalten zu werden, aber es hat weder eine direkte noch eine indirekte Einmischung des Weißen Hauses in irgendeinen Aspekt der Untersuchung gegeben. Da sind Sie falsch informiert worden.«
    »Hält der Präsident Victor Mattiece für einen Freund?«
    »Nein. Sie sind sich einmal begegnet, und Mr. Mattiece hat, wie bereits erwähnt, einen beachtlichen Beitrag zum Wahlkampf geleistet, aber er ist kein Freund des Präsidenten.«
    »Aber sein Beitrag war der größte, nicht wahr?«
    »Das kann ich nicht bestätigen.«
    »Haben Sie sonst noch irgendeinen Kommentar?«
    »Nein. Ich bin sicher, dass der Pressesprecher morgen früh darauf eingehen wird.«
    Sie legten auf, und Keen schaltete das Bandgerät aus.
    Feldman war auf den Beinen und rieb sich die Hände. »Ich würde ein Jahresgehalt dafür geben, wenn ich jetzt im Weißen Haus sein könnte«, sagte er.
    »Er ist eiskalt, nicht wahr?« sagte Gray bewundernd. »Ja, aber sein eiskalter Hintern steckt jetzt ganz tief in kochendem Wasser.«
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    F ür einen Mann, der es gewohnt war, seine Macht zu demonstrieren und zuzusehen, wie andere vor ihm krochen, war es schwierig, mit dem Hut in der Hand aufzutreten und um gut Wetter zu bitten. Er durchquerte mit K. O. Lewis und zwei Agenten im Schlepp die Redaktion so bescheiden, wie er nur konnte. Er trug seinen üblichen verknautschten Trenchcoat mit dem um die Mitte seiner kleinen, massigen Gestalt eng zusammengeschnallten Gürtel. Er machte nicht viel her, aber sein Gebaren und sein Gang ließen keinen Zweifel daran, dass er es gewohnt war, seinen Kopf durchzusetzen. Alle mit dunklen Mänteln angetan, erweckten sie den Eindruck eines Mafiabosses mit seinen Leibwächtern. In der geschäftigen Redaktion trat für einen Moment Stille

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