Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Bruder!« Seine Augen strahlten.
Lange war Luc nicht mehr so herzlich empfangen worden. Die Reise durch Drusna war unerfreulich gewesen. Die Neue Ritterschaft hatte hier keinen guten Ruf. Wenn er eine Schänke betrat, wollte niemand mit ihm an einem Tisch sitzen. Man war ihm ausgewichen, egal wohin er ging. Die Ritter vom Aschenbaum mussten üble Lügen über sie verbreitet haben.
»Hast du Neues über Gishild gehört?«, fragte Luc. Überall in Drusna kursierten die unglaublichsten Geschichten über sie. Mal hieß es, sie reite auf einem fliegenden Ross über den Himmel, dann schien sie ganz allein eine Burg erstürmt oder die Geister der Ahnen zum Krieg gerufen haben.
René schnitt eine Grimasse. »Sie macht uns viel Kummer. Alle Schandtaten Raffaels haben uns Silberlöwen nicht annähernd so viel geschadet wie Gishilds Taten. Immerhin scheint sie nur gegen den Orden vom Aschenbaum zu kämpfen. Und …« Er sah Luc mitleidig an. »Ihr Mann scheint ein berühmter und sehr reicher Krieger zu sein. In jeder Schlacht kämpfen die beiden Schulter an Schulter.«
Luc schloss die Augen. Auch er hatte schon Ähnliches gehört. Aber hatte es einfach nicht glauben wollen.
»Vielleicht sind das ja alles nur Geschichten«, wandte René halbherzig ein.
»Ja«, sagte Luc mit tonloser Stimme. So sehr wünschte
er, dass es sich in Wahrheit anders verhielt. Aber wie wahrscheinlich war das? Mehr als zwei Jahre waren seit der Hochzeit vergangen. Genug Zeit, um Gemeinsamkeiten zu entdecken. Wenn er sich vorstellte, wie dieser Barbarenkrieger Nacht für Nacht an Gishilds Seite lag, überliefen ihn eisige Schauer. Manchmal wünschte er sich, dass dieser Erek ein netter Kerl war. Schließlich sollte Gishild nicht Tag für Tag seinetwegen leiden. Und dann wieder betete Luc darum, dass der verdammte Mistkerl von einem Blitz aus heiterem Himmel erschlagen oder dass ihn auf dem Schlachtfeld die Kugel finden würde.
»Du bist ganz blass. Du …«
Luc winkte ab. »Wie geht es den anderen?« Er konnte nicht über Gishild sprechen. Mehr als ein Jahr hatte er jetzt keinen Brief mehr von ihr bekommen. Er hatte so gehofft, etwas Neues über sie zu hören. Aber nach schlechten Neuigkeiten stand ihm nicht der Sinn.
»Raffael sitzt im Kerker.« René grinste. »Angeblich hat er dem Komtur von Drusna im Würfelspiel eine ganze Schiffsladung Arkebusen abgenommen.«
»Was, um Gottes willen, wollte er denn damit?«
René zuckte mit den Schultern. »Man munkelt, er wollte sie an einen seiner Onkel verhökern. Seine Familie scheint in sehr obskure Geschäfte verwickelt zu sein. Aber er wird seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Honoré braucht ihn. Zweimal schon war er im Fjordland. Getarnt als ein Kaufmann. Du weißt ja, er ist gut in solchen Dingen.«
Luc dachte an die Wetten, die Raffael vor ihrem denkwürdigen Buhurt gegen die Drachen abgeschlossen hatte. Er nickte. »Ja, er hatte schon immer besondere Talente.«
»Joaquino und Bernadette haben ein Kind bekommen. Ein Mädchen. Sie sind beide wieder in Valloncour. Joaquino ist
in Sommer zum Magister der jungen Löwen dieses Jahres ernannt worden. Esmeralda und Giacomo haben sich der Schwarzen Schar angeschlossen. Bei ihnen weiß man nie, wo sie stecken. Und Anne-Marie … Du hast die beiden Schiffe gesehen, die draußen vor Anker liegen? Ich meine …«
Luc nickte. Auch wenn hier mehr als hundert Schiffe vor Anker lagen, war klar, welche beiden er meinte. »Die Stolz und die Gottes Zorn.«
René senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Sie sind zu fremd. Es heißt, man habe sie den Elfen gestohlen und sie seien verflucht. Die Gottes Zorn ist auf der Reise hierher fast auf ein Riff aufgelaufen. Und auf beiden Schiffen gibt es auffällig oft Unfälle. Anne-Marie ist die Kapitänin der Gottes Zorn. Sie ist seltsam geworden.« Er schüttelte den Kopf. »Wirklich seltsam. Du wirst es sehen.« Er deutete auf Lucs Wappenschild und Seesack. »Hast du noch mehr Gepäck? Du kannst in meiner Kammer Quartier beziehen. Es gibt noch drei freie Betten.«
»Ich muss mich zunächst bei Honoré melden.«
»Geheimnisse?«
Statt zu antworten, lächelte Luc nur.
René zog einen Schmollmund. Dann wurde er plötzlich ernst. »Wenn er dir das Kommando über die Stolz anbieten will, dann nimm um Gottes willen nicht an. Die beiden Schiffe sind wirklich verflucht. Das ist nicht nur Gerede! Hast du gesehen, wie tief sie im Wasser liegen? Niemand weiß, was sie geladen haben. Niemand weiß, woher sie kommen.« Er
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