Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Gishild. Er sah irgendwie zerbrochen aus mit dem leeren Ärmel, der träge im Wind flatterte. Drustans Gesicht war ausdruckslos. Was brachte er ihnen? Mit der verbliebenen Hand hielt er einen Schild. Er war in Leinen eingeschlagen und noch vor ihren Blicken verborgen.

    Drustan trug eine geschlitzte, ärmellose Weste. Um seine Hüften war das Rapier geschnallt, mit dem er nicht mehr focht. Es war das erste Mal, dass Gishild ihn frisch rasiert sah. Doch wirkte er traurig und nicht wie ein Gast, der zu einem Fest kam.
    Sie alle standen seit mehr als einer Stunde schon vor dem Turm. Kurz nach dem Morgengrauen hatte Leon sie ziehen lassen. Er schien nichts zu wissen. Er hatte weder die Tür untersucht noch das vergitterte Fenster. Zuerst war Gishild enttäuscht deswegen. Jetzt war sie erleichtert.
    Sie war den ganzen Weg gelaufen, von der Burg bis zu ihrem Turm. Sie hatte gehofft, Luc in der Baracke vorzufinden. Leon hatte ihn ihr versprochen! Sie hatte ihn gerettet, auch wenn sie ihm das nie sagen durfte. Und dann war Luc nicht hier!
    Aber er würde kommen! Das konnte Leon einfach nicht tun.
    Drustan hatte den Fuß des Hügels erreicht. Ungelenk machte er sich daran, aus dem Sattel zu steigen. Keiner von ihnen lief hinüber, um ihm zu helfen. Sie alle wussten, er hätte es nicht gewollt.
    Der schwere Schild entglitt ihm. Er schlug in den Staub.
    René neben ihr stöhnte leise. Er sah vollkommen aus, wie immer. Sein weißblondes Haar schimmerte im Morgenlicht. Seine Haut war so hell, dass man die Adern darunter sehen konnte. Selbst die langen Wochen auf der Galeere hatten seiner Blässe nichts anzuhaben vermocht. Er erschien Gishild seltsam unwirklich. Die Elfen hätten ihn gemocht, wenn er sich nicht dem Blutbaum verschrieben hätte. So wie sie jetzt auch. Gishild schluckte hart.
    Ramon lief Drustan entgegen. Ihr Magister hob abwehrend die Hand und murrte etwas Unverständliches. Ramon
machte keine Anstalten, ihm zu helfen. Er hob den Schild auf und klopfte den Staub vom Leinentuch.
    »Wo warst du letzte Nacht?«, raunte ihr Raffael ins Ohr. »Ich habe es vermisst, wie du mir verstohlen zuschaust, wenn ich andere Mädchen küsse.«
    Gishild ignorierte ihn. Blöder Kerl! Wie schaffte er es nur, dass alle sich von ihm küssen ließen? Sogar Bernadette …
    »Wir konnten die ganze Nacht dem Gesang von Ramons Gedärmen lauschen. Es war fürchterlich. Und Drustan war verschwunden … Von Luc gar nicht zu reden. Weißt du, was vor sich geht?«
    »Wahrscheinlich hatten wir alle genug von deinem Geschwätz. «
    »Autsch … Meine Rose zeigt heute ihre Dornen.«
    »Fehle ich noch, damit du alle Mädchen aus unserer Lanze geküsst hast?«
    Raffael zog einen wohl einstudierten Schmollmund. »Ich verstehe nicht, warum ich so einen schlechten Ruf habe.«
    »Kommt mit zu Daniel«, sagte Drustan schroff und nahm Ramon den Schild ab.
    Die Löwen folgten schweigend ihrem Magister. Sie alle ahnten, dass dies keine rühmliche Stunde für sie werden würde. Sie würden das Ruder der Galeere auf dem Wappenschild tragen. Für immer! Gishild betrachtete den blanken Schild auf dem Sarkophag Daniels. Wenigstens diese Schande war ihm erspart geblieben.
    Schweigen durchdrang die unfertige Turmkammer. Drustan hängte den Schild an einen Haken des Baugerüsts. Immer bedrückender wurde die Stille. Was war mit dem Schild? Sie sollten es jetzt endlich hinter sich bringen, statt weiter auf die Leinenhülle zu starren.
    Hufschlag störte ihr Schweigen.

    Gishild sah auf. Ein Reiter kam ihren Hügel hinab, den Ort, an dem Luc ihr den Nordstern gezeigt hatte. Ganz in Weiß, auf einem Schimmel, ritt er durch die mannshohe Schafgarbe. Luc! Den Göttern sei Dank! Leon hatte Wort gehalten!
    Er zügelte hart seine Stute, sprang aus dem Sattel und kam dem Turm entgegengelaufen. Keiner der Novizen rührte sich. Nur Gishild machte einen Schritt in Richtung der Pforte. Luc wirkte verändert. Euphorisch. Er ergriff ihre Hand. Wenn er sie jetzt küssen würde, würde sie vor Scham im Boden versinken, obwohl sie es sich so sehr von ihm wünschte.
    »Entschuldigt, dass ich spät komme.«
    Er sagte das auf eine Weise, die unmissverständlich deutlich machte, dass dies alles war, was er über sein Verschwinden kundtun wollte.
    »Also beginnen wir.« Drustan räusperte sich erneut. »Wir alle wissen, was ihr getan habt. Ich mache keine langen Worte.« Er zog das Leinentuch vom Schild.
    »Das ist nicht gerecht«, flüsterte Maximiliam, und er sprach ihnen allen aus dem

Weitere Kostenlose Bücher