Die Alchemie der Naehe
noch nie mit ihr getanzt, und wer weiÃ, was ihr noch alles nicht zusammen gemacht hattet! »Und wie fühlt sich das an?«, fragtest du. »Das Zusammentanzen, meine ich.«
»Hm â¦, ich weià auch nicht«, antwortete sie. »Es gefällt mir.«
Du nicktest zufrieden, und daraufhin tanztet ihr eine Dreiviertelstunde ohne jede Pause weiter. Schweren Herzens akzeptiertest du einen Partnerwechsel mit euren Freunden.
AnschlieÃend gingt ihr zu viert nach drauÃen, um kurz frische Luft zu schnappen, denn inzwischen war es im Saal ziemlich voll geworden.
DrauÃen warteten ein paar jugendliche Spukgestalten darauf, dass es Mitternacht wurde, etwas abseits stand das eine oder andere Pärchen, und es gab ein unauffälliges, lockeres Kommen und Gehen von Leuten, die sich ohne viel Aufhebens zum Trubel im Saal gesellten oder ihn wieder verlieÃen. Ihr musstet tatsächlich ziemlichen Eindruck auf eure Tanzfreunde gemacht haben, da sie euch keine Sekunde allein lieÃen. Vielleicht hatten sie euch ja zu den offiziellen Helden ihres Abends gekürt! Aber auch Selvaggia und du wart allen Ernstes der Meinung, dass ihr euch deutlich von den anderen abhobt.
WeiÃt du noch? Was warst du stolz, dir über solch herrliche Albernheiten den Kopf zerbrechen zu dürfen, während du Selvaggia ansahst, die sich dein Jackett umhängte, um nicht zu frieren! Aber irgendwann genügte dein Jackett nicht mehr, und sie klapperte mit den Zähnen. Da versuchtest du, sie zu wärmen, indem du sie umarmtest und ihr über Rücken und Arme strichst. Dankbar lieà sie dich gewähren und unterhielt sich dabei mit ihrer Freundin. Zwei Schritte von euch entfernt rauchte Martinas Freund eine Zigarette. Vielleicht hatte er sich absichtlich kurz distanziert, um ihr Gejammer über die nächtliche Kälte nicht mitanhören zu müssen.
Selvaggia und Martina sprachen über ihre Weihnachtsgeschenke, darüber wie sie die Feiertage verbracht hatten. Es fehlten nur noch zwanzig Minuten bis Mitternacht, und du spürtest die aufgeregte, wie elektrisierte Atmosphäre vor dem Countdown. Und genau während dieses Gelabers begann nach dem Gejammer über irgendwelche Verwandte und dem Loblied auf einen Cousin der Teil des Abends, vor dem du dich schon gefürchtet hattest.
»Apropos«, sagte Martina zu Selvaggia. »Wolltest du nicht mit deinem Bruder zum Ball gehen? Stattdessen bist du mit Johnny gekommen.«
Du musstest lachen, weil sie nach wie vor deinen richtigen Namen nicht kannte und tatsächlich glaubte, du hieÃest Johnny. Andererseits war der gute alte Giovi auch für dich Schnee von gestern.
»Ich bin tatsächlich mit meinem Bruder hier«, erwiderte Selvaggia, womit sie das ganz besondere Silvesterfest einläutete, das eure inzestuöse Beziehung thematisierte.
»Verstehe«, sagte Martina, »aber willst du ihn mir nicht vor stellen? Ich habe ihn bestimmt schon tausendmal an mir vorbeigehen sehen, ohne zu wissen, wer er ist. Vermutlich ist er ebenfalls mit seiner Freundin hier.«
»Klar ist er mit seiner Freundin hier«, sagte Selvaggia lachend, »und ich habe ihn dir schon hundertmal vorgestellt. Du kennst Johnny doch bereits ziemlich lange, oder?«
Ratlosigkeit machte sich auf dem Gesicht ihrer Freundin Martina breit. Verwirrung. Sie reagiert entgeistert, ihr fehlten die Worte, ja, es verschlug ihr den Atem.
»Entschuldigt bitte«, sagte Martinas Freund. »Ich möchte mich ja nicht einmischen, aber du bist doch Johnny oder?« Du nicktest und lächeltest. Wie verzweifelt dieses Lächeln war, wusste niemand auÃer dir selbst. Die ganze Situation hatte ohnehin etwas Surreales, das durch deine Bemerkung noch potenziert wurde.
»Warte«, protestierte Martina und rieb sich energisch die Stirn. »Nur damit ich das richtig verstehe: Er hier ist Johnny, und Johnny ist dein Freund.«
»Ja«, sagte Selvaggia. »Er ist mein Freund und auÃerdem mein Zwillingsbruder.« Sie erklärte es Schritt für Schritt. Doch genauso gut hätte man ihnen erklären können, wie man einen Wolkenkratzer baut.
Selvaggias Worte beschwörten eine instinktive Reaktion herauf: Martina und ihr Freund wichen einen Schritt zurück. Sie gingen auf Distanz. Die Kluft, die euch beide jetzt von diesem Paar trennte, war mit Händen zu greifen. Welch eine Erschütterung in ihren Gesichtern! Diese weit aufgerissenen
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