Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)
Palace ist ein Tunnel, der zum Royal Institute führt. Einmal hat der Comte d’Orkancz das Institut für seine Forschungszwecke genutzt, und der Tunnel diente zum Transport von Testpersonen …«
Der Colonel blickte Gorine und Mahmoud vorwurfsvoll an. »Haben Sie ihnen das erzählt?«
»Natürlich nicht. Aber es erklärt, warum das Old Palace noch immer geöffnet ist – sie haben im Gegenzug Zugang zum Tunnel verlangt. Was ein völlig neues Licht auf Ihren Begleiter wirft – kein Stammkunde, jedoch vielleicht ein Ministerialbeamter, ein Ingenieur, ein Metallurg …«
Gorine konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Doktor Svenson …«
»Ruhe!« Bronques gekräuselte Lippen sahen aus wie rohes Fleisch. »Ich wende die gleiche Logik auf Sie an, Doktor. Sie gehörten als Spion zum Umfeld des Prinzen …«
Svenson schüttelte den Kopf. »Ich bin nur hier, um Mrs. Kraft zu helfen.«
»Ich glaube Ihnen nicht.« Bronque trat zurück, und von seiner Belustigung war nichts mehr übrig. »Der Tunnel wird überwacht. Das gilt jetzt auch für Sie.«
Der Colonel verließ den Raum so schnell, wie er gekommen war.
»Hau bloß ab«, murmelte Svenson. »Gegen mich liegt bereits ein Todesurteil vor …«
Weder Mahmoud noch Gorine sagten etwas. Beide Männer starrten wie gebannt auf Madeleine Kraft, deren große braune Augen offen standen.
Trotz der erhobenen Stimmen, die sie geweckt hatten, war Mrs. Krafts Aufmerksamkeit vollständig auf Francesca gerichtet, und das Kind erwiderte den Blick der Frau mit einer Unverblümtheit, die normalerweise für seltsam aussehende Insekten oder jüngere Geschwister reserviert war.
»Was wollen Sie tun?«, flüsterte Mahmoud Svenson zu. Er schüttelte den Kopf.
Das Mädchen tätschelte sanft Mrs. Krafts Fuß unter der Decke. »Ich bin Francesca Trapping.«
»Und ich bin Doktor Svenson.« Er zog einen Stuhl heran und setzte sich. Die Frau war von den gutgemeinten Behandlungsversuchen ihrer Untergebenen – die sogar Blutegel und Quecksilber eingesetzt hatten – gezeichnet. Er legte ihr eine Hand auf die Stirn. Wie lange konnte jemand in einem solchen Kokon überleben?
Wie er gehofft hatte, beobachtete Francesca jede seiner Bewegungen. Sie blickte verschwörerisch zu dem Tablett mit den Medikamenten. »Was haben Sie bringen lassen?«
»Nichts, was sie heilen wird. Wir müssen Mrs. Krafts Verstand untersuchen.«
»Kann sie uns hören?«
»Ja … aber ob sie uns versteht?« Svenson wandte sich dem Kind zu. »Jetzt ist es an der Zeit, dass du erzählst, was du weißt, Francesca.«
Das Mädchen bedeckte ihren Mund mit einer Hand, um einen Rülpser zu dämpfen.
»Wie soll ich ihr sonst helfen, Liebes?«
Francesca schüttelte den Kopf.
»Fühlst du dich krank?«
»Nein.«
Doch ihr Eifer war ihrem Unwohlsein gewichen. Das war nur natürlich – und solange sie sich krank fühlte, würde es dem Mädchen Angst machen. Svenson klopfte auf die Chaiselongue, damit sie näherrückte.
»Die Contessa hat uns zusammengebracht, Francesca. Lass uns unsere Gedanken teilen. Also, alles, was ich über das blaue Glas weiß, sagt mir, dass Mrs. Krafts Zustand so bleiben wird. Ich habe eine andere Frau mit einer solchen Lücke in ihrem Verstand getroffen. Sie hatte bloß einen Blick in ein Glasbuch geworfen – und mit einem Schlag war ein Teil ihrer Erinnerungen verschwunden. Nicht so schlimm wie bei unserer Patientin hier, doch trotz aller Anstrengungen konnte die Dame sich nicht mehr erinnern.«
Doktor Svenson legte Mrs. Krafts Hand, die von Ringen ganz schwer war, in Francescas Schoß. Das Mädchen begann sie zu streicheln wie ein Kätzchen.
»Als ich gefragt habe, was die Contessa geschickt hätte, um zu helfen, hast du gesagt, sie habe dich geschickt.«
Francesca hatte eine belegte Stimme. »Das hat sie auch. Aber ich bin keine Hilfe …«
»Ich glaube dir ja. Du hast einen Teil vom Buch des Comte in dich aufgenommen – ich weiß, das ist eine beängstigende Sache, die dir Unbehagen bereitet, wenn du daran denkst.« Svenson versuchte locker und entspannt zu klingen. »Aber die Contessa verschwendet keine Zeit auf Nebensächlichkeiten. Sie glaubt, dass Mrs. Kraft geheilt werden kann – und dafür, mein Schatz, bist du das Puzzleteil, nicht Mrs. Kraft, und unsere Aufgabe ist es, deine Geheimnisse ganz vorsichtig zu lüften. Wir müssen schlau sein und mutig. Bist du mutig genug, um es zu versuchen?«
Francesca nickte und presste sich die Hand gegen den Bauch.
»Gut. Du brauchst keine
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