Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)
zuckte jedes Mal zusammen, wenn seine nackten Füße auf scharfkantige Steine traten.
Es war nicht das Wiedersehen, das er sich erhofft hatte, vor allem mit Celeste Temple. Was um alles in der Welt tat Phelps hier? Und warum hatten sie seine Wunde so angestarrt? Svenson war nicht gerade gesprächig – außerdem unrasiert und hagerer denn je, als wäre er gerade aus einer Gruft gekrochen.
Wo war Eloise Dujong? Wahrscheinlich irgendwo, wo sie das Kind der Trappings hütete …
Im Wissen, dass die anderen nichts sahen, griff Chang unter die Jacke und das Seidenhemd … seine Finger glitten über die Wölbungen einer frischen Narbe, doch die Narbe selbst spürte er nicht. Er tastete vorsichtig umher … unter einer dünnen Gewebeschicht lag etwas Hartes.
Am Tunnelende war der Boden feucht und der Kies von Flussschlamm bedeckt.
»Diese Tunnel wurden benutzt, um die Maschinen des Comte zu transportieren«, erklärte Miss Temple. Sie hustete, und zu Changs Überraschung spuckte sie tatsächlich aus. »Verzeihung – dahinter ist der Kanal, und dahinter befindet sich unser Boot, sofern es nicht versenkt wurde. Wir können in die Stadt zurückkehren oder weiter nach Harschmort fahren.«
»Sind wir vorbereitet auf Harschmort?«, fragte Svenson. »Zwei Ihrer Männer sind dort verschwunden – Cunsher würde es nicht riskieren.« Er wandte sich zu Chang um. »Und Sie, Kardinal … ganz im Ernst, wenn ich den Platz und das Licht hätte, um Sie zu untersuchen …«
»Wer ist Cunsher?«, unterbrach ihn Chang barsch. »Und welche Männer ?«
Svenson ließ sich zurückfallen und gab im Flüsterton einen kurzen und in der Tat frustrierenden Bericht ihrer Unternehmungen, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatten. Auch wenn es erfreulich war, von Tackhams Tod zu hören (und Chang war vom Mut des Doktors beeindruckt), entbehrte Svensons restliche Geschichte jeder Logik – eine Allianz mit Phelps, Abhängigkeit von diesem Cunsher, und dann noch die Zustimmung zu Miss Temples lächerlichem Plan. Jack Pfaff ? Und wie viele andere waren offensichtlich tot? Schierer Wahnwitz, durch den sie nur ihr Geld verlor und sich damit dem Schicksal auslieferte.
»Wussten Sie nicht, welchen Unsinn sie treibt?«, fragte er den Doktor.
»Sie hat mich gefunden. Auf einmal war mir klar – nun, das Mädchen ist ziemlich entschlossen.«
»Ein verdammter kleiner Terrier.«
Svenson lächelte. »Ein Terrier mit den Zähnen in einem Wolfsbein, dem stimme ich zu. Trotzdem …«
»Wir sind zurück.«
»Das sind wir. Tröstlich, Sie wieder bei uns zu haben.«
Chang zuckte mit den Schultern, obwohl er wusste, dass er die Äußerung hätte erwidern sollen – dass es tatsächlich gut war, Svenson an seiner Seite zu haben –, aber er ließ die Gelegenheit verstreichen. Er hatte seit ihrem Aufenthalt in dem Fischerdorf an der Iron Coast kaum mit dem Doktor gesprochen und fast aufgelacht bei der Erinnerung daran, wie von Svenson erwartet worden war, sich um sämtliche kranken Ziegen und Schweine zu kümmern.
»Und die Contessa?«
Einen Moment lang sagte der Doktor nichts. »Nur die beiden roten Umschläge. Ansonsten ist die Frau verschwunden, mit dem Buch und dem Kind.«
»Rosamonde ist die gefährlichste von allen.«
»Wie die Erfahrung uns gelehrt hat.«
Ganz plötzlich wurde Chang bewusst, dass der Doktor nichts über die Person geäußert hatte, die er an erster Stelle hätte erwähnen sollen. »Wo ist Eloise?«
Chang hatte die Frage gestellt, ohne über ihre Abwesenheit nachzudenken, und einen Moment später bereute er es.
»Ihre Rosamonde hat ihr die Kehle durchgeschnitten.« Svensons Stimme verriet keinerlei Gefühl. »Phelps und ich sind zurückgekehrt und haben sie begraben.«
Chang schloss die Augen. Ihm fehlten die Worte. »Das war sehr anständig von Ihnen.«
»Wir haben auch nach Ihnen Ausschau gehalten.«
Er wandte sich dem Doktor zu, konnte jedoch seinen Ausdruck nicht deuten. »Ich bin froh, dass ich Ihrem Wunsch nicht entsprochen habe.«
Der Doktor nickte mit einem matten Lächeln, richtete seine Aufmerksamkeit jedoch dann auf das, was Phelps Miss Temple gefragt hatte. Chang fiel einen Schritt zurück und beendete damit das Gespräch.
Sie kauerten sich in den Schatten eines leeren Lastkahns. Vor ihnen war das im Wasser liegende Tor zum Fluss. Chang suchte die Stege und Stahltürme nach Wachmännern mit Karabinern ab.
Miss Temple zeigte auf eine Plattform, die unmittelbar hinter den Docks zu erkennen war. »Dort sind wir
Weitere Kostenlose Bücher