Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)
hölzernen Werkbank in einem seltsamen Raum, der mit poliertem Stahl verkleidet war. Waren sie inzwischen in Harschmort?
»Das ist der Vorzug Ihrer Wesensart«, fuhr Vandaariff fort. »Celeste Temple handelt, ohne sich von Schuldgefühlen aufhalten zu lassen. Und es war wirklich schlau von ihr zu bemerken, dass eine Bombe für den Parketthandel morgen versteckt worden war. Und dass respektable Schießkünste zur Anwendung kamen und sie getroffen hat.«
»Sind Sie immer so großzügig, wenn man Sie übertroffen hat?«
»Übertroffen? Miss Temple, die Biene ist Teil eines Bienenstocks, der einzelne Piranha Teil eines Schwarms. In der Welt der Menschen wird eine solche Vervielfältigung von Kräften durch Vermögen bewerkstelligt. Das ist mein Vorteil. Und wenn eine solche Erfindung von meinen Feinden in Gegenwart von Offizieren des achten Füsilierregiments zum Einsatz gebracht wird? Sofort wird klar, dass ich nichts mit einem solchen Vernichtungsschlag zu tun habe – ich war nur dort, um nach einem vermissten alten Freund zu suchen, wissen Sie, ein Gefallen, den Lord Axewith arrangiert hatte. Die Schuld liegt allein bei den drei Individuen, die fortwährend meine Pläne durchkreuzen. Mehr hätte ich mir nicht wünschen können.«
Wieder hatte sie einen Kloß im Hals, was ihr jegliche Antwort unmöglich machte. Foison hustete in die Hand.
»In der Tat«, stimmte Vandaariff zu. »Fort mit Ihnen. Doch sehen Sie mir meine Schwäche nach – Sie haben der Bestie ins Auge gesehen.«
Mit kalter Effizienz legte Foison Lederfesseln um ihre Glieder und zurrte sie fest. Dann war er verschwunden.
Die Vorsichtsmaßnahme war gar nicht notwendig. Miss Temple konnte kaum atmen. Sie sah Svenson vor sich, der die Hand gegen die Brust presste, und Chang, der mit dem Rücken zur Explosion stand, unvorbereitet … sie blickte hinab auf ihren bandagierten Arm und ballte die Hand zur Faust. Schmerz schoss ihr durch den Arm, und Tränen brannten in ihren Augen. Vandaariff log. Man hatte sie am Leben gelassen, um sie auszutauschen, und daher würden nur Svenson oder Chang sie schützen. Sie waren mit Francesca entkommen, Vandaariffs ersehntem Preis.
Vandaariff humpelte aus ihrem Sichtbereich und verursachte ein bedrohliches Klirren aus Metall und Glas. Doch anstatt des Gestanks aus Chemikalien und Indigolehm erfüllte den Raum auf einmal der angenehme Geruch nach gekochten Eiern und geschmolzener Butter. Mit einem lackierten Tablett kehrte er zu seinem Stuhl zurück.
»Ich weiß, Sie haben nichts gegessen.« Er nahm ein frisches helles Brötchen und riss es mit Fingern auseinander, die so steif waren wie Vogelklauen. Er strich Butter darauf, tauchte einen Löffel in eine chinesische Schale und zog ihn mit einem Häuflein Pflaumenmus wieder heraus. Er schüttelte es auf die Butter und schnitt – wobei das zitternde Messer auf dem Teller klirrte – eine Ecke weichen weißen Käse ab. Das fingerdicke Stück Käse fiel vom Messer, und mit einem gereizten Knurren schmierte Vandaariff ihn mit einem krummen Daumen in das Brötchen. Er wischte sich die Hand an einer Serviette ab und seufzte wegen der Anstrengung.
Miss Temple hatte ihre letzte Mahlzeit in Raaxfall eingenommen, und sie war so schlecht gewesen, dass sie die Hälfte auf dem Teller zurückgelassen hatte. Sie betrachtete das Tablett genau. Ihr Arm pochte.
»Man muss essen, um bei Kräften zu bleiben.« Er quirlte die Eier mit einer Gabel und hob ein wabbliges Stück tropfenden Eigelbs hoch. Er schluckte mühsam, als wäre es ein Mundvoll kleiner Knochen. Dann legte er die Gabel weg und nahm ungeschickt einen Bissen von dem Brötchen. Vandaariffs Zähne waren für einen älteren Mann nicht unansehnlich, doch dass er sich nur so zögernd darüber hermachte, erweckte in Miss Temple die Befürchtung, dass einer vielleicht abbrechen könnte. Vandaariff kaute, wobei er beim Atmen die Nasenflügel blähte, und würgte den Nahrungsbrei schließlich hinunter. Er wischte sich die Lippen, schnitt dabei eine Grimasse und ließ die Serviette auf das Tablett fallen.
»Schmeckt es nicht?«, fragte Miss Temple. »Ich hätte gedacht, Sie essen aus Vergnügen. Verstünden es sogar als Kunst. Der Comte d’Orkancz hat mir gesagt, dass alles im Leben am Ende Kunst ist. Dann hat er mich für den Kaffee bezahlen lassen. Ich nehme an, das ist ebenfalls eine Form von Kunst.«
Ein anerkennendes Lächeln umspielte seine Lippen. »Fürchten Sie nicht um Ihr Leben?«
»Ich bin am Leben, um
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