Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)
der Jugend und der Schönheit ist für einen alten Mann erfrischend.«
Während der Philosoph, Ibrahim Ebn Abu Ajeeb, seine Zeit so weise in seiner Einsiedelei hinbrachte, führte der friedfertige Aben Habuz in seinem Thurme furchtbare Kriege dem Bild nach. Es war höchst rühmlich für einen alten Mann von ruhigen Sitten, wie er, sich das Kriegführen zu erleichtern und im Stand zu seyn, in seinem Gemache sich damit zu ergötzen, daß er ganze Armeen wie eben so viele Schwärme Fliegen, verjagte.
Er schwelgte eine Zeitlang in der Befriedigung seiner Launen und neckte und beleidigte sogar seine Nachbarn, um sie zu Einfällen in sein Land zu verleiten; allein allmählig wurden sie der wiederholten Unfälle müde und endlich wagte es keiner mehr, sein Gebiet zu überschreiten. Viele Monden blieb der bronzene Reiter auf dem Friedensstand, die Lanze in die Luft emporhaltend, und der würdige alte König fing an, den Abgang seines gewohnten Zeitvertreibs schmerzlich zu empfinden und über die einförmige Ruhe verdrüßlich zu werden.
Endlich drehte sich eines Tages der Reiter plötzlich rundum, ließ seine Lanze sinken und deutete auf die Berge von Guadix. Aben Habuz eilte in seinen Thurm, allein der magische Tisch in jener Richtung blieb ruhig; kein einziger Krieger bewegte sich. Ueber diesen Umstand in Ungewißheit, schickte er einen Trupp Reiter aus, um das Gebirge zu durchspähen und sich auf Kundschaft zu legen. Nach einer Abwesenheit von drei Tagen kamen sie zurück.
»Wir haben jeden Bergpaß durchsucht,« sagten sie »aber nicht ein Helm ward sichtbar, nicht ein Speer. Alles was wir auf unserm Streifzug gefunden haben, war ein christliches Fräulein von ungemeiner Schönheit, welche in der Mittagszeit an einem Brunnen schlief und die wir als Gefangene mit uns weggeführt haben.«
»Ein Fräulein von ungemeiner Schönheit!« rief Aben Habuz aus und seine Augen funkelten vor Erregung: »laßt sie vor uns führen.«
Das schöne Fräulein wurde sonach vor ihn geführt. Sie war in die ganze reiche Pracht gekleidet, welche zur Zeit der arabischen Eroberung bei den gothischen Spaniern herrschte. Perlen von glänzender Weiße waren in ihre Rabenlocken geflochten; Juwelen funkelten auf ihrer Stirne und wetteiferten mit dem Glanz ihrer Augen. Um den Hals hatte sie eine goldene Kette, an welcher eine silberne Leyer befestigt war, die an ihrer Seite hing.
Die Strahlen ihrer dunkeln leuchtenden Augen fielen wie Feuerfunken auf das verwitterte, aber noch brennbare Herz des Aben Habuz; die elastische Ueppigkeit ihres Ganges machte seine Sinne taumeln. »Schönste der Frauen,« rief er entzückt, »wer und was bist du?«
»Die Tochter eines der gothischen Fürsten, die erst vor kurzem noch über dieses Land geboten. Die Heere meines Vaters sind wie durch Zauberkraft in diesen Gebirgen zerstreut worden; er wurde in die Verbannung geschickt und seine Tochter ist eine Gefangene.«
»Hüte dich, o König!« flüsterte Ibrahim Ebn Abu Ajeeb, »dies kann eine der nordischen Zauberinnen seyn, von denen wir gehört haben, die die verführerischesten Gestalten annehmen, um den Sorglosen zu hintergehen. Mich dünkt, ich lese Hexerei in ihren Augen und Zauberkraft in jeder ihrer Bewegungen. Ohne Zweifel ist sie die Feindin, welche der Talisman angezeigt hat.«
»Sohn des Abu Ajeeb,« versetzte der König: »du bist, ich gebe es zu, ein weiser Mann, ein Zauberer nach allem was mir bekannt ist; allein auf Weiber verstehst du dich wenig. In dieser Kenntniß werde ich keinem Menschen weichen; nicht einmal dem weisen Salomon selbst, der Zahl seiner Weiber und Beischläferinnen ungeachtet. Was dieses Fräulein betrifft, so sehe ich nichts Böses an ihr; sie ist schön anzusehen und findet Gunst vor meinen Augen.«
»Höre, o König!« erwiederte der Astrologe. »Ich habe dir durch meinen Talisman zu manchem Siege verholfen, allein ich habe nie an der Beute Theil genommen. Gib mir darum diese verirrte Gefangene, um mich in meiner Einsamkeit an ihrer silbernen Leyer zu letzen. Ist sie wirklich eine Zauberin, so habe ich Gegenmittel, welche allen ihren Zauberkünsten Trotz bieten.«
»Wie, noch mehr Weiber?« rief Aben Habuz. »Hast du nicht bereits Tänzerinnen genug, dich zu letzen?«
»Tänzerinnen habe ich, es ist wahr, aber keine Sängerinnen. Ich möchte gern eine kleine Sängerschaft haben, um meinen Geist zu erfrischen, wenn er von den Mühen des Studierens getrübt ist.«
»Still mit deinen Einsiedler-Wünschen,« sagte der
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