Die alte Jungfer (German Edition)
Frau, wenn sie nicht beständig tyrannisiert wird, den Mann zum Sklaven, In dieser Beziehung war Du Bousquier wiederum das Gegenstück des Chevaliers. Indem er seinen Satz aussprach, warf er seine Nachtmütze ans Bettende, ähnlich dem Papst Gregor, der die Kerze umstürzte, während er einen Bannfluch schleuderte, und Suzanne sah nunmehr, daß der alte Junggeselle ein Toupet trug.
»Denken Sie daran, Monsieur du Bousquier«, erwiderte Suzanne majestätisch, »daß es meine Pflicht war, zu Ihnen zu kommen; denken Sie daran, daß es geboten war, Ihnen meine Hand anzubieten und die Ihre zu verlangen; aber denken Sie auch daran, daß ich eine Frau bin, die weiß, was sich schickt, und mir nichts vergeben habe; ich habe mich nicht so weit erniedrigt, zu plärren wie eine dumme Liese, ich habe nicht darauf gedrungen, ich habe Sie keineswegs gequält. Sie kennen jetzt meine Lage! Sie wissen, daß ich in Alençon nicht bleiben kann, meine Mutter wird mich schlagen; Madame Lardot reitet auf ihren Prinzipien herum, als ob sie sie plätten wollte, sie wird mich davonjagen. Was bleibt mir armen Wäscherin anderes übrig, als ins Spital zu gehen? Soll ich betteln gehen? Nein! Lieber werfe ich mich in die Brillante oder in die Sarthe. Ist es denn aber nicht viel einfacher, wenn ich nach Paris gehe? Meine Mutter kann mich unter irgendeinem Vorwand hinschicken: ein Onkel kann mich brauchen, eine Tante kann im Sterben liegen oder eine Dame sich für mich interessieren. Es handelt sich also nur um das nötige Geld für die Reise und alles übrige...«
Diese Mitteilung hatte für Du Bousquier tausendmal mehr Bedeutung als für den Chevalier de Valois, aber er allein und der Chevalier wußten um das Geheimnis, das erst im Laufe dieser Geschichte enthüllt werden wird. Zunächst genügt es, zu sagen, daß die Lüge Suzannes eine so große Verwirrung in den Gedanken des alten Junggesellen hervorbrachte, daß er zu einer ernsthaften Überlegung unfähig war. Ohne diese Benommenheit und einen gewissen heimlichen Stolz – denn jeder Gimpel geht seiner Eigenliebe auf den Leim – hätte er geglaubt, daß ein anständiges Mädchen hundertmal lieber gestorben wäre, ehe es eine solche Auseinandersetzung angeknüpft und Geld von ihm verlangt hätte. Er hätte in dem Blick der Grisette die grausame Gier des Spielers gesehen, der imstande wäre, einen Mord zu begehen, um sich einen Einsatz zu verschaffen.
»Du willst also nach Paris?« fragte er. Als Suzanne diese Frage hörte, blitzte in ihren grauen Augen die helle Freude auf; aber der glückliche Du Bousquier sah nichts.
»Ja, gewiß, Monsieur!« Du Bousquier hub seltsame Klagen an: Er hatte soeben die letzte Zahlung auf sein Haus geleistet, er mußte den Maler, den Maurer, den Schreiner befriedigen; doch Suzanne ließ ihn reden, sie wartete darauf, daß er die Summe nennen würde. Du Bousquier bot hundert Taler. Suzanne spielte, was man im Kulissenstil einen falschen Abgang nennt, sie ging auf die Tür zu.
»Nun, wo willst du hin?« rief Du Bousquier unruhig. »Da hast du dir was Schönes eingebrockt«, sagte er zu sich selbst; »der Teufel soll mich holen, wenn ich ihr mehr als den Halskragen zerdrückt habe! ... Verflucht! Sie macht sich einen Scherz zunutze, um auf dich einen Wechsel, mit der geladenen Pistole in der Hand, zu ziehen!«
»Aber Monsieur«, schluchzte jetzt Suzanne, »ich gehe zu Madame Granson, der Schatzmeisterin des Mütterfürsorgevereins, die, soviel ich weiß, ein armes Mädchen im gleichen Fall sozusagen aus dem Wasser gezogen hat.«
»Madame Granson?« – »Ja«, erwiderte Susanne, »die Verwandte von Mademoiselle Cormon, der Vorsitzenden des Mütterfürsorgevereins. Mit Verlaub haben die Damen der Stadt da eine Einrichtung geschaffen, die manches arme Ding davon abhalten wird, ihr Kind umzubringen, wofür man vor drei Jahren in Mortagne die schöne Faustine d'Argentan mit dem Tode bestraft hat.« – »Da, Suzanne«, sagte Du Bousquier und reichte ihr einen Schlüssel, »öffne selbst den Sekretär, nimm den angebrochenen Beutel, welcher noch sechshundert Francs enthält; es ist alles, was ich besitze.«
Der alte Lieferant bekundete durch seine Niedergeschlagenheit, wie schwer es ihm wurde, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
›Alter Gauner‹ sagte Suzanne im stillen, ›ich werde von seinem Toupet erzählen.‹ Sie verglich Du Bousquier mit dem köstlichen Chevalier de Valois, der nichts gegeben, aber der sie verstanden, ihr einen Rat erteilt und der
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