Die alte Villa (German Edition)
etwas trinken.“
„Mit wem denn?“
„Ist das wichtig?“
Darauf antwortete die Mutter nicht mehr, sondern schaute entsetzt auf Rebeccas Kopf, wo lange dünne Eiszapfen in ihren Haaren glitzerten.
„Ja, bist du denn völlig übergeschnappt. Oder vielleicht lebensmüde?“
„Oder vielleicht beides?“, entgegnete Rebecca schnippisch.
Sie ließ die Mutter im Flur stehen und ging auf ihr Zimmer.
13 .November 1979
Mitten in der Nacht wurde Rebecca wach und sie wusste gleich, dass sie sich erkältet hatte.
So ein Mist! Daran sind nur diese dummen Gänse schuld.
Sie versuchte wieder einzuschlafen, aber es klappte nicht. Es ging ihr einfach zu schlecht.
Am nächsten Morgen versuchte sie aufzustehen, aber ihr wurde sofort schwindlig.
Sie tapste kraftlos in die Küche, um sich einen Tee zu kochen. Dort traf sie ihre Mutter, die sie besorgt anschaute.
„Jetzt bist du krank, nicht wahr?“, sagte sie mit einem unüberhörbaren leichten Triumph in ihrer Stimme.
„Nein, bin ich nicht!“, antwortete Rebecca trotzig und versuchte dabei, ihren schmerzenden Körper etwas aufzurichten.
„Natürlich bist du krank. Komm, leg dich wieder ins Bett.“
„Nein, das werde ich nicht tun!“ Obwohl sie sich äußerst kindisch vorkam, fuhr sie an diesem Morgen ohne Frühstück und wahrscheinlich noch mit leichtem Fieber in die Schule. Hannelore sah gleich, dass mit ihr etwas nicht stimmen musste.
„Hör mal, Rebecca, ich kenne dich nur leichenblass und heute hast du süße rote Bäckchen. Hast du was genommen oder so?“
„Nein, ich bin krank“, sagte Rebecca trotzig.
„Und was machst du dann hier?“
„Ich bin überall lieber als zu Hause.“
„Na, du musst wissen, was du tust. Eigentlich solltest du alt genug sein“, sagte die Freundin schulterzuckend.
„Überhaupt kapselst du dich total ab in letzter Zeit und ich möchte wissen, was mit dir los ist. Oder ist es wegen Torsten?“
„Nein, Torsten hat damit nichts zu tun. Wir sind nur locker befreundet, weiter läuft da nichts.“ Hannelore grinste in einer Art, als würde sie es besser wissen. Sie trug heute eine Kombination aus braunem Cord. Die kurze Jacke passte zur engen Hose , die jedoch nach unten hin immer weiter wurde, um in einem weiten Schlag um ihre Knöchel zu spielen. Sie sah einfach toll aus, fand Rebecca. Und so modisch! Irgendwie hatte sie es geschafft, ihre Sommersonnenbräune zu konservieren, obwohl es nun schon fast Dezember war.
Ja, es stimmte, sie hatte ihre Freundin in der letzten Zeit tatsächlich etwas vernachlässigt. Sie grübelte darüber nach, wie das passieren konnte. War es vielleicht wegen Tamara? Immer, wenn sie mit jemandem reden wollte, ging sie neuerdings zu Tamara. Die konnte einfach dasitzen und zuhören und verstand sie sofort. Bei Hannelore und ihr dagegen kam es häufig zu Missverständnissen. Rebecca fasste einen Entschluss.
„Hannelore, ich möchte dir jemanden vorstellen, demnächst mal. Eine richtig liebe Freundin.“ Überrascht blickte Hannelore auf.
„Aha, daher weht der Wind also. Du hast eine andere!“, sagte Hannelore in ihrer gewohnt schlagfertigen Art und beide brachen in Gelächter aus.
„Wenn ich wieder fit bin, statten wir Tamara einen Besuch ab. Du wirst sie sicher mögen.“
„Auf welche Schule geht Tamara denn?“, fragte Hannelore. Rebecca grinste sie schelmisch an.
„Auf gar keine“, sagte sie. „Lass dich doch einfach überraschen.“
Oje! Ob das jetzt eine so gute Idee war? Was, wenn Hannelore Tamara nicht mag, schon allein wegen ihres Alters?
Die Schule war der Horror an diesem Vormittag und diesmal hatte ausnahmsweise mal nicht der Physikunterricht damit zu tun. Ihre Körpertemperatur schien von Stunde zu Stunde weiter anzusteigen, aber sie wollte den Unterricht unbedingt durchstehen. Um jeden Preis!
Als es endlich nach der letzten Stunde schellte, stand Rebecca erlöst auf. Sie war inzwischen kaum noch ansprechbar und wollte nur noch nach Hause in ihr Bett.
Sie muss schrecklich ausgesehen haben, denn ihre Mutter erschrak ganz fürchterlich, als sie die Tochter erblickte.
„Also, wenn du jetzt nicht in dein Bett gehst..“
„Ist gut, ich geh ja schon.“
Ihre Mutter brachte ihr, kurz nachdem sie sich umgezogen und ins Bett gelegt hatte, eine Tasse Tee ans Bett und Rebecca war zum Heulen zumute. Dieser dumme Streit.
Die Mutter setzte sich zu ihrer Tochter ans Bett und steckte ihr ein Fieberthermometer in den Mund. Sie streichelte Rebecca über das Haar
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