Die alte Villa (German Edition)
und schaute besorgt.
„Mein Gott, Kind, du hast über 39 Fieber“, rief sie nach einem Blick auf das Thermometer.
Am nächsten Tag sah es noch viel schlimmer aus und ein Arzt wurde gerufen. Dieser diagnostizierte einen Infekt und meinte, Rebecca müsste Penicillin bekommen, da ihr Hals stark entzündet war.
Am Nachmittag kam Hannelore vorbei. Sie blieb nur kurz, weil Rebecca total erschöpft in ihrem Bett lag, versprach aber, in den nächsten Tagen wieder zu kommen.
Die ganze Woche musste Rebecca im Bett bleiben und auch das Training musste sie am Montag ausfallen lassen. Sie war sehr traurig, dass sie Torsten jetzt nicht mehr sehen konnte und schickte ihm über Fred eine Nachricht. Und auch den Zettel, den sie im Wald gefunden hatte, konnte sie Torsten jetzt nicht mehr zeigen.
Mit ihrer Mutter verstand sich Rebecca jetzt wieder ein wenig besser.
23. November 1979
Am Ende der Woche überbrachte Hannelore bei einem ihrer Krankenbesuche die gute Nachricht: Im nächsten Halbjahr käme Herr Schimmelpfennig zurück, was bedeutete, dass sie Herrn Kelbel nicht mehr in Physik haben würden!
Rebecca strahlte. Würde nun alles endlich wieder normal sein, so wie früher, als sie Herrn Kelbel noch nicht kannte? Im Grunde wusste sie die Antwort längst.
Am Abend setzte sich die Mutter an Rebeccas Bett. Sie hatte das alte Fotoalbum in der Hand und gab es Rebecca.
„Ich glaube, ich bin dir einige Erklärungen schuldig.“
Rebecca schaute ihre Mutter erwartungsvoll an.
„1947 , nur wenige Jahre nach Kriegsende starb meine Mutter“, begann sie. „Sie war sehr krank, schon viele Jahre lang, und erst drei Jahre zuvor war unser Vater im Krieg gefallen.“
Die Mutter schwieg einen Moment. Es fiel ihr sichtlich schwer, über die damaligen Geschehnisse zu sprechen.
„Hier in unserer Stadt hatte es zu Kriegsende einen schweren Bombenangriff gegeben. Es war alles so chaotisch. Schon kurz nachdem die Mutter beerdigt war, kam ein Mann in unser Haus und sagte, dass er unser Vormund sei. Ich weiß bis heute nicht, was für ein Mann das gewesen ist. Ich habe ihn nie zuvor gesehen, aber er versprach, sich um uns zu kümmern. Um Greta und mich.“
Das war das erste Mal, dass sie ihre Mutter von ihrer Tante sprechen hörte, dass sie ihren Namen nannte.
„Wir wurden getrennt. Ich kam in ein Heim im Sauerland, also ganz in der Nähe und ich wusste nicht, wo man Greta hinbrachte. Sie war ja erst vier Jahre alt..., die Kleine.“
Rebecca sah, wie sich die Augen ihrer Mutter mit Tränen füllten und diese sich bemühte, nicht die Fassung zu verlieren.
„Nach diesem schrecklichen langen Krieg war man einfach nur froh, wenn man ein Dach über dem Kopf hatte und genug zu essen. Es gab zwar nicht viel in dem Heim, aber es reichte zum Überleben. Ich habe Gesa gebeten, meine paar Habseligkeiten, darunter auch ein paar Möbelstücke von meiner Mutter , eine Kiste mit einigen alten Briefen und dem Fotoalbum, welches du auf dem Speicher gefunden hast, aufzubewahren, bis ich wieder zurückkäme. Schon nach ein paar Monaten kam Tante Gertrud in das Heim und ich hatte das große Glück, dass sie mich mitnahm und adoptieren konnte. Ich wusste nicht, was aus Greta geworden ist. Sie schien wie vom Erdboden verschluckt. Ich bin zu den Ämtern gerannt, aber dort konnte man mir nicht weiterhelfen. Dann kam ein Brief mit der Nachricht, dass Greta gestorben wäre.“
Die Mutter schluchzte laut auf und ein Weinkrampf schüttelte ihren Körper. Es dauerte einige Minuten, bis sie sich wieder so weit im Griff hatte, um weiter reden zu können.
„Dann, eines Tages stand dieser Jeremy hier bei uns vor der Tür. Er brachte mir das Foto von Greta, das du in dem Album gesehen hast und er erzählte mir, dass Greta in einer Anstalt wäre.“
Die Tränen liefen jetzt hemmungslos über das Gesicht von Rebeccas Mutter und sie schluchzte laut.
Rebecca wagte eine Frage zu stellen.
„Mama, was war denn mit Greta los? Du hast sie doch in der Klinik besucht?“
„Ja, es war so furchtbar. Sie war mir so fremd und sie redete ganz verworren. Am Ende wollte sie mich auch noch schlagen. Sie fing an zu brüllen und sagte, ich hätte ihr Kind umgebracht.“
Sie schaute jetzt ihrer Tochter direkt ins Gesicht. „Das war nicht mehr meine Schwester, Rebecca! Glaub mir, sie war es nicht mehr. Meine kleine Greta... sie war es einfach nicht!“
Rebecca legte sich zurück auf ihr Bett und starrte die Decke an. Sie war durcheinander und wusste nicht, was
Weitere Kostenlose Bücher