Die alte Villa (German Edition)
enthielt einen ansehnlichen alten Baumbestand. Ein geschlängelter Weg, den man vom Schnee säuberlich befreit hatte, führte sie bis zur breiten Eingangstreppe und dort oben öffnete sich abermals eine Glastür mittels eines automatischen Bewegungsmelders.
Hinter einer kleinen niedrigen Empfangstheke saß eine Krankenschwester, die sie anlächelte und ihnen mitteilte, dass Dr. Bekell jeden Augenblick kommen müsse.
Torsten legte seinen Arm um Rebeccas Schultern.
Jeremys Gesichtsausdruck wirkte wie versteinert und Rebecca vermutete, dass er mindestens so nervös wie sie selber war.
Er hatte gefragt, ob er mitkommen dürfe, was ihm selbstverständlich niemand verwährt hatte. Von ihnen dreien war Jeremy immerhin der einzige, der ihre Tante überhaupt kannte. Als ihr Adoptivbruder muss er außerdem irgendwann einmal eine sehr enge Beziehung zu ihr gehabt haben.
Nach ein paar Minuten Wartezeit öffnete sich eine Glastür am anderen Ende des kleinen Foyers und ein Mann kam mit energischen Schritten auf sie zu. Er rief der Schwester hinter der Theke ein paar Anweisungen zu und diese nickte eifrig, dann wandte er sich lächelnd an die kleine wartende Gruppe.
„Bekell“, stellte er sich vor.
Dr. Bekell war ein Mann etwa um die 50 herum. Groß und sehr schlank wirkte er beinahe etwas hager und dennoch durch und durch dynamisch. Er hatte dunkles kurzgeschnittenes Haar und ein gewinnendes Lächeln.
„Bitte folgen Sie mir doch in mein Büro“, sagte er und setzte sich s ogleich in Bewegung.
Sie hatten einige Mühe, mit ihm Schritt zu halten. In seinem hellen und geräumigen Büro rückte er rasch drei Stühle für sie zurecht und sagte dann an Rebecca gewandt:
„Sie sind sicher die Nichte von Frau Reutlin.“
„Ja“
„Ich habe ihrer Tante erzählt, dass sie kommen und sie auch schon ein wenig darauf vorbereitet. Es wird sicher das Beste sein, wenn sie erst einmal nur alleine zu ihr gehen und besser auch nicht zu lang. Wir können jetzt noch nicht wissen, wie sie Ihren Besuch aufnehmen wird und ich möchte die guten Erfolge der Therapie nicht gefährden.“
Er lächelte.
Rebecca nahm all’ ihren Mut zusammen. „Können Sie mir nicht einiges über meine Tante erzählen? Ich meine über ihre Krankheit. Wie steht es denn um sie?“
Dr. Bekell atmete tief durch, so als müsste er nun etwas weiter ausholen.
„Ihre Tante befand sich in einem sehr schlechten Zustand, als ich die Leitung der Bergklinik übernahm. Das war vor etwa 15 Jahren. Die verordnete Medikamentenmenge war zu hoch und in keinster Weise auf die Patientin abgestimmt gewesen, auch kümmerte sich damals niemand angemessen um sie. Wir mussten sie komplett neu einstellen und inzwischen machen sich erste Erfolge bemerkbar, so dass sie jetzt auch die meiste Zeit ansprechbar ist.“
Rebecca atmete innerlich auf.
Man kann sie also ansprechen, dachte sie ..und sie würde nicht wie ein Tier um sich schlagen...
„Dann möchte ich jetzt gerne zu ihr gehen“, sagte Rebecca.
„Gut“, sagte Dr. Bekell und erhob sich. Sie verließen sein Büro und er bat die beiden Männer, doch so lange in der Eingangshalle zu warten.
Dr. Bekell führte Rebecca in einen anderen Teil der Klinik.
Als der Doktor endlich vor einem Zimmer stehen blieb, klopfte Rebecca das Herz plötzlich bis zum Halse.
Der Arzt ihrer Tante fasste nach dem Türgriff.
„Ihre Tante ist ein sehr scheuer Mensch. Erwarten Sie nicht zuviel von dem ersten Besuch. Es kann sein, dass sie Sie einfach ignorieren wird“, sagte er und öffnete kurz darauf die Tür. Rebecca trat langsam und vorsichtig in den Raum.
Dort saß sie! Sie trug ihre langen blonden Locken offen und sah verträumt aus dem Fenster. Dann wandte sie sich zu ihnen um und Rebecca blieb vor Freude und Schreck zugleich der Mund offen stehen. Das war wirklich haargenau die Frau, die sie in ihrem Traum gesehen hatte! Und sie war wunderschön! Sie hatte mit einer kranken, gebrochenen und viel älteren Frau gerechnet. Aber natürlich, fiel es ihr in dem Moment ein. Sie war ja 12 Jahre jünger als ihre Mutter, müsste demnach erst 36 oder 37 Jahre alt sein.
Rebecca ging einige Schritte in den Raum hinein auf ihre Tante zu und diese schaute sie lächelnd an. Dann meinte sie, ein seltsames Erstaunen auf Gretas Gesicht wahrzunehmen und sie bekam ein wenig Angst. Wieso blickte Greta sie so eindringlich an? Sie würde doch keinen Anfall bekommen?
„Hallo“, sagte Rebecca leise. „Greta!“
Greta erhob sich plötzlich
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