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Die Ameisen

Die Ameisen

Titel: Die Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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entomologischen Labor Nr. 326 des Nationalen Forschungszentrums in Fontainebleau und unter-hielt sich mit Prof. Daniel Rosenfeld, einem gutaussehenden, freundlichen, überaus redegewandten alten Herrn mit einem Pferdeschwanz.
    »Das Insekt verunsichert uns, es ist kleiner und zarter als wir, und dennoch trotzt es uns, es bedroht uns sogar. Im übrigen, wenn man es recht bedenkt, landen wir zu guter Letzt alle in den Mägen der Insekten. Denn es sind die Maden, die Larven der Fliegen also, die sich an unseren sterblichen Überresten gütlich tun …«
    »Daran hatte ich nicht gedacht.«
    »Das Insekt wurde lange als die Inkarnation des Bösen angesehen. Beelzebub, eine der Ausgeburten der Hölle, wird zum Beispiel mit einem Fliegenkopf dargestellt. Das ist kein Zufall.«
    »Die Ameisen haben einen besseren Ruf als die Fliegen.«
    »Je nachdem. Das ist von Kultur zu Kultur verschieden. Im Talmud sind sie das Symbol der Rechtschaffenheit. I m tibetanischen Buddhismus repräsentieren sie die Lächerlichkeit des materiellen Strebens. Die Bauli (??) an der Elfenbeinküste glauben, daß eine schwangere Frau, die von einer Ameise gebissen wird, ein Kind mit einem Ameisenkopf zur Welt bringt. Manche polynesischen Stämme hingegen halten sie für winzige Gottheiten.«
    »Edmond hatte doch vorher über Bakterien gearbeitet.
    Weshalb hat er damit aufgehört?«
    »Weil er seine Forschungen auf dem Gebiet der Insekten, und ganz besonders der Ameisen, tausendmal spannender fand.
    Und wenn ich ›Forschungen‹ sage, dann meine ich damit ein totales Engagement. Niemand anders als er hat das Gesuch zum Verbot der Spielzeugameisenhaufen eingereicht, jener Plastikdosen mit einer Königin und sechshundert Arbeiterinnen, die in den Supermärkten verkauft wurden. Und er hat sich dafür eingesetzt, Ameisen als ›Insektizide‹ zu verwenden. Er wollte, daß systematisch Städte roter Ameisen in den Wäldern eingerichtet werden, um sie von Parasiten zu befreien. Das war gar nicht so dumm. Schon früher hat man Ameisen benutzt, um die Raupen des Prozessionsspinners an den italienischen Kiefern und die Pamphiliide (??) der polnischen Tannen zu bekämpfen, zwei Schädlinge, die ganze Wälder heimsuchen.«
    »Die Insekten gegeneinander aufzuhetzen, war das seine Idee?«
    »Mmmh … Er nannte das ›sich in ihre Diplomatie einmischen‹. Im letzten Jahrhundert ist mit den chemischen Insektiziden dermaßen viel Unfug angestellt worden. Man darf die Insekten nie frontal angreifen, und erst recht darf man sie nicht unterschätzen und hoffen, sie zu bezwingen, wie man es mit den Säugetieren gemacht hat. Das Insekt hat beispielsweise eine Parade gegen sämtliche chemischen Giftstoffe: den Mithridatismus. Daß man es immer noch nicht geschafft hat, der Heuschreckenplage Herr zu werden, wissen Sie, das liegt daran, daß sie sich an alles gewöhnen, diese Teufelchen.
    Pumpen Sie sie mit Vertilgungsmittel voll, zu neunundneunzig Prozent krepieren sie, aber ein Prozent überlebt. Und dieses eine Prozent ist nicht nur immunisiert, sondern bringt kleine Heuschrecken zu Welt, die zu hundert Prozent gegen dieses Insektizid ›geimpft‹ sind. So hat man vor zweihundert Jahren den Fehler begangen, ständig die Giftigkeit der Produkte zu erhöhen. So daß sie mehr Menschen als Insekten töteten. Und wir haben hyperresistente Insektenstämme geschaffen, die imstande sind, die giftigsten Stoffe ohne jeden Schaden zu konsumieren.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß es kein wirksames Mittel gibt, die Insekten zu bekämpfen?«
    »Überzeugen Sie sich selbst. Es gibt immer noch Mücken, Heuschrecken, Rüsselkäfer, Tsetsefliegen – und Ameisen. Sie widerstehen allem. 1945 hat man festgestellt, daß einzig die Ameisen und die Skorpione die nukleare Explosion überlebt haben. Sogar daran haben sie sich gewöhnt!«
     
    Nr. 327 hat das Blut einer Zelle des Volkes vergossen. Er hat seinem eigenen Organismus schlimmste Gewalt angetan. Das hinterläßt einen bitteren Beigeschmack. Aber hatte er eine andere Wahl, wo er doch überleben mußte, um als Hormon der Information seinen Auftrag zu erfüllen?
    Nur weil man versucht hat, es zu töten, hat es selbst getötet.
    Das ist eine Kettenreaktion. Wie der Krebs. Wenn sich das Volk ihm gegenüber unnormal verhält, ist es gezwungen, ebenso zu handeln. Es muß sich mit diesem Gedanken vertraut machen.
    Es hat eine Schwesterzelle getötet. Es wird vielleicht weitere töten.
     
    »Aber was hat er in Afrika gewollt? Ameisen gibt

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