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Die Ameisen

Die Ameisen

Titel: Die Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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den blutroten Ameisen einen wertvollen Passierschein für das gesamte Gebiet der Föderation überlassen. Aber ans Ende der Welt zu gelangen und von dort zurückzukehren, dafür ist kein Preis zu hoch …
    Ihre Gastgeber führen sie zu dem einige Zweige höher gelegenen Lagerplatz. Das hat keinerlei Ähnlichkeit mit allem, was sie kennen. Die blutroten Ameisen, die sich aufs Weben und Nähen verstehen, haben ihr provisorisches Nest errichtet, indem sie die Ränder dreier großer Blätter des Haselnuß-
    strauchs zusammengenäht haben. Eines dient als Boden, die beiden anderen als Seitenwände.
    Nr. 103 683 und Nr. 4000 beobachten eine Gruppe von Weberinnen, die damit beschäftigt sind, das »Dach« vor Einbruch der Dunkelheit zu schließen. Sie wählen ein Blatt aus, das als Deckel dienen wird. Um dieses Blatt mit den drei anderen zu verbinden, bilden sie eine lebende Leiter. Dutzende von Arbeiterinnen stapeln sich übereinander, bis sie einen kleinen Berg ergeben, von dem aus man das oberste Blatt erreichen kann.
    Der Stapel bricht mehrmals zusammen. Er ist zu hoch.
    Darauf wenden die blutroten Ameisen eine andere Methode an. Eine Gruppe von Arbeiterinnen schwingt sich auf das Blatt, das als Decke dienen soll, bildet eine Kette, die sich festklammert und am äußersten Rand des Blattes hängt. Die Kette läßt sich herab, läßt sich weiter herab, um sich mit der lebenden Leiter zu verbinden, die unten wartet. Das ist immer noch zu weit, also wird die Kette an ihrem Ende von einer Traube blutroter Ameisen beschwert.
    Fast reicht es, der Stengel des Blattes hat sich durchgebogen.
    Es fehlen mir noch ein paar Zentimeter auf der rechten Seite.
    Die Ameisen der Kette nehmen eine Pendelbewegung vor, um den Zwischenraum zu überbrücken. Bei jedem Schwingen dehnt sich die Kette, sie scheint zu reißen, aber sie hält.
    Endlich vereinigen sich die Mandibeln der Akrobaten oben und jener unten: Klack!
    Zweiter Schritt: Die Kette schrumpft zusammen. Die Arbeiterinnen in der Mitte verlassen mit äußerster Vorsicht ihren Platz, steigen auf die Schultern ihrer Kolleginnen, und alle ziehen, um die beiden Blätter zusammenzubringen. Das obere Blatt sinkt Stück für Stück tiefer, verteilt seinen Schatten über das Dorf.
    Sicher, die Kiste hat ihren Deckel, doch jetzt gilt es, sie zu verschweißen. Eine alte blutrote Ameise stürzt in das Innere eines Hauses. Als sie wieder hervorkommt, schwenkt sie eine große Larve. Das ist das Webgerät.
    Die Ränder werden genau zusammengefügt, man achtet darauf, daß keine Löcher entstehen. Dann wird die frische Larve herbeigebracht. Die Ärmste war gerade im Begriff, ihren Kokon zu fertigen, um in aller Ruhe heranzuwachsen. Man läßt sie nicht mehr dazu kommen. Eine Arbeiterin greift einen Faden aus diesem Knäuel und beginnt es abzuwickeln. Mit ein wenig Speichel klebt sie das Ende an ein Blatt und reicht den Kokon ihrer Nachbarin weiter.
    Die Larve spürt, daß man ihr ihren Faden entreißt, und produziert einen neuen, um den Verlust auszugleichen. Je mehr man sie entblößt, um so kälter wird ihr und um so mehr Seide scheidet sie aus.
    Die Arbeiterinnen reichen sich dieses lebende Webschiffchen von Mandibel zu Mandibel weiter und sparen dabei nicht an Garn. Wenn ihr Kind vor Erschöpfung stirbt, nehmen sie ein anderes. Zwölf Larven werden allein bei dieser Arbeit geopfert.
    Nach einer Weile ist auch der zweite Rand der Decke verschlossen. Das Dorf bietet jetzt den Anblick einer grünen Kiste mit weißen Kanten. Nr. 103 683, die fast wie zu Hause darin herumwandert, fallen einige schwarze Ameisen inmitten der Menge der blutroten auf. Sie kann es sich nicht verkneifen, Fragen zu stellen.
    Sind das Söldner?
    Nein, das sind Sklaven.
    Die blutroten Ameisen sind doch gar nicht als Sklavenhalter bekannt … Eine von ihnen erklärt, daß sie kürzlich einer Horde von sklavenhaltenden Ameisen begegnet seien, die auf dem Weg nach Westen waren, und daß sie eine Anzahl Eier von schwarzen Ameisen gegen ein tragbares gewebtes Netz eingetauscht hätten.
    Nr. 103 683 läßt so schnell nicht locker und fragt ihre Gesprächspartnerin, ob die Begegnung danach nicht in einen Kampf umgeschlagen sei. Nein, antwortet die andere, die fürchterlichen Ameisen seien bereits gesättigt gewesen, sie hatten schon viel zu viele Sklaven, außerdem hätten sie Angst vor dem tödlichen Stachel der blutroten gehabt.
    Die aus den eingetauschten Eiern hervorgegangenen schwarzen Ameisen hatten die Duftausweise ihrer

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