Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
morgigen Pflichtbesuch dachte, so war es doch wenigstens ein Anhaltspunkt, der ihn aus seiner Schmerzschleife reißen konnte.
Den Rest des Tages starrte er auf den Fernseher, trank drei Flaschen Mineralwasser aus und beobachtete stumpf die flackernden Bilder künstlichen Lebens, ohne wirklich etwas zu sehen. Das klappte nicht gut als Ablenkung, weil seine Gedanken immer wieder in gefährliche Bahnen abdrifteten. Daher zwang er sich, seine Konzentration nur auf den Monitor zu richten und jede der dargestellten Geschichten mitzuerleben, nur um nicht an sein eigenes Lebensdrehbuch zu denken, welches ihm nur die miesen Rollen zugestand.
Sein erschöpfter Körper forderte seinen Tribut, ließ ihn zwischendurch wegdämmern, doch er wachte nach wenigen Minuten immer wieder auf. Wirklicher Schlaf wollte nicht kommen.
Später am Tag schreckte er aus diesem Halbschlaf hoch und spürte, dass das ganze Wasser, das er brav getrunken hatte, wieder hinauszugelangen trachtete. Finn ging ins Badezimmer und gab dem Wunsch nach. Als er die Spülung betätigte, fiel sein Blick zufällig in den Spiegel und er zuckte betroffen zusammen.
An den Anblick der halbmondförmigen Narbe an seinem Hals hatte er sich gewöhnt, unter dem Kragen jedoch entdeckte er eine weitere feine, dünne rote Linie.
Stimmt. Finn erinnerte sich an die merkwürdigen Wunden. Er hatte nicht mehr daran gedacht, da sie auch nicht mehr schmerzten. Vorsichtig öffnete er den Kragen und besah sich die Linie genauer. Sie begann am Halsansatz und verschwand unter seinem Hemd. Entschlossen streifte er das Hemd ab, drehte sich mit dem Rücken zum Spiegel und versuchte, über die Schulter einen Blick auf seinen Rücken zu werfen.
Bestürzt sog Finn scharf die Luft ein, als er das volle Ausmaß entdeckte. Keine der Wunden war tief, sie hatten sich alle geschlossen und leuchteten in einem rötlichen Farbton. Nebeneinander verliefen vier rote Linien von seiner linken Schulter quer über den Rücken und endeten unregelmäßig. Weiter unten gab es wiederum vier weitere rote Linien, die tiefer begannen und die unter dem Bund seiner Hose verschwanden.
Finn schluckte hart und spürte, wie sich etwas in seiner Erinnerung regte, etwas, das ihm zuvor verborgen gewesen war. Dünne, rote Linien. Vier Linien, die fast parallel verliefen. Fast wie ... wie Krallenspuren!
Erschrocken wirbelte Finn herum und starrte sich im Spiegel an.
Krallenspuren! Vor seinem Auge erschien sofort das Bild einer gekrümmten, klauenartigen Hand, die auf seiner Schulter gelegen hatte. Erinnerungsfetzen wirbelten plötzlich durch seinen Geist, als seine unterdrückte Erinnerung schlagartig zurückkehrte.
Der Dämon! Er war da gewesen. Er war noch einmal bei ihm gewesen nachdem er mit Dave … Oh, Himmel!
Finn stöhnte laut auf und krampfte seine Hände um das Waschbecken. Entsetzt stierte er sein Spiegelbild an. Der Dämon! Er hatte ihn zunächst für Dave gehalten, bis er die Klaue auf seiner Schulter bemerkt hatte.
Der Dämon hatte ihn überrumpelt. Er war über ihm gewesen, auf ihm, sein schwerer Körper hatte sich von hinten an ihn gedrückt. Finn schloss entsetzt die Augen vor den aufflammenden Bildern, die ihn sofort tiefrot anlaufen und sein Herz in Höchstgeschwindigkeit pulsieren ließen.
Oh verdammt! Es musste doch irgendwo eine tiefe Höhle geben, in der er sich verstecken konnte? Die Scham drohte ihn zu erdrücken. Er erinnerte sich, erinnerte sich leider wieder an alles!
Der verfluchte Dämon! Er hatte ihn nicht in Ruhe gelassen! Er war wieder gekommen und er hatte ihn durchgevögelt, dass Finn Hören und Sehen vergangen waren. Wie hatte er das vergessen können?
Der Dämon war in ihn eingedrungen, hatte sich in ihm versenkt und Finn hatte ihn gelassen, hatte es sogar genossen! Sein Körper erinnerte sich augenblicklich an die ungeheure Lust, die der Dämon ihm bereitet hatte, das Wechselbad aus Angst, Schmerz und Ekstase. Und auch wenn er gerade vor Scham beinahe im Erdboden versank und ihm das Blut kochend heiß und rot in die Wangen stieg, fühlte er im gleichen Atemzug, wie sich sein Unterleib regte, sein Glied sich versteifte und ein verlangendes Pochen seine Lenden erfüllte.
Verdammt! Verdammt! Verdammt!
Wieso hatte er das geschehen lassen?
Finn erinnerte sich genau. Er hatte sich nicht gewehrt, er hatte es zugelassen. In dieser dunklen, sinnlichen Stimme war ein solch fesselndes Versprechen gewesen, dass tief in Finn etwas darauf reagiert hatte. Sehnsucht fern jeden
Weitere Kostenlose Bücher