Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
Geräusche zu hören, die ein wenig erstickt klangen. Was war mit Finn los? Nervös lauschte Roger.
„Ja“, log Finn schließlich erneut, als er es endlich geschafft hatte, den widerspenstigen Kloß in seiner Kehle hinunterzuschlucken. Seine schwache Stimme verriet ihn dennoch, und ohne dass er es verhindern konnte, tropften verräterische Tränen über seine Wange.
„Du klingst irgendwie ganz komisch“, bemerkte Roger denn auch besorgt. Er kam auch rasch drauf, was mit Finn nicht in Ordnung war. „Weinst du etwa?“ Rogers Stimme klang verblüfft und schlug in einen alarmierten Ton um. „Was ist los? Was ist passiert?“
Finn schüttelte verzweifelt den Kopf. Verdammt! Wieso habe ich mich nicht besser im Griff? Muss es ausgerechnet Roger sein, vor dem ich jetzt anfange zu flennen?
Er konnte es ihm nicht sagen. Wenn er den Mund aufmachte, würde er haltlos schluchzend zusammenbrechen! Warum, verflucht, war er ans Handy gegangen?
„N ... nichts“, nuschelte er, bemüht, den Mund so geschlossen wie möglich zu halten, keinen verräterischen Laut von sich zu geben.
Verdammt, hab dich mehr unter Kontrolle! Du bist ein Mann, ermahnte ihn sein Verstand. Leider war Finn auch klar, dass Roger nachbohren würde.
„Du klingst nicht nach „Nichts“. Was ist los, verdammt?“ Roger klang ärgerlich. Finn sah ihn vor sich, wie er seinen Pferdeschwanz zurückwarf und die Stirn runzelte. „Hat es was mit ... deinem Freund zu tun?“, erkundigte er sich.
Treffer, versenkt! Dankeschön, das brauchte ich jetzt, schluchzte Finn los und sackte an der Wand hinunter. Konnte Roger durchs Telefon sehen? Wieso wusste der so genau, was los ist?
„Finn? Verflucht, jetzt rede doch! Was ist mit dir los?“ Roger klang jetzt drängend und mehr als besorgt.
„Weg!“, würgte Finn nur hervor, hatte das Gefühl, ersticken zu müssen. „Er ist weg. Einfach gegangen.“ Zu spät. Das Ventil war geöffnet und die Wassermassen strömten reichlich hinaus. Er konnte sie nicht mehr zurückhalten. Ausgerechnet vor Roger musste er nun hemmungslos heulen! Wie wirkte das denn? Was musste der von ihm denken?
„Weg? Wer? Dein ... Freund?“ Es schien Roger eigenartig schwer zu fallen, das Wort auszusprechen.
„Ja“, hauchte Finn. „Ja! Und ja. Weg. Einfach Schluss gemacht.“ Oh Hölle, tat das weh!
Am anderen Ende der Telefonleitung wurde es eine ganze Weile sehr still. Roger überlegte krampfhaft, was er sagen könnte.
„Shit“, brachte er schließlich hervor und hoffte inständig, dass seine Stimme neutral klang, bedauernd und nicht ... freudig. Also hatte Finn Liebeskummer. Und zwar richtig heftig, wie es klang. Nun ja, bei dem tollen Typen kein Wunder. Wenn so jemand einem den Laufpass gab, würde sich vermutlich fast jeder einen Strick nehmen. Erschrocken zuckte Roger zusammen. Finn doch wohl nicht? Nein! Auch wenn er gerade heulte wie ein Schlosshund, traute ihm Roger das nicht zu. Finn wirkte viel zu vernünftig, hoffte er zumindest. Andererseits hatte er ihn auch zuvor unterschätzt und ihm auch nie einen solchen Traumtypen als Freund zugetraut.
„Was ist denn bei euch passiert?“, fragte Roger vorsichtig nach.
Wenn ich das selbst so genau wüsste ... dachte Finn verzweifelt und schluchzte auf. Ich habe es gewagt, ihm zu sagen, dass ich ihn liebe. Anscheinend ein unverzeihliches Verbrechen.
„Habt ihr euch gestritten? War er ...“, Finn hörte genau, wie Roger sich überwinden musste nachzufragen, „… war das was Ernstes zwischen euch?“
Was Ernstes? Ja, verdammt! Leider wohl nur von meiner Seite aus . Wie sollte er das Roger in wenigen Worten, denn zu mehr reichte seine Selbstbeherrschung nicht, nur erklären?
„Das dachte ich. War aber ... wohl nicht so“, quetschte Finn irgendwie hervor und wünschte sich, dass Roger einfach auflegen, ihn allein lassen würde. Er konnte und wollte nicht darüber reden. Reden machte alles wahr und präsent. „Kann nicht ...“, brachte er stockend, sehr leise hervor. „Ich kann noch nicht darüber reden, Roger.“
„Klar“, lenkte der sofort hastig ein. „Kann ich verstehen.“ Roger verzog das Gesicht. Sonst Finn schluchzte jetzt laut und vernehmlich. Roger schluckte hart. „Würde mir nicht anders gehen. Hör zu, es tut mir wahnsinnig leid“, log er. „Wenn du ... also wenn du reden willst … äh. Du kannst mich jederzeit anrufen, okay? Und wenn ich vielleicht … vorbeikommen soll ...“, Roger brach ab und hoffte, dass er nicht zu weit gegangen
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