Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
dass Dave seine Drohung wahr machen würde, wenn er versuchen sollte, dem Mirjahn nahe zu kommen. Es gab hier ohnehin zu viele Menschen und Russell konnte sich im Tageslicht nicht komplett in die Dämonengestalt umwandeln. Daher beobachtete er nur.
Russell seufzte unzufrieden mit seinen Beschränkungen. Selbst wenn er ein vollwertiger Dämon wäre, würde er nicht riskieren, sich mit Dave anzulegen. Vor dem alten Dämon hatte nicht nur seine menschliche Seite, sondern auch seine dämonische wirklich großen Respekt. Dave war eben Dave. Einer der Ältesten und sicherlich einer der gefährlichsten von ihnen. Er hatte absolut keine Intention, sich von ihm zerreißen zu lassen.
Russell war im Grunde schon klar, dass er alleine nicht an den Menschen herankommen würde. Daher wollte er möglichst viel über ihn in Erfahrung bringen, bevor er vor die Anderen trat. Immerhin bestand die Gefahr, dass sie ihn nicht ernst genug nahmen. Das wäre fatal. Manche Dämonen unterschieden kaum zwischen Menschen und Halbdämonen. Zwar würden sie ihn vielleicht nicht unbedingt töten, wenn er vor sie trat - immerhin war er irgendwie schon einer von ihnen - allerdings hatten sie gewöhnlich keinerlei Respekt vor solchem Abschaum wie ihm, einem halben Menschen, das Resultat eines dämonischen Fehlers.
Nun, er hatte auch keine Lust, von ihnen zerfetzt zu werden.
Mit leichtem Schaudern dachte er an die gefürchteten Anderen, denen er bislang überwiegend erfolgreich aus dem Weg gegangen war. Dämonen waren nie gesellig. Jeder jagte für sich und man kam sich möglichst nicht in die Quere.
Russell gestand sich ein, dass er nicht einmal genau wusste, wie viele der Anderen lebten. Sicher war er sich nur bei denen, deren Aufenthaltsort er kannte, oder eher erahnte, denn natürlich konnten sie mittlerweile auch woanders sein. Bei Thubal nahm er allerdings an, dass der Beständigkeit liebte und Traditionen treu blieb. Das war derjenige, an den er sich wenden musste. Russell wusste nicht sehr viel über ihn. Er war fast so alt wie Dave. Und mindestens so gefährlich, wenngleich aus ganz anderem Holz geschnitzt. Russell verzog unwillig das Gesicht und ließ kurz seine Zähne aufblitzen.
Der Mirjahn parierte einen heftigen Angriff des anderen Kämpfers und ging mit mehreren schnellen Schlägen zum Gegenangriff über, was das begeisterte Publikum zu spontanem Applaus animierte. Der junge Mirjahn pausierte kurz und sein Blick huschte irritiert über das Publikum. Russell hielt unwillkürlich den Atem an, als er ihn plötzlich direkt ansah. Wache, hellbraune Augen bohrten sich in seine. Der Blick bannte Russel für Sekunden, machte ihn bewegungsunfähig. Intensiv erkundeten diese Augen scheinbar sein Innerstes und er konnte nicht umhin, zu zittern. Er spürte das Erbe, fühlte, wie es die Finger nach seinem dämonischen Anteil ausstreckte, sich kalt um sein Herz schloss. Zur Hölle, der Mirjahn konnte ihn sehen!
Entsetzt registrierte Russell, dass er ihn genau musterte, sein Blick glitt nicht an ihm vorbei, wie es bei den meisten Menschen der Fall war, wenn Russell sich unter ihnen versteckte. Er konnte sie beeinflussen, sodass sie ihn einfach übersahen und dank seiner Aura trat ihm auch keiner zu nahe. Aber dieser Mirjahn hatte ihn offensichtlich gerade entdeckt.
Dämonenjäger!
Ganz kurz schoss Russell der Name durch den Kopf. Das Geschlecht der Mirjahns war angeblich seit mehreren hundert Jahren ausgestorben. Den letzten von ihnen hatten die Anderen lange vorher zur Strecke gebracht. Zumindest hatten alle Dämonen geglaubt, es wäre der letzte Mirjahn gewesen. Einige der Mirjahns hatten Dämonen auch in ihrer menschlichen Gestalt erkennen, sogar riechen können.
Russell schluckte kurz, kämpfte eilig die aufkommende Panik nieder. Der Mirjahn sah ihn nur an, machte keine Anstalten, näher zu kommen oder ihn anzugreifen.
Verflucht! Russell zitterte und fühlte sich nackt und hilflos unter seinem Blick. Das durfte einfach nicht sein. Kein wertloser Mensch durfte ihn so direkt sehen, kein Mensch eine solche Gefahr darstellen. Sie waren nur Futter, Fleisch und Blut, Nahrung. Hass erfüllte Russell süß und warm.
Ich werde dafür sorgen, dass du stirbst, Mensch, dachte er. So etwas wie dich darf es einfach nicht geben. Der Mirjahn wandte den Blick ab, als der andere Mann ihn abermals angriff und Russell trat schnell zurück, verschwand in der Menschenmenge, bestrebt, mehr Abstand zwischen sich und den merkwürdigen Mann zu bekommen. Er
Weitere Kostenlose Bücher