Die Anderen - Das Erbe erwacht (German Edition)
abwartend umkreisten. Das Schauspiel zog bald schon weitere Besucher an und unversehens fand sich Finn im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit wieder. Allerdings konzentrierte er sich ganz auf Roger und dessen Bewegungen.
Es gelang ihm heute extrem gut, Rogers Angriffe abzuwehren. Fast schien es ihm, als ob er dessen Bewegungen vorab erahnen konnte und so parierte er nahezu jeden Angriff.
Roger grinste überaus zufrieden. Verdammt, Finn war gut. Der hatte echtes Talent dazu. Wie hatte der das so schnell umgesetzt? Es war fast, als ob sie das Ganze lange einstudiert hätten. Ihr Publikum sah das wohl auch so, denn nachdem Finn einige Attacken abgefangen und nun seinerseits begann, Roger zurückzutreiben, applaudierten die Zuschauer begeistert. Finn unterbrach überrascht ihren Kampf und schaute unsicher ins Publikum. Dabei wurde sein Blick ganz plötzlich von einem einzelnen Mann angezogen, der mitten unter den Zuschauern stand, um den sich jedoch eine Lücke gebildet hatte.
Als ob die anderen seine Gegenwart meiden würden, durchfuhr ihn der Gedanke.
Nur für einen kurzen Moment erhaschte Finn einen direkten Blick auf den drahtigen, dunkel gekleideten Mann, der ihn mit stechenden Augen musterte, in denen ein merkwürdiges Licht zu funkeln schien. Etwas in Finn ballte sich zusammen und er hatte das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung. Seine Narbe begann zu jucken, das Schwert fühlte sich plötzlich warm, beinahe lebendig an.
Bevor Finn jedoch weiter darüber nachdenken konnte, griff Roger ihn an. Rasch wich Finn zurück und parierte den Angriff gerade noch rechtzeitig. Roger lachte erfreut über seinen Beinahetreffer auf.
Irritiert wanderte Finns Blick noch einmal ins Publikum, doch der eigenartige Mann war verschwunden. Ein merkwürdiges Gefühl seiner Präsenz blieb zurück. Als ob er noch da wäre, nur nicht mehr zu sehen.
Finn schüttelte irritiert den Kopf und konzentrierte sich erneut auf den Kampf mit Roger, der ihn nun lauernd umkreiste.
So ein Blödsinn. Wahrscheinlich hatte er sich den hasserfüllten Blick des Mannes nur eingebildet. Warum sollte ihm ein total Fremder einen solchen Blick zuwerfen?
Finn zuckte die Schultern und konzentrierte sich auf sein Schwert und Roger.
Dumpf schlugen die unechten Schwerter aufeinander, wenn die zwei jungen Männer sich spielerisch umkreisten und gegenseitig angriffen, auswichen und die Schläge des anderen geschickt parierten. Die Mittagspause war beinahe vorbei und immer mehr Zuschauer fanden sich ein, um diesem unangekündigten Schauspiel zuzusehen und auch viele der Aussteller schauten interessiert herüber. Rings um die beiden Männer hatte sich ein großer Kreis aus Zuschauern und mittelalterlich gekleideten Aktiven gebildet, die atemlos und begeistert zusahen. Die beiden Schwertkämpfer boten ihnen einen wirklich guten, spannenden Kampf.
Mitten in der Zuschauermenge stand Russell völlig bewegungslos und beobachtete den jungen Mann, der Dave so viel zu bedeuten schien. Dieser war recht groß, schlank, eher wenig bemuskelt, mit langen Beinen und Armen. Sein Gesicht wirkte recht weich, gerahmt von hellbraunen, lockigen Haaren. Er war in eine dunkle Hose und ein dunkelblaues Hemd gekleidet. Russell beobachtete jede seiner geschmeidigen Bewegungen und konnte ihm eine gewisse Attraktivität nicht absprechen. Er bewegte sich elegant, wich geschickt aus, konterte ebenso schnell. Er schien Russell durchaus Erfahrung im Kampf zu haben. Ein echter Mirjahn; der Kampf lag ihnen eben im Blut.
Seit gestern Abend beobachtete Russell ihn, war ihm heute von der Wohnung hierher gefolgt, hatte insgeheim gehofft, ihn alleine zu erwischen. Allerdings hatte er diesen Gedanken sofort wieder verworfen. Zum einen wusste er ganz genau, dass Dave in der Nähe war, auch wenn seine Präsenz nur am Rande seiner Wahrnehmung lauerte. Zum anderen war mehr als offensichtlich, dass bei diesem Mirjahn das Erbe erwacht war. Es war Selbstmord, sich als Halbdämon mit einem echten Mirjahn anzulegen.
Russell verzog missmutig den Mund. Irgendwo hier war der alte Dämon. Er spürte ihn genau, wie ein feines, gefährliches Prickeln in seinem Nacken. Vergeblich hatte er versucht, ihn in dem Menschenauflauf auszumachen. Der Andere war für ihn nicht zu riechen und er spürte nur den Hauch seiner Anwesenheit. Mehr als ausreichend für eine gewisse Drohung. Russell war klar, dass er auf diese Weise nicht an den Menschen herankam.
Nur zu genau war er sich bewusst,
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