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Die Anderen IV - Der Weg aus der Dunkelheit (German Edition)

Die Anderen IV - Der Weg aus der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Die Anderen IV - Der Weg aus der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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können, wandte oft genug der Verstand ein, seine innere Stimme arbeitete hingegen zu eng mit seinem Gewissen zusammen und ließ Finn sich immer wieder erfolgreich schuldig fühlen.  
    Das kannst du mittlerweile ganz gut, bemerkte sein Verstand sarkastisch. Macht wohl die Routine.  
    Finn ging den Flur entlang zu seinem Schlafzimmer. Vielleicht würde er diesen Buchladen weiter betreiben, wenn alles vorbei war. Vielleicht war das seine Aufgabe. Wenn nur diese Trostlosigkeit nicht wäre, die nie enden wollende Einsamkeit.
    Auch im Schlafzimmer machte Finn kein Licht. Von draußen schien etwas Mondlicht herein, der Halbmond verschwand allerdings immer wieder hinter den Wolken, die der auffrischende Wind über Lüneburg trieb. Das Fenster war gekippt und frische Luft wehte herein, brachte sommerliche Gerüche mit sich. Im Halbdunkel tastete sich Finn zu seinem Bett.
    Welche Ironie, dass du dir ein Doppelbett gekauft hast, mokierte sich mal wieder sein Verstand. Niemand braucht es weniger als du.  
    Danke, daran werde ich immer wieder gerne erinnert, stöhnte Finn innerlich. Er hatte sich dabei gar nichts gedacht, basta.  
    Stimmt nicht, erinnerte ihn seine, derzeit rasch an Beliebtheit verlierende, innere Stimme. Zu dem Zeitpunkt hast du noch gehofft, dass du irgendwann mal über Dave hinwegkommen könntest. Erinnerst du dich nicht?  
    Zum Glück gelten die Menschenrechte nicht für innere Stimmen, dachte Finn ärgerlich, als er sie knebelte, fesselte und in einen hohen, schwarzen Turm warf, wo er sie nicht mehr hören konnte. Rasch kletterte er unter die leichte Überdecke, zog sie sich bis an die Brust hoch und starrte in die Dunkelheit. Es war Mitte Juli, die Luft draußen, warm und stickig. Hier drinnen war es jedoch angenehm, denn das Haus verfügte über eine Klimaanlage. Finn schloss die Augen, wusste jetzt schon, dass der Schlaf nicht so schnell kommen würde. Aber das war auch gut so.  
    Jede Nacht war er alleine. Niemand neben ihm, egal wie verzweifelt er sich das wünschte. Tagsüber war es leichter; er vergrub sich in die Arbeit, lenkte sich erfolgreich ab. Nachts hingegen war er immer alleine. Auch wenn die Erinnerungen an jeden schönen Moment präsent waren, waren sie kein Trost.
    Finn wollte nicht schlafen. Wenn er schlief, träumte er. Träumte von ihm, von seiner endlosen Suche nach Dave.
    Endlos und vor allem erfolglos, ergänzte die gedämpfte innere Stimme aus ihrem Gefängnis heraus. Wenn Finn schlief, durchwanderte er immer wieder dieses riesige Gebäude mit seinen unendlichen Gängen. Das Gebäude war immer noch leer. Seine Schritte klangen hohl und dumpf von den Wänden wieder. Jedes Mal endete seine Suche an Türen, die in leere Zimmer oder auch in furchtbare Dunkelheit führten, in ein schwarzes Nichts.  
    Im Traum rief er verzweifelt Daves Namen hinein, versuchte die Schwärze zu durchdringen, irgendwo ein Licht zu finden, eine Spur von Grau, irgendetwas in dieser erdrückenden Dunkelheit. Vergebens. Es war immer vergebens. Keine Stimme, kein Licht, nichts. Niemals etwas anderes als Dunkelheit.
    „Dave ...“, flüsterte Finn in die sehr reale Dunkelheit seines Zimmers. Was in etwa den gleichen Effekt hatte, wie in seinen Träumen.
    Er vermisste ihn so sehr. Ein Hauch seiner Präsenz schien immer da zu sein, verborgen irgendwo in Finns Innerem, unerreichbar. Eine Illusion. Verbittert erinnerte sich Finn an das bekannte Sprichwort: Zeit heilt alle Wunden. Er hatte nicht das Gefühl, dass diese Wunde jemals heilen würde. Der Schmerz, der ihn innerlich zerriss, war noch immer ebenso real wie am ersten Tag, betäubte, tötete ihn jeden Tag ein bisschen mehr. Er wurde schwächer, Tag für Tag. Er war so müde, innerlich vollkommen leer. Da war vieles, was die Zeit nicht auslöschen konnte.
    Dave, wenn ich dich nur wieder fühlen könnte, deine Arme um mich spüren dürfte ... Ich würde alles dafür geben, dich bei mir zu haben, bei dir zu sein , flehte Finn in Gedanken. Alles. Ich liebe dich so sehr. Seine Augen brannten, er wusste, dass er die Tränen nicht zurückhalten konnte. Wie jede Nacht. Seit jenem verfluchten Tag. Jede Nacht.  
    Finn legte den Kopf zurück und starrte an die unsichtbare Decke. Eine schwarze Decke in dunkler Nacht. Er versuchte krampfhaft dem Sog der Tränen, die nur trügerische Erleichterung brachten, nicht zu erliegen. Wie jede Nacht vergebens.
    Finn rutschte langsam tiefer in die Kissen, während die Tränen ihm unablässig übers Gesicht liefen. Wie viele

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