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Die Angst der Woche

Die Angst der Woche

Titel: Die Angst der Woche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Krämer
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Schädlingsbekämpfer DDT ausgelösten unbestreitbaren Risiken vermeidet, öffnet man anderen Attacken auf unser Leib und Leben Tür und Tor. Und die sind oft gefährlicher als die zunächst verhinderte Gefahr. Und so haben auch »die Nebenwirkungen des DDT-Verbotes … mit Sicherheit mehr Menschen das Leben gekostet als die Nebenwirkungen des DDT«. Dieses schon weiter oben präsentierte Zitat eines ehemaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft sollte man all den selbstgerechten Umweltaktivisten, die sich um die Folgen ihrer Hysterieaktionen niemals kümmern, mit roter Tinte in das Stammbuch schreiben.
    Oder nehmen wir das Trinkwasser und die Angst vor Chlor. Nach der deutschen Trinkwasserverordnung darf einem Liter Wasser bis zu 600 Milligramm Chlor zugesetzt werden, um auf diese Weise Keime abzutöten. Andererseits sollen die Nebenprodukte der Trinkwasserchlorung aber Krebs erzeugen, deshalb war der Zusatz von Chlor zeitweise in den USA verboten. Die Regierung des südamerikanischen Peru schloss sich Anfang der 90er-Jahre dieser Vorsichtsmaßnahme an (siehe Kapitel 7) und hatte wenig später den weltweit größten Ausbruch von Cholera der vergangenen Jahrzehnte mit 800 000 Infizierten und über 7000 Toten zu beklagen. So viele Peruaner wären selbst dann nicht an Krebs gestorben, hätten sie pro Liter ein Hundertfaches der in Deutschland erlaubten Menge Chlor getrunken.
    Auch die Angst vor Fluor schadet mehr, als sie nützt. Als das Fernsehmagazin »Monitor«einmal vor den Gefahren einer Kariesvorsorge durch Fluortabletten gewarnt hatte, brach deren Absatz in Deutschland fast komplett ein. »Der Umfang der hieraus resultierenden Kariesschäden und ihrer Folgen ist nicht abzuschätzen«, warnt der Lübecker Medizinprofessor Otfried Strubelt. »Noch schlimmer aber war, dass viele Eltern auch die damit kombinierte Vitamin-D-Prophylaxe gegen Rachitis einstellten und Kinderärzte in der Folgezeit ein Krankheitsbild beobachten mussten, nämlich die Rachitis oder Englische Krankheit, das seit Jahrzehnten von der Bildfläche verschwunden war. Diese Vitaminmangelkrankheit führt durch Knochenerweichung zu schweren Verformungen des Skeletts sowie zum Zurückbleiben der gesamten körperlichen Entwicklung. Verkrüppelte Kinder als Konsequenz falscher journalistischer Warnungen – das war leider traurige Realität.«
    Die amerikanischen Risikoforscher John Graham und Jonathan Wiener haben einmal verschiedene weitere kontraproduktive Nebenwirkungen ausgewählter Risikobekämpfungsmaßnahmen untersucht. So fanden sie zum Beispiel heraus, dass viele staatlich verordnete Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität indirekt die Wasserqualität verschlechterten und umgekehrt. Oder dass das Luftreinhaltegesetz von 1967 (Clean Air Act), das für alle Kohlekraftwerke aufwendige Schwefeldioxidfilter vorsieht, die Energieeffizienz der Kraftwerke reduzierte und den Kohlendioxidausstoß in die Höhe trieb. Schwefeldioxid runter, Kohlendioxid rauf. Dann wieder griffen die Amerikaner aufgrund des Verbots künstlicher Zuckerersatze wie Zyklamat oder Sacharin vermehrt zu dem sehr viel kalorienhaltigeren normalen Zucker und wurden dick und fett dabei, mit all den daraus resultierenden Nebenwirkungen, die man so kennt. In einem anderen Fall hatte das aus Rücksicht auf Wildtiere eingeschränkte Holzfällen in den USA dazu geführt, dass Holzpreise weltweit stiegen und stattdessen die ökologisch weit mehr gefährdeten Wälder in Entwicklungsländern den Holzfällern zum Opfer fielen. Dann wieder hatte das Verbot gewisser Pestizide die amerikanischen Farmer dazu verleitet, vermehrt schädlingsresistente Pflanzensorten anzubauen, deren natürlicher Pestizidgehalt die Menge der vorher eingesetzten künstlichen Unkrautvernichter bei Weitem übersteigt. So soll zum Beispiel schädlingsresistenter Selleriesalat achtmal mehr natürliche krebserzeugende Chemikalien enthalten als »normaler«, mit künstlichen Pestiziden vor Schädlingen geschützter Selleriesalat. Und dann natürlich das typisch US-amerikanische Anti-Risiko-Ritual, als Schutz vor einem Überfall zu Hause eine Waffe im Nachttisch bereitzuhalten. Der verhinderte Schaden durch die so abgeschreckten Einbrecher wird durch häuslichen Mord und Totschlag mehr als aufgewogen, der allein durch die leichte

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