Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
soll das heißen, Detective?“
„Reden wir erst über Sie, Ben.“ Er zog einen Notizblock aus der Tasche. „Was wollten Sie mir erzählen?“
Ben rieb sich die pochende Schläfe und begann: „Ich habe gestern Abend meine Mutter besucht. Sie hat Alzheimer und lebt im Crestwood Pflegeheim an der Metairie Road.“
„Das tut mir Leid für Sie.“
Ben nahm das nickend zur Kenntnis und fuhr fort: „Ich war länger bei ihr als üblich. Sie war schrecklich aufgeregt. Sie glaubte, jemand sei bei ihr gewesen und habe sie bedroht. Es dauerte eine Weile, um sie zu beruhigen.“
„Sie glaubte, jemand habe sie bedroht?“
Ben sah seine zerkratzten Hände auf dem weißen Laken liegen. „Meine Mutter … ist verwirrt. Sie vermischt die Realität mit Dingen, die sie im Fernsehen gesehen hat. Als ich zu meinem Wagen kam, steckte eine Notiz unter dem Scheibenwischer. Ich glaube, sie stammt von derselben Person, die mir Annas Buch geschickt und das Foto von uns beiden gemacht hat.“
„Was stand auf dem Zettel?“
Leicht verlegen wandte er den Blick ab, denn er fühlte sich unbehaglich und bloßgestellt. „Da stand, dass ich mich in sie verliebe und dass sie heute Nacht sterben würde.“
„Da stand, dass sie letzte Nacht sterben sollte?“
„Ja. Ich geriet in Panik. Ich rief sie sofort aus meinem Auto an. Ich konnte sie nicht erreichen und fuhr los. Offenbar habe ich mich nicht genug auf die Straße konzentriert.“
„Sie haben nicht daran gedacht, das Revier im French Quarter zu alarmieren?“
„Ich habe überhaupt nicht gedacht, ich habe gehandelt. Ich wollte so schnell wie möglich zu ihr.“
Quentin sah auf seinen Notizblock. „Und? Stimmt das, was auf dem Zettel stand? Verlieben Sie sich in sie?“
„Das ist meine Privatsache, Detective.“
„Ich halte es aber in diesem Fall für wichtig.“ Quentin sah ihm fest in die Augen. „Ist es so?“
Ben hielt dem Blick kühn stand. „Ja, so ist es.“
Ein seltsamer Ausdruck huschte über Quentin Malones Gesicht. In diesem Moment wusste Ben, dass er nicht der Einzige war, der starke Gefühle für Anna hegte. Da er ältere Ansprüche auf sie erhob, sich sogar einbildete, sie gehöre ihm, fühlte er sich durch einen Rivalen bedroht, ja beleidigt. „Ich bin der beharrliche Typ, Detective. Ich gebe nicht leicht auf.“
„Das tut ein guter Gegner nie.“ Ein Lächeln zuckte um Quentins Mundwinkel. „Haben Sie die Nachricht noch?“
„Sie lag in meinem Wagen. Da ist sie wohl noch.“ Ein freudloses Lachen kam ihm über die Lippen. „Wo auch immer.“
„Haben Sie eine Ahnung, wer Ihnen die Nachricht geschrieben hat?“
„Ich sagte schon, vermutlich die Person, die mir auch das Buch hinterlassen hat. Vielleicht ein Patient. Aber ich weiß nicht, welcher.“
„Haben Sie den Namen Adam Furst schon mal gehört?“
„Nein.“
„Bestimmt nicht? Sie haben keinen Patienten dieses Namens?“
„Bestimmt nicht.“
„Gibt es einen Patienten, der entweder Adam oder Furst heißt?“
Ben dachte kurz nach und schüttelte den Kopf. „Warum? Wer ist das?“
Quentin ignorierte die Frage. „Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, wollten Sie die Zahl der Verdächtigen unter Ihren Patienten eingrenzen. Offenbar hatten Sie nicht viel Erfolg.“
„Das braucht Zeit, Detective“, entgegnete er leicht pikiert. „Ich kann nicht einfach jemand beschuldigen. Bis auf eine Hand voll habe ich inzwischen alle Verdächtigen eliminiert. Falls nicht einige Termine abgesagt werden, habe ich bis Ende der Woche alle Patienten meinem Test unterzogen.“
„Was für ein Test?“
Ben erklärte, wie er das betreffende Buch auslegte, in der Annahme, dass der Schuldige es nicht würde ignorieren können. „Gegen Ende der nächsten Woche kann ich Ihnen sicher einen Namen nennen.“
„Bis dahin könnte noch eine Frau sterben. Ich schlage vor, Sie beeilen sich ein wenig. Oder Sie übergeben uns die Patientenliste und lassen uns unsere Arbeit machen.“
„Sie wissen, dass ich das nicht tun kann. Es wäre unethisch von mir.“
„Und einen Mörder zu decken ist ethisch?“
„Mörder? Sie machen einen ziemlich großen Sprung, Detective. Der Unterschied zwischen einer Notiz am Scheibenwischer und einem Mord …“
„Anna wurde gestern Nacht in ihrer Wohnung überfallen.“
Ben verschlug es kurz die Sprache. „Aber Sie sagten doch … sie sei unversehrt.“
„Er wurde verscheucht, ehe er seine Tat ganz ausführen konnte. Aber verständlicherweise hat der Vorfall
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