Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
Eifersucht.
Die Ampel sprang um, und er fuhr los. Plötzlich kam ihm eine Erinnerung, und er stutzte. Damals im Krankenhaus hatte Ben Walker erzählt, er habe spätabends noch seine Mutter im Pflegeheim besucht. Sie sei aufgebracht gewesen. Angeblich war ein Mann in ihrem Zimmer gewesen und hatte sie bedroht.
Quentin sah über die linke Schulter, wechselte auf die linke Fahrbahn und wendete an der nächsten Kreuzung. Laut Ben war seine Mutter im Crestwood Pflegeheim an der Metairie Road. Das war nur wenige Minuten von hier.
Vielleicht sollte er Ben Walkers Mutter einen kleinen Besuch abstatten.
Im Pflegeheim war es ruhig. Die Dinnerzeit war vorüber, aber die Besuchszeit noch nicht. Der Fernseher in der Lobby dröhnte. Eine Spielshow war eingeschaltet – in ohrenbetäubender Lautstärke. Einige Heimbewohner saßen um den Fernseher, etliche in Rollstühlen. Eine weißhaarige Frau im roten Bademantel sah Quentin zwinkernd an, als er vorbeiging. Er zwinkerte zurück.
Im Schwesternzimmer wies er sich aus. „Detective Quentin Malone“, stellte er sich lächelnd vor. „Ich möchte mit einer Heimbewohnerin sprechen, Mrs. Walker.“
Die Schwester fragte erstaunt: „Louise Walker?“
„Dr. Benjamin Walkers Mutter.“
„Das ist Louise. Darf ich fragen, worum es bei diesem Besuch geht?“
Er hätte sich weigern können, Auskunft zu geben, sah jedoch keine Veranlassung dazu. „Ihr Sohn sagte mir, sie sei bedroht worden. Ich überprüfe das für ihn.“
„Ach das.“ Die Schwester schüttelte den Kopf. „Louise ist verwirrt. Sie sieht diese nächtlichen Fernsehserien und verwechselt sie mit der Realität. Dabei regt sie sich dann sehr auf. Aber reden Sie nur mit ihr. Es beruhigt sie vielleicht, wenn sie sieht, dass sich die Polizei der Sache annimmt.“
„Sie glauben also nicht, dass sie wirklich bedroht wurde?“
„Nein.“ Sie schob ihm das Eintragungsbuch über den Tresen. „Unterschreiben Sie bitte. Jeder Besucher muss sich eintragen.“
„Kann trotz dieser Kontrolle jemand durchschlüpfen?“
„Bestimmt. Aber wir sind sehr sorgfältig.“
„Davon bin ich überzeugt.“ Quentin trug seinen Namen ein, den Namen des zu Besuchenden und den Grund seines Besuches. Da er das Buch einmal vor sich hatte, überflog er die Namen, die auf den vorherigen Seiten standen, entdeckte jedoch nur einen bekannten: Ben Walker. „Ben besucht seine Mutter oft“, bemerkte er und schob das Buch zurück.
„Er ist ein hingebungsvoller Sohn“, bestätigte die Schwester und kam um den Tresen herum. „Ich wünschte mir, dass mehr Kinder der Heimbewohner so wären. Ich zeige Ihnen das Zimmer. Zum Glück ist sie noch auf. Sie ist eine Nachteule.“
„Wie ich höre, hat sie Alzheimer.“
„Das ist richtig. Hier entlang bitte.“
„Wie klar ist sie noch?“ fragte Quentin auf dem Weg den langen Korridor entlang, vorbei an meist offenen Türen. Die Heimbewohner waren noch wach, sahen fern oder lasen. Einer schnippte in seinem Rollstuhl mit den Fingern und trommelte mit den Füßen den Takt aus dem Kopfhörer mit.
Die Schwester blieb vor der offenen Tür des Raumes 26 stehen, klopfte an und trat ein. Natürlich sah Louise Walker, eine kleine grauhaarige Frau, fern, völlig gebannt von einem schnulzigen Gerichtsdrama. „Louise“, sagte die Schwester leise, „hier ist jemand, der Sie sprechen möchte.“
Die Frau richtete die blassen Augen auf Quentin. „Ich kenne ihn nicht“, erklärte sie stirnrunzelnd. „Warum ist er hier? Was will er hier?“
„Er ist ein Freund von Ben. Er ist ein Detective von der Polizei. Sie beide sollten sich unterhalten. Ich bin im Schwesternzimmer, falls Sie mich brauchen.“
„Sie sind ein Freund von meinem Ben?“
„Das stimmt. Ich bin Detective Quentin Malone von der Polizei in New Orleans.“
Er hielt seine Marke hoch, und Louise winkte ihn heran. Als er weiter ins Zimmer ging, roch er Zigarettenrauch. Wie bei lebenslangen Rauchern üblich, haftete der Geruch ihrer Kleidung und allem, was sie umgab, an. Dass sie rauchte, wunderte ihn, da ein Schild am Eingang darauf verwies, dass Rauchen hier untersagt sei. Und zweifellos widersprach es auch den hohen Ansprüchen ihres Sohnes, der Raucher garantiert verabscheute.
„Ich weiß, dass er es getan hat“, sagte sie, als er näher kam. „Er ist schuldig wie die Sünde.“
Quentin sah auf den Fernseher. Eine Frau bat einen gewissen Jack, es nicht zu tun. „Es geht nicht um ihn“, sagte er freundlich, „sondern um den Mann,
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