Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
ließ den Kopf hängen. Wenigstens versuchte er nicht, sein Ausrasten zu rechtfertigen. Immerhin schien er noch so klar bei Verstand zu sein, die Schwere seiner Tat einzusehen.
„Was ist bloß los mit dir, Terry?“
„Ich weiß es nicht.“ Er sah ihn aus rotgeränderten Augen gequält an. „Mein Leben hat sich in einen absoluten Albtraum verwandelt. Ich kann nicht mehr schlafen, ich kann nichts mehr essen. Ich bin nur noch wütend – auf Penny, auf meinen Job, auf mich selbst und auf die ganze Welt.“
Er wandte kurz den Blick ab und fuhr leise fort: „Manchmal staut sich diese Wut in mir, und ich habe das Gefühl, sie frisst mich auf. Bald ist außer Hass und Verzweiflung nichts mehr von mir übrig.“ Er schlug die Hände vors Gesicht. „Dieser Hass ist lebendiger als ich.“
Quentin verschlug es für Augenblicke die Sprache. Schließlich sagte er eindringlich: „Du musst dich von deiner miesen Kindheit lösen, Terry. Dass deine Mutter versucht hat, dich fertig zu machen, war nicht deine Schuld. Nimm Hilfe in Anspruch, ehe es zu spät ist.“
50. KAPITEL
Freitag, 2. Februar,
Mittag.
Der Doktor drückte Ben versiert, aber vorsichtig in die Seite. „Tut das weh?“ fragte er und übte Druck auf die bandagierten Rippen aus.
Ben zuckte zusammen. „Es tut weh, aber nicht unerträglich.“
„Gut.“
Der Doktor sah ihm prüfend in die Augen. „Probleme seit dem Unfall? Benommenheit, Schwindel?“
„Nein, nichts in der Art, nur ein paar Schmerzen.“
„Das war zu erwarten, Sie hatten einen ziemlich hässlichen Unfall. Sie hätten sehr viel schlimmer verletzt sein können.“
„Ein Segen, dass jemand vorbeikam und den Notruf gewählt hat. Ich bin an der Stelle vorbeigefahren. Ich hätte lange Zeit hinter dieser Hecke gefangen sein können.“
Der Doktor stimmte zu. „Besonders zu dieser nächtlichen Stunde. Sie hatten viel Glück.“
Ben stand auf und zog sein Hemd an. „So spät war es noch nicht, etwas nach elf.“
Der Arzt sah ihn erstaunt an. „Sie machen Witze, oder?“
Ben hielt im Zuknöpfen inne. „Nein, ich habe das Pflegeheim gegen elf verlassen.“
„Ben, Sie wurden um drei Uhr früh hier eingeliefert.“
Er starrte den Arzt ungläubig an. „Sie müssen sich irren.“
„Ich irre mich nicht. Es steht hier auf Ihrer Karte. Eingeliefert um 3 Uhr 13.“
Was ist in der Zeit zwischen elf und drei passiert?
„Ben? Alles in Ordnung?“
Er blinzelte und konzentrierte sich wieder auf den Arzt. „Ja, danke.“ Er lächelte schwach. „Ich habe mich wohl geirrt. Ich bin gegen elf eingeschlafen, als ich meiner Mutter vorgelesen habe. Ich bin immer noch etwas verwirrt, was die Geschehnisse in jener Nacht angeht.“
„Das ist kein Wunder.“ Der Arzt lächelte ihn an. „Rufen Sie an, wenn es Probleme gibt. Sie sollten Ihre Rippen in zwei Wochen noch einmal überprüfen lassen. Das kann Ihr Hausarzt machen.“
Ben dankte ihm und verließ das Krankenhaus. Er stieg in seinen Wagen, ließ den Motor jedoch nicht an, sondern presste die Handballen auf die Augen und versuchte sich an die Nacht des Unfalls zu erinnern. Er hatte mit seiner Mutter zu Abend gegessen. Später hatte er sie zu Bett gebracht und ihr noch etwas vorgelesen.
Dabei war er eingeschlafen. Als er aufgewacht war, hatte sie Angst gehabt vor einem Mann, der zwischenzeitlich dort gewesen war und sie bedroht hatte. Eine Überprüfung hatte keinen weiteren Besucher ergeben. Ihre wachsende Verwirrtheit hatte ihn sehr beunruhigt. Er war zu seinem Wagen gegangen, wo er die Notiz gefunden hatte. Kurz vorher hatte er auf die Uhr gesehen.
Vielleicht hatte er sich in der Zeit geirrt. Oder er hatte auf die Uhr gesehen, als er aus dem Schlummer erwacht war. Aber warum war seine letzte Erinnerung dann, wie er mit durchdrehenden Rädern vom Parkplatz fuhr und versuchte, Anna anzurufen?
Seine Gedächtnislücken, sein unnatürlich tiefer Schlaf, seine Kopfschmerzen, das alles machte ihm plötzlich Angst. Hatten die Ärzte etwas übersehen? Etwas, das sein Leben bedrohte?
Er legte die Stirn gegen das Lenkrad. Seine Fantasie ging mit ihm durch. Vermutlich war es so, wie die Ärzte gesagt hatten. Er litt unter so heftigen Kopfschmerzen, dass er ohnmächtig wurde. Ursachen dafür waren Stress und Anspannung.
Und davon hatte er in letzter Zeit reichlich gehabt. Nicht zuletzt, weil ein Verrückter ein undurchsichtiges Spiel mit ihm und Anna trieb.
Anna. Er war wütend gewesen, dass sie seine Akten durchgesehen und ihre Freundschaft
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