Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
jedoch wusste, wie es war, auf Gedeih und Verderb einem Verrückten ausgeliefert zu sein, konnte sie Minnie unmöglich im Stich lassen.
Sie drückte die Tür wieder auf und trat ein. Als sie sah, dass der Raum leer war, machte sie noch einen Schritt.
Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
„Hallo, Harlow. Willkommen in deinem Albtraum.“
Sie fuhr herum und stieß fassungslos einen kleinen Schrei aus. Sie hatte erwartet, Kurt zu sehen, stattdessen stand sie Ben Walker gegenüber. Und er hatte eine Waffe.
Sie schüttelte schockiert den Kopf. Das konnte nicht sein. Nicht der nette, lustige Ben.
Er richtete die Waffe auf ihre Brust. „Ich sehe an deinem Ausdruck, dass du jemand anders erwartet hast. Jemand namens Kurt.“
Sie wollte antworten, doch es hatte ihr die Stimme verschlagen.
„Ich denke, eine förmliche Vorstellung wäre angebracht.“ Er verzog die Lippen zu einem obszönen Lächeln. „Adam Furst, zu deinen Diensten.“
Um Fassung bemüht, fragte sie mit schwankender Stimme: „Hinter allem, was geschehen ist, hast du gesteckt, Ben?“
„Ben? Diese Memme? Dieser Niemand?“ Er schnaubte verächtlich. „,Ich hätte mich in dich verlieben können, Anna‘“, äffte er Ben nach. „,Und ich dachte, du liebst mich auch‘. Der macht mich krank!“
Anna befeuchtete sich die Lippen, richtete den Blick kurz auf die Waffe und sah ihm wieder ins Gesicht. Bei genauem Hinsehen entdeckte sie Unterschiede zwischen ihm und Ben. Adams Gesichtszüge waren härter, die Augen kälter. Auch seine Körperhaltung war anders. Das hier war ein zorniger, aggressiver Mann.
„Sie und Ben sind Zwillinge?“
Seine Lippen wurden schmal vor Wut. „Dummes Luder, mach den Fehler nicht noch mal! Ich habe mit Ben nichts zu schaffen. Wir sind uns nicht ähnlich. Kein bisschen!“
Sie wich einen Schritt zurück. „Wo ist Minnie? Was haben Sie mit ihr gemacht?“
Selbstgefällig erklärte er: „Unsere kleine Minnie ist zwar die meiste Zeit eine Landplage, aber diesmal war sie ganz nützlich. Haben dir ihre Briefe gefallen?“
„Sie hat sie auf Ihre Veranlassung hin geschrieben?“
„Ja.“
„Sie haben die Videobänder an meine Familie und Freunde geschickt? Sie haben Jaye entführt. Und Sie haben … diese anderen Frauen umgebracht.“
„Ja und nochmals ja. Genial, ich weiß.“
Er ist stolz auf sich. „Nein, nicht genial. Krankhaft.“ Sie ballte die Hände. „Sie sind gestört und bösartig. Sie tun mir Leid.“
Sein Gesicht wurde rot vor Zorn. Offenbar hatte sie einen empfindlichen Nerv getroffen. Angstvoll wich sie noch einen Schritt zurück.
„Das hat er auch gesagt, dieser Bastard! Jetzt ist er tot!“
„Dann bringen Sie mich auch um“, forderte sie ihn scheinbar furchtlos heraus. „Bringen Sie es hinter sich.“
„Ein schneller Tod? Das gefällt mir nicht, Harlow. Das wäre nicht gut genug für dich.“
„Sie wollen, dass ich leide und Angst habe.“
„Das ist richtig.“ Mit hassverzerrter Miene kam er auf sie zu. „Du sollst leiden. Ehe es vorbei ist, sollst du dir wünschen, tot zu sein, wie ich es mir gewünscht habe.“
Hinter ihm ging die Tür auf. Die Polizei! Jaye hat es geschafft! Anna ließ ihn nicht aus den Augen, um ihm nicht durch einen Hoffnungsschimmer im Blick zu verraten, was hinter ihm vorging. „Aber warum?“ fragte sie und wich weiter zurück. „Warum hassen Sie mich so sehr? Was habe ich Ihnen getan?“
„Luder. Verräterin!“ Er spie die Worte geradezu aus. „Du hast keine Ahnung, was richtige Angst ist, wenn du nachts im Bett liegst und wartest, dass er kommt. Denn er kommt bestimmt. Er kommt immer. Manchmal, um mich körperlich zu quälen. Manchmal, um Sex zu haben. Manchmal auch nur, um meine Tränen und das Betteln um Gnade zu sehen. Es ist ein Spiel, weißt du? Unser Schmerz, unsere Erniedrigung ist sein Vergnügen. Je größer der Schmerz, desto größer das Vergnügen.“
Entsetzt über seine Erlebnisse, die er vermutlich in der Kindheit hatte, flüsterte sie: „Das tut mir Leid. Wirklich. Aber ich weiß nicht, was ich damit zu tun habe.“
„Ich habe das für ihn auf mich genommen“, fuhr er fort, als hätte sie nichts gesagt. „Für alle. Deinetwegen. Deinetwegen und wegen der alten Hexe …“
Hinter ihm flog die Tür auf. Doch da kam nicht die Polizei, wie Anna enttäuscht feststellte, sondern Jaye. Sie war nicht weggelaufen und hatte keine Hilfe geholt.
Sie sprang Adam von hinten an, klammerte sich an seinem Rücken fest und bohrte ihm die
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