Die Angst spielt mit
Michael?”
“Weiß nicht. Ich konnte sie nicht verstehen. Vielleicht ist sie betrunken. Oder sie weint.”
Sie alle liefen ins Haus. Maggie griff nach dem Hörer.
“Hallo?”
Kevin und Harvey standen aufmerksam neben ihr.
“Bitte … Sie müssen … aufhören!”
Michael hatte recht. Die Anruferin weinte. Zuerst dachte Maggie, es wäre die noch immer verstörte Jeanne Squires.
Doch es war nicht Jeanne Squires. Maggie erkannte die Stimme. “Ich werde … umgebracht werden! rief die Frau. “Wir alle … werden umgebracht werden!” Sie müssen … aufhören. Ein Mörder läuft frei herum!” Die Leitung war tot.
Maggie sah Kevin und ihren Vater an. “Das war Louise Sheridan. Wir sollten zu ihr fahren. Und zwar schnell!”
9. KAPITEL
L ouise Sheridan lebte seit 1938 im Haus 9 Mill Run Road. Ihr älterer Bruder Edgar hatte das zweigeschossige Holzziegelhaus im Kolonialstil für sich, seine zukünftige Frau und seine Schwester gebaut, nachdem die älteren Sheridans gestorben waren. Doch die Ehe kam nicht zustande. Edgars Verlobte ließ den liebeskranken jungen Geschichtsprofessor vor dem Altar stehen. Weder Edgar noch seine jüngere Schwester Louise heirateten jemals, und die beiden lebten in dem geräumigen Kolonialhaus vierundvierzig Jahre zusammen, bis Edgar starb. Seither wohnte Miss Sheridan, wie jedermann unter siebzig Jahren sie nannte, allein dort.
Es war Ewigkeiten her, dass Maggie auf der Ostseite der Stadt war. Einst eine solide Gegend mit Einfamilienhäusern, war es in den letzten Jahren offenbar steil bergab gegangen. Die einst gepflegten Häuser hätten jetzt dringend einen frischen Anstrich und Gartenarbeiten sowie eine generelle Verjüngung gebraucht. Die Mill Run Road bot einen besonders traurigen Anblick. Eine Sackgasse mit mehreren Häusern, vor denen die Schilder ZU VERKAUFEN genauso verkommen aussahen wie die Häuser selbst.
Miss Sheridans Haus lag am Ende der Sackgasse auf der linken Seite. Das Haus gegenüber und das neben ihr standen zum Verkauf.
“Es ist so isoliert”, murmelte Maggie. “Warum bleibt sie hier? Wäre es nicht viel angenehmer für sie im Altenheim?”
“Ich bin sicher, das Haus gehört ihr, und die Abgaben sind hier draußen bescheiden”, sagte Harvey, steuerte den Streifenwagen in die Einfahrt und hielt hinter Miss Sheridans zwanzig Jahre altem Wagen.
Maggie war als Erste aus dem Auto. Das Haus brauchte ebenfalls einen Anstrich, aber der Vorgarten war gepflegt. Alle Rollos waren heruntergezogen, sowohl im Erdgeschoss als auch im ersten Stock. Vielleicht wollte Miss Sheridan nicht, dass das Sonnenlicht ihre Möbel ausbleichte. Oder vielleicht war sie nicht diejenige, die die Rollos heruntergezogen hatte.
Ein Mörder läuft frei herum!
Maggie stand wie erstarrt da. Kevin trat neben sie. “Vielleicht solltest du besser hier warten”, sagte er sanft.
“Bleibt ihr beide hier”, bestimmte Harvey.
Der Polizeichef ging auf das Haus zu. Kevin sah Maggie an. Sie sah ihn an. Die Botschaft zwischen ihnen war klar. Angst oder nicht, sie konnten nicht zurückbleiben.
Sie folgten Harvey und trafen mit ihm an der Haustür zusammen. Der Polizeichef sah das Paar finster an, als er den Messingklopfer anhob. “Ich dachte, ich hätte euch gesagt, ihr sollt zurückbleiben.”
Weder Maggie noch Kevin antworteten auf diese Bemerkung.
Genauso wenig, wie Miss Sheridan auf das Klopfen antwortete.
“Wir sollten probieren, ob die Tür offen ist”, schlug Kevin vor.
Harvey schoss ihm einen Blick zu. “Vielen Dank.”
Maggie griff zuerst nach dem Türknauf. Er gab nicht nach. “Zugeschlossen.”
“Keine große Überraschung”, murmelte Harvey.
“Ich weiß nicht”, entgegnete Kevin. “Kaum jemand in Thornhill schließt die Tür ab.”
“In dieser Gegend schon”, sagte Harvey knapp und eilte hinter Maggie her, die sich auf den Weg ums Haus gerum gemacht hatte.
Die Küchentür an der Hinterseite des Hauses war ebenfalls verschlossen. Doch diese Tür hatte einen Glaseinsatz ohne Rollo. Maggie spähte in die Küche.
“Was siehst du?”, fragte Kevin besorgt.
“Nicht viel.” Und dann stieß sie einen alarmierten Ruf aus.
“Was ist? Was ist?”, fragte Harvey.
“Der Herd ist an. Da kocht etwas.” Sie presste ihr Gesicht an den Türrahmen. “Es verbrennt.”
“Ganz ruhig”, warnte Harvey. “Bevor wir die Tür aufbrechen, schwärmen wir aus und sehen nach, ob eines der Fenster nachgibt. Wenn die alte Dame bloß eingeschlafen ist, wollen wir sie nicht
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