Die Angstmacher
streng geheim gehalten werden. Der Beschwerdeführer bekommt die Formeln nicht.
2010 erreichten den Versicherungsombudsmann 18 357 Beschwerden, das waren 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Von diesen Eingaben sortierte die Schiedsstelle 5034 wegen Unzulässigkeit aus. Unzulässig ist eine Beschwerde unter anderem dann, wenn bereits bei der Finanzaufsicht BaFin ein Verfahren anhängig ist. Die meisten Eingaben, die den Versicherungsombudsmann erreichen, betreffen eine Lebens- und Rentenversicherung. 2010 waren das 38,5 Prozent. Danach kommen Rechtsschutz- mit 15,2 Prozent und Auto-Versicherungen mit 7,1 Prozent. Im Schnitt dauert ein Beschwerdeverfahren vier Monate. Im Jahr 2010 gab der Ombudsmann von den eingegangenen zulässigen Beschwerden im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung in 19,3 Prozent der Fälle den Verbrauchern recht. In den übrigen Sparten waren es immerhin 38,2 Prozent. »Bei uns ist die Erfolgsquote etwas höher als bei Klagen an Amtsgerichten«, sagt er. Die geringe Erfolgsquote in der Lebens- und Rentenversicherung resultiert aus der faktischen und rechtlichen Komplexität der Verträge. Die Policen sind so kompliziert, dass die Kunden einfach nicht verstehen, wie etwa die Beteiligung an den stillen Reserven oder der Festsetzung der Überschussbeteiligung funktioniert. Hier muss die Schiedsstelle die Aufräumarbeiten für die Verkäufer leisten, die keine Zeit mit langwierigen, aber offenbar notwendigen Erklärungen verschwenden.
Kein echter Schiedsrichter für Privatpatienten
Mit dem Versicherungsombudsmann hat die Branche eine wirklich gute Einrichtung geschaffen. Aber muss es sie deshalb gleich doppelt geben? Für den Verbraucher ist das verwirrend. Statt eine Anlaufstelle für alle Sparten zu schaffen, gibt es fürdie privaten Krankenversicherer einen eigenen Ombudsmann. Die privaten Krankenversicherer sind in einem eigenen Verband organisiert, und die beiden Schiedsstellen unterscheiden sich durchaus. Der Ombudsmann für die private Krankenversicherung hat viel weniger Kompetenzen als Günter Hirsch.
Seit 2011 ist der ehemalige Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium Klaus Theo Schröder der Ombudsmann für die private Krankenversicherung. Seine Aufgabe laut Statut ist, zwischen Kunden und Unternehmen zu vermitteln und »Versöhnung« herbeizuführen. Die Gesellschaften haben sich allerdings nicht dazu verpflichtet, den Entscheidungen ihres Schiedsrichters zu folgen. Seine Antworten auf Beschwerden können völlig folgenlos bleiben – anders als das bei Hirsch der Fall ist. Der Ombudsmann für die privaten Krankenversicherer ist also kein echter Schiedsrichter, denn im Zweifelsfall kann er nicht die Rote Karte ziehen. Anders als sein Kollege Hirsch wurde Schröder nicht unter Beteiligung von Verbraucherschützern ausgewählt, sondern vom Vorstand des Verbands der privaten Krankenversicherer auf Vorschlag der Verbandsgeschäftsführung berufen. Doch Beschwerdemöglichkeiten über private Krankenversicherer werden künftig erheblich an Bedeutung zunehmen. Die Gesellschaften sind nicht nur für die 10 Prozent der Bevölkerung wichtig, die klassische Privatpatienten sind. Die gesetzlichen Kassen sollen nach dem Willen vieler Politiker, Funktionäre aus dem Gesundheitswesen und Wissenschaftler künftig weniger Leistungen zahlen. Der Bedarf an zusätzlicher, das heißt privater Absicherung steigt. Zahnzusatz- oder private Pflegezusatzpolicen aus dem Angebot der Privaten werden Kassenpatienten schon heute von allen Seiten empfohlen.
Hinzu kommt: Privat Krankenversicherte gelten im öffentlichen Bewusstsein als privilegierte Patienten, die beim Arzt und in der Klinik viel besser versorgt werden als der gemeine Kassenpatient. Aber privat Krankenversicherte haben es oft schwerer als Kassenpatienten, ihre Rechte durchzusetzen. In der gesetzlichen Krankenversicherung entscheiden die Sozialgerichte darüber, ob die Kasse zahlt oder nicht. Hat ein Kassenpatient eine Leistung vor Gericht erstritten, profitieren alle Kassenpatienten davon. In der privaten Krankenversicherung ist die Lage völlig anders. Hier gilt für den Versicherten, was im Vertrag steht. Der Privatpatient ist nicht Teil einer Solidargemeinschaft, sondern muss im Streitfall individuell gegen einen mächtigen Gegner antreten.
5964 Beschwerden gingen 2010 bei Schröders Vorgänger Helmut Müller ein, davon waren 1029 unzulässig. Mehr als vier Fünftel der Beschwerden bezogen sich auf die private
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