Die Angstmacher
über Jahre die Preise zurück. Auch die Bedingungen verbesserten sich zugunsten der Kunden. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Die Gebäudeversicherer schreiben rote Zahlen. Sie gehen mit spitzem Bleistift durch ihre Bestände. Sie wollen Hauseigentümer loswerden, die sie Geld kosten. Die Gebäudeversicherer befinden sich, wie es so schön heißt, in einer Phase der Marktsanierung. Das bedeutet: Nach einem Schaden ist die Gefahr für Hausbesitzer groß, dass der Versicherer ihnen kündigt. Denn das Unternehmen will nicht noch einmal zahlen, auch wenn der Kunde schon ewig bei ihm unter Vertrag ist. Die »Marktsanierung« zeigt Folgen. Im Jahr 2010 haben die Wohngebäudeversicherer 4,1 Milliarden Euro für Schäden ausgegeben, 2011 werden es nach Hochrechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft nur noch 3,7 Milliarden Euro sein. Das sind 10 Prozent weniger. Im Schnitt gaben sie 2010 pro eingenommenen Euro 12,2 zusätzliche Cent aus, 2011 werden es voraussichtlich nur noch 2 Cent sein. In solchen Marktphasen ist für Verbraucher das Kleingedruckte ganz besonders wichtig. Suchen Hausbesitzer einen neuen Versicherer, weil der alte ihnen gekündigt hat, haben sie es schwer. Sie müssen dem neuen Anbieter sagen, dass der Vorgänger den Vertrag beendet hat. Der Neue will sich nicht einhandeln, was der Alte loswerden wollte. Deshalb wird der Neue eine deutlich höhere Prämie nehmen oder weitreichende Ausschlüsse verlangen – im Kleingedruckten.
Mithilfe des Kleingedruckten schaffen die Versicherer es immer wieder, den Kunden Policen anzudrehen, die nicht im mindestens halten, was sie zu versprechen scheinen. Oder die so teuer sind, dass ein Verbraucher sich nicht auf sie einließe, wenn er sie durchschauen würde.
Mit Unsinn Geld verdienen: Restschuldversicherungen
Das Ehepaar aus Zwickau wollte seine Kredite neu ordnen. Deshalb nahm das Paar einen Kredit in Höhe von 30 000 Euro auf. Weil die Bank ihm eine Restschuldversicherung unterjubelte, mussten die beiden schließlich mehr als 41 000 Euro zurückzahlen. Mit Restschuldversicherungen sollen Kreditnehmer ihr Darlehen für den Fall absichern, dass ihnen etwas passiert und sie die Raten nicht mehr zahlen können – sagen die Banken. Wenn sie dem Kunden überhaupt etwas sagen. Dem Ehepaar aus Zwickau hatte die Bank nichts gesagt. Der Mitarbeiter hatte auf dem Antragsformular für den Kredit einfach das Feld für die Versicherung markiert, ohne die Kunden darauf aufmerksam zu machen.
Mit skandalösen Methoden werden Verbrauchern Restschuldversicherungen angedreht. Nicht nur in Deutschland. Auch in Großbritannien sind die Gebräuche rüde. Dort hat die Finanzaufsicht jedoch der Branche kräftig auf die Finger gehauen. Im Mai 2011 kündigten britische Großbanken wie Barclays, HSBS, Lloyds und RBS an, Verbraucher zu entschädigen, denen sie Restschuldversicherungen verkauft hatten. Aus der Portokasse kommt das Geld nicht, das die britischen Banken ihren Kunden zurückgeben: Es geht um bis zu 8 Milliarden Pfund, das sind etwa 9 Milliarden Euro. Die Banken hatten eine Machtprobe mit der Finanzaufsicht verloren. Die Finanzaufsicht hatte moniert, dass die Banken nicht auf Beschwerden von Kunden reagierten. Denn die hatten allen Grund zum Ärger. Die Banken schoben Kunden, die einen Kredit abschlossen, Restschuldversicherungen unter – ohne Wissen der Verbraucher, die diese Policen zahlen mussten. Die Banken schlagen die hohen Prämien für die Versicherung auf die Tilgungsraten für den Kredit auf und kassieren satte Provisionen. Die Kunden sehen nur die Gesamtsumme, die sie für das Darlehen monatlich zahlen müssen, und bemerken nicht, dass ein großer Teil für die unnütze Police abgezweigt wird.
Was in Großbritannien zu einem der größten Skandale in der Finanzbranche in den vergangenen Jahrzehnten geführt hat, stößt auch in Deutschland seit Langem auf Kritik. Aber hier passiert nichts. Immer wieder verkaufen Bank- und Sparkassenmitarbeiter Kunden diese Policen, mit denen angeblich ein Kredit abgesichert werden soll. Wäre das der wirkliche Grund, müsste mit dem Abschluss der Zinssatz für das Darlehen sinken. Aber das passiert nicht. Es geht nicht um Risikoabsicherung. Es ist einfach nur Abzocke. Banken und Sparkassen streichen hohe Provisionen ein, die Anbieter die hohen Prämien. Den Verbraucherzentralen liegen viele Fälle vor, in denen Konsumenten angeben, sie seien zu einem Abschluss gezwungen worden – sonst hätte man
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