Die Angune (German Edition)
Ort nie gefunden. Und ich hätte noch fast jemanden überfahren!«
»Wie denn, Nini?«, fragte Françoise und machte einen b ösen Finger. »Mal wieder zu schnell unterwegs!«
»Unten im Dorf ist mir eine Frau vor den Wagen gespru ngen! Ein Glück, dass ich langsam unterwegs war.«
»Töte meine Nachbarn nicht!«, tadelte Andreas. »Es sind a lles nette Leute hier oben! Wen wolltest du denn umbringen?«
»Keine Ahnung! Ich bin die Straße von Büderstal hoch g ekommen. Das erste Haus links. Eine alte Bude! Es steht etwas alleine vor dem Dorfschild! Da stand eine alte Frau am Straßenrand, und als sie mich gesehen hat, ist sie einfach in die Straße gelaufen. Ein Glück, dass ich ausweichen konnte.«
»Ach ja, die alte Riedhmeyer! Ich sehe schon.«, meinte An dreas. »Die hat einer mit dem Ofenschieber erwischt!«
»Wie bitte?«, fragte Cornelia.
»Die ist nicht ganz dicht im Kopf! Die hat einer mit dem Ofenschieber erwischt! Das ist so 'ne Redensart hier oben. Sie ist halt verrückt! Aber dir vor das Auto laufen, das tut sie nicht. Dafür ist die alte Hexe zu langsam.«
»Du magst die Frau wohl nicht besonders?«, fragte Franço ise. »Alte Hexe! Tsss!«
»Ich habe nichts gegen sie.«, verteidigte sich Andreas. »Ich kenne sie ja nicht einmal. Aber das erzählen sich nun mal die Leute hier oben. Als sie jung war, soll sie ein äußerst steiler Zahn gewesen sein. Eine wirklich schöne Frau. Alle Burschen der Umgebung waren hinter ihr her. Und dann verschwand sie eines Nachts - das muss wohl Anfang 1946 gewesen sein - sang und klanglos. Als man sie nach mehreren Monaten unten in der Ansenbacher Schlucht fand, war sie wirr im Kopf. Von ihrem Aussehen ganz zu schweigen. Sie verbrachte einige Zeit in der Nervenklinik in Marthaus, bevor man sie als ungefährlich - oder wohl eher als ungefährdet - einstufte und nach Hause entließ. Die alte Bude, wie du es nennst, ist ihr Elternhaus. Seit dem haust sie dort.«
»Und wovon lebt sie?«
»Keine Ahnung! Eine Geldquelle wird sie schon haben. Die Frau Müller mit ihrem rollenden Lebensmittelladen bleibt immer vor ihrem Haus stehen wenn sie ihren Einkaufskorb herausstellt. Und auch der Theisen Peter, unser Bäcker aus Büderstal, hat sich noch nie über die Bezahlung beschwert. Also muss alles klappen.«
»Egal!«, sagte Cornelia. »Mir hat sie auf jeden Fall einen g ehörigen Schrecken eingejagt!«
Und damit war die Diskussion zu diesem Thema beendet. Nach einem zweiten Glas Sekt bat Andreas seine Gäste zu Tisch. Das Esszimmer war in einem Teil der früheren Scheune eingerichtet. Genauso wie der Flur das Haus von vorn nach hinten durchquerte, hatte auch die frühere Scheune eine Durchfahrt quer durch das ganze Gebäude, die mit einem doppelflügeligen Tor an der Straßenseite anfing und ebenfalls mit einem doppelflügeligen Tor auf der Hinterseite aufhörte. Früher konnten die Heuwagen hin durch gezogen werden um das Heu abzuladen. Heute war hier ein großes modernes Esszimmer untergebracht, wobei die alten Tore durch riesige Glaswände ersetzt worden waren. Genauso wie der Flur waren auch die Wände des Esszimmers in einem monotonen Hellgrau gestrichen das aber immer wieder von farbigen Ölgemälden der abstrakten Malerei unterbrochen wurde. Im Gegensatz zu den hellgrauen Mauern war der Boden mit schwarzgrauem Schiefer bedeckt, das die Möbel aus heimischer Buche gut zur Geltung brachte.
Als Vorspeise bot Andreas eine Elsässische Gewürztram iner Spätlese zu einem Millefeuille von Reibekuchen und schmelzend gebratener Gänseleber.
»Das Rezept lässt sich schnell und ganz einfach herstellen.«, erklärte er seinen Gästen. »Die Reibekuchen fertige ich im Voraus und brauche sie nur noch in der Mikrowelle aufz uwärmen. Und die Gänseleber lässt sich in zwei Minuten braten.«
Als Hauptspeise tischte Andreas Lammfilet Wellington auf, zusammen mit einem Valpolicella, einem Amarone.
»Amarone klingt wie einer Kirschenart.«, sagte Eduard. »Hat der Wein etwas mit Kirschen zu tun?«
»Du meinst wohl Morellen. Schattenmorellen.«, lachte An dreas. »Nein, der Wein hat nichts mit Kirschen zu tun. Der Name kommt vom italienischen Wort "amaro", das so viel heißt wie bitter. Der Wein hat eine leichte Bitterkeit im Nachhall. Von daher der Name.«
»Auf jeden Fall ist es ein ausgezeichneter Wein.«, schlus sfolgerte Françoise.
Und so zog sich der Abend hin. Zum Nachtisch brachte Andreas einen gemischten Teller mit in Balsamessig marinierte Erdbeeren, einem Stück
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