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Die Angune (German Edition)

Die Angune (German Edition)

Titel: Die Angune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Staedtgen
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der ihr zu winkte, um zu ihm hin zu kommen. Sie lief zu Eduard hinüber, hüpfend, tanzend, und genoss die Kühle an ihren Füssen. Aber als sie am Waldrand angekommen war, war Eduard nicht mehr da. Sie schaute sich suchend um, als plötzlich hinter ihr ein großer Wolf auftauchte und sie mit seinen leuchtend gelben Augen anstarrte.
    Cornelia schrie auf und fuhr aus dem Bett hoch.
    Sie brauchte ein paar Sekunden bevor sie merkte, dass es draußen schon hell war, und dass alles nur ein Traum gewesen war.
    Der Wecker zeigte 07.30 Uhr an. Es war Sonntagmorgen, halb acht.
    »Boah!«, flüsterte sie und lies sich wieder ins Kopfkissen zurück fallen. Sie versuchte sich zu entspannen um wieder einzuschlafen, aber der Gedanke an den großen Wolf aus ihrem Traum ließ sie nicht mehr los.
    Schlussendlich stand sie um 08.15 Uhr auf, warf ein langes T-Shirt über und ging in die Küche im sich eine Tasse Kaffee zu machen.

Kapitel 3
    Der Waldläufer
    110. Tag im 2. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
    C hinato'Oral beugte den Kopf ganz langsam nach vorne, so weit, dass er am Baumstamm vorsichtig vorbeispähen konnte. Er drückte sich mit dem Rücken flach gegen die mit Hängemoos und leuchtenden Blattflechten überwucherte Kiefer. Dass er dabei das Wasser aus dem Moos drückte, bemerkte der Waldläufer nicht. Sein langer Regenschutz aus grüngefärbtem Hirschleder war dick mit Fett bestrichen und hielt den Körper des Grauelben trocken. Chinato'Oral konzentrierte sich ganz auf die große Ziparaziege, die er nun schon seit zwei Stunden verfolgte.
    Hier im hochgelegenen Nebelwald von Balingan zu jagen, war eine äußerst delikate Angelegenheit und erforderte viel Geduld.
    Zum einen waren die Sichtverhältnisse schlecht. Die einzig vorhandene Farbe im Halblicht des Waldes war grün. Grün in allen Farbschattierungen: hellgrün, mittelgrün, dunkelgrün, schwarzgrün. Und tausend unterschiedliche Nuancen dazwischen. Die Lichtverhältnisse wurden vom allgegenwärtigen Hängemoos geprägt, das alle Stämme und Äste wie einen dicken Pelz umhüllte. Die Moosstengel wuchsen so stark, dass stellenweise schrittlange Fetzen von den Ästen herunterhingen. Und dies führte zum zweiten Problem der Jagd: ein freies Schussfeld.
    Um eine Ziparaziege während einer Bogenjagd zu erlegen, musste der Jäger möglichst nahe an sie heran kommen. Das hatte nichts mit der Größe oder Stärke des Bogens zu tun, sondern lag ganz einfach an der unübersichtlichen Flora des Waldes. Selten bekam Chinato'Oral den Ziegenkörper ganz zu sehen. Manchmal schaute nur der Kopf hinter einem Stamm heraus, ein andermal sah er nur wie das Hinterteil in den stat tlichen Kaiserfarnen verschwand. Und dann, wenn er für einmal den Tierkörper vollständig zu sehen bekam, dann fehlte die Zeit um den Bogen zu heben, zu spannen und zu zielen. Denn Chinato'Oral wollte das Tier mit einem zielsicheren Schuss in den Hals erlegen. Ziparaleder war ein äußerst wertvolles und teures Leder, und der Grauelb wollte kein Loch in den Ziegenkörper schießen. Seine messerscharfe Pfeilspitze aus Mithril sollte dem Bock mit einem sauberen Schnitt Gurgel und Halsschlagader durchtrennen und ihn schnell legen.
    Chinato'Oral bewegte sich mit äußerster Vorsicht durch die hohen Farne, und wich den herunter hängenden Moosen g eschickt aus. Doch der erfahrene alte Bock, der sich mehr auf sein Gehör als auf seine Augen verließ, war schwer zu überlisten. Beim geringsten Geräusch entfernte er sich sofort mit ein paar Sprüngen und war wieder hinter dem grünen Vorhang der Vegetation verschwunden.
    Dies alles geschah fünfhundert Meilen nördlich von Rinu'usala, im Land Akkadonien, dem Reich der Waldelfen. Das milde Klima und die hohe Feuchtigkeit hatten riesige Urwälder im Süden von Akkadonien wachsen lassen. Sie boten vielen Arten einen sicheren Rückzugsraum, und der außergewöhnliche Wildbestand eignete sich vorzüglich für die Jagd. Flächendeckend dehnte er sich bis zu 250 Meilen breit ins Landesinnere aus, und ging in den höheren Bergregionen nahtlos in einen großen Nebelwald über.
    Im Zentrum dieses uralten und hochgelegenen Nebelwa ldes, den die Elfenvölker 'Balingan' nannten, lag das breite Tal des Ebbs. Die gewaltigen Wassermassen des Flusses hatten vor Millionen von Sonnenumläufen ein breites Tal aus dem weichen Fels herausgewaschen, an dessen feuchtnebligen Bergflanken eine atemberaubende Pflanzenwelt Fuß gefasst hatte. Am Boden wuchsen bis zu 2 Schritt hohe

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