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Die Angune (German Edition)

Die Angune (German Edition)

Titel: Die Angune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Staedtgen
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Brei aus Malachitpulver und Perlmuttstaub.
    In einem kleinen Alabasterschälchen mischten die Gemachdienerinnen feinstes Malachitpulver mit dem Ruß von verbranntem Butterschmalz zu einer dunkelgrünen Farbe, und zogen mit einem dünnen Stäbchen aus Horn die Lidstriche der Augen nach.
    Roter Ocker mit Rizinusöl und Bienenwachs färbte die Lippen rot.
    Und mit einem rotbraunen Brei aus Wasser, Honig und Hennapulver wurden Finger- und Zehennägel bestrichen.
    Die Hohepriesterin erhob sich von ihrem rückenlosen Scherenstuhl, die Gemachdienerinnen zupften ihr bodenlanges Sari noch einmal zurecht und dann verließ Tha'lith ihr Gemach.
    Durch einen türlosen Durchgang trat sie ins Freie in den kleinen Vorhof, der das private Gemach der Hohepriesterin vom Pylon des Tempels trennte. Oben auf einer breiten, vie rstufigen Treppe stand ein anderer rückenloser Scherenstuhl auf dem sie mit geradem und durchgedrücktem Rücken Platz nahm.
    Unter ihr im Hof standen vier bewaffnete Frauen, die Kundschafterinnen von denen ihre Gemachschwester gespr ochen hatte. Jeweils zwei hielten ein Kind an den Schultern fest.
    »Erlauchte Schwester, dies sind die Kundschafterinnen von denen ich sprach!«, sagte die Gemachschwester Biaka'lith, die sich zur Rechten der Hohepriesterin postiert hatte.
    Die Hohepriesterin betrachtete die beiden Kinder. Beide waren in einem erbärmlichen Zustand.
    Das eine Mädchen mochte 2½ oder 2¾ Sonnenumläufe alt sein. Es blickte zu Boden, da es sich nicht traute die Herrin oben auf der Treppe anzuschauen.
    Das andere Mädchen war älter - vielleicht 3 oder  3¼ Sonnenumläufe. Und eine echte Wildkatze!
    Unter seinen schwarzen Augenbrauen funkelte es die H ohepriesterin wütend an und zuckte gelegentlich mit den Schultern, um zu überprüfen ob die beiden Kundschafterinnen ihren Griff nicht gelockert hätten.
    »Die Kleine fanden sie in ihrem Unterschlupf in einer ve rlassenen Waldhütte. Sie wurde dort ausgesetzt oder verlassen.«, fuhr die Gemachschwester fort. »Die Große lag bewusstlos im Wald in der Nähe des Färberdorfes Skrub. Sie war überfallen worden.«
    Die Hohepriesterin schaute zuerst die Kleine an. Diese hob kurz den Kopf, als die Kundschafterinnen mit den Fingern ihre kleine Schulter drückten. Ein leises »Auah« entwisch ihren Lippen und dann fing das Kind an zu schluchzen.
    Tha'lith hob die Hand, als Zeichen dafür, dass sie genug g esehen hatte und zu einer Entscheidung gekommen war. Die Kleine würde ein gutes Gemachmädchen abgeben. Deren Aufgabenbereich im Tempel war das Putzen, Waschen und Kochen.
    »Sie wird im Kloster von Khaer'Domān leben und erzogen werden!«, entschied die Hohepriesterin.
    Als sie in die Augen des größeren Mädchens schaute, kamen Kindheitserlebnisse in ihr hoch. Das Mädchen erinnerte Tha'lith an sich selbst. Auch sie war ein aufsässiges und renitentes Kind gewesen, aber Kitau'lith, die alte Priesterin, war zu erfahren und zu gerissen gewesen um auf die Provokationen einer jungen Göre einzugehen, der man später den Namen Tha'lith gegeben hatte.
    Tha'lith drehte den Kopf leicht zur Seite und wandte sich an die Gemachschwester.
    »Wie heißt die Große?«
    »Unsere Erlauchte Herrin möchte wissen wie das Mädchen heißt?«, wandte sich die Gemachschwester an die beiden Kundschafterinnen.
    »Sie wird Ratte genannt, Herrin!«
    Die Hohepriesterin zuckte mit keiner Wimper als sie inne rlich den Kopf schüttelte.
    Ratte!
    Tha'lith hatte ihre Entscheidung getroffen.
    »Bringt sie zu Mutter U'lith! Sie soll ihre Erzieherin und Mentorin sein.«
    Eine strenge Erziehung zwischen Klostermauen würde bei diesem Mädchen, das die anderen "Ratte" nannten, nichts bringen. Doch die alte und listige Schwester U'lith, von vielen nur Mutter U'lith genannt, würde einen Weg finden um das Wissen, das in diesem Wildfang schlummerte, zu wecken. Und am Tag seiner Weihe zur einfachen Tempeldienerin würde Tha'lith, die Hohepriesterin, ihm den Namen "Li'lith" geben.
    Die Hohepriesterin erhob sich, drehte sich um und ging wieder in ihre Gemächer hinein, ohne auch nur einen Blick auf die wartenden Kundschafterinnen zu verschwenden.
    »Schwester?«, redete Biaka'lith die Hohepriesterin an. »Die Kundschafterinnen waren erfolgreich! Sie hätten sich über ein Wort der Aufmunterung gefreut!«
    Tha'lith schaute ihre Gemachschwester an.
    »Du hast Recht! Ein Wort der Aufmunterung hätte ihnen gut getan.«
    Dann setzte sie sich auf ihren Scherenstuhl und sackte mit einen Seufzer

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