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Die Angune (German Edition)

Die Angune (German Edition)

Titel: Die Angune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Staedtgen
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zusammen.
    »Hast du Sorgen, Schwester?«, fragte Biaka'lith.
    Tha'lith antwortete nicht.
    »Was bereitet Dir Sorgen, Schwester?«, hakte Biaka'lith nach. »Kann ich Dir helfen?«
    »Was mir Sorgen bereitet? Komm ich zeig' es dir!«
    Tha'lith stand auf und die beiden Priesterinnen durchquerten einen langen Flur, der vom Gemach der Hohepriesterin direkt zum großen Vorplatz des Tempels führte.
    Dort blieben sie stehen.
    »DAS bereitet mir Sorgen, Biaka!«, sagte die Hohepriesterin und zeigte auf den Vorplatz.
    Die Hohepriesterin hatte das Suffix "lith" bewusst wegg elassen um ihrer Gemachschwester durch den verkürzten Namen zu verstehen zu geben, dass dies eine vertrauliche Unterredung war.
    »Ich verstehe nicht, Schwester!«
    »Schau dir diese Stufen an! Sie sind stark abgenutzt und schief! Dort drüben ist der Türsturz gerissen. Wenn er zusammenbricht, reißt er einen Teil der Mauer mit sich. Und die Bodenplatten des Hofes! Die Kanten sind verwittert und die Fugen so breit, dass sie nach jedem Sternenhaus vom Unkraut befreit werden müssen. Das bereitet mir Sorgen, Biaka! Als Hohepriesterin ist es meine Pflicht dafür zu sorgen, dass Undina, unsere Herrin und Göttin, Gefallen findet an ihrem Tempel. Sie soll ihn als ihr Haus ansehen. Und das wird immer schwieriger. Am Anfang war Undina zufrieden und begnügte sich mit einfachen Opfergaben. Die Hohepriesterinnen brachten ihr Wein, Weihrauch und Blumen. Jetzt verlangt sie Tiere und ihre Eingeweide. Und wenn der Tempel weiter verfällt, müssen wir ihr eines Tages elfische Opfer darbringen, um uns ihre Gunst zu erhalten und den Wohlstand des Volkes zu sichern.«
    Beide Priesterinnen schwiegen einen Moment. Der Geda nke, die Innereien von lebenden Elfen als Opfergabe darbringen zu müssen, hatte Biaka'lith erschreckt und tief in ihrem Innersten aufgewühlt.
    »Du hast Recht, Schwester! Die Männer müssen zu Baua rbeiten in den Tempel hereingelassen werden!«
    »Es gibt keine Männer, die wir hereinlassen können! Die Männer die wir haben, fahren zum Fischen aufs Meer hinaus oder bearbeiten weitentlegene Felder! Sie verfügen nicht über die erforderlichen Kenntnisse. Sie sind Fischer und Bauern, aber keine Baumeister!«
    »Die Zwerge!«, bemerkte die Gemachschwester. »Schwe ster, die Zwerge, die auf der anderen Seite des großen Meeres leben. Sie sollen großartige Baumeister sein!«
    »Und womit sollen wir die Zwerge bezahlen, Biaka? Die Schatzkammern des Tempels sind fast leer. Und auch die Kornkammern. Der Boden an der Küste ist ausgelaugt, die Brachen wertlos. Die Feldarbeiter müssen sich immer weiter von der Küste entfernen um neue Wälder zu roden!«
    Wieder schwiegen beide Priesterinnen.
    »Was gedenkst du zu tun, Schwester?«, brach Biaka'lith schlussendlich das Schweigen.
    ›Neues Land erobern!‹, dachte die Hohepriesterin.
    »Zur Undina beten, auf dass sie mich erleuchten möge!«, sagte sie.
    Bei diesen Worten straffte sie den Rücken und nahm wi eder eine königliche Haltung an.
    »Erinnere den Hafenmeister daran, dass ich morgen meine Di'ere benötige! Doppelt besetzt!«
    Mit diesen Worten kehrte sie wieder in ihr Gemach zurück.
    »Wie lange wirst du weg sein, Schwester?«
    »Wie das letzte Mal - ich rechne mit fünf Tagen!«

    28. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
    Die Di'ere der Hohepriesterin war ein Zweiruderer von 30 Meter Länge, ein Langschiff mit zwei Reihen von Riemen übereinander.
    Das leichte Schiff hatte einen Tiefgang von nur 90 Zent imeter. Damit konnte es nicht nur in flachen Küstengewässern fahren, sondern ebenfalls über die Flüsse tief ins Landesinnere vordringen. Es konnte einen Fluss so schnell hinauffahren, dass selbst reitende Boten keine Warnung geben konnten.
    Denn die Di'ere war extrem schnell. Bei günstigen Win dverhältnissen erreichte sie eine Durchschnittsgeschwindigkeit auf langen Strecken von fast 10 Knoten. Bei höchster Schlagzahl und Achterwind konnte sie mit 18 bis 19 Knoten fliehen.
    Da die Hohepriesterin doppelte Besetzung verlangt hatte, konnte die Di'ere auch nachts fahren und würde selbst bei ungünstigen Winden das Ziel - wie vorgesehen - am 28. Tag im 3. Sternenhaus erreichen.

    Das Schiff drang etwa 2 Kilometer einen kleinen Küste nfluss hinauf und erreichte noch vor Anbruch der Morgendämmerung ihren verborgenen Anlegeplatz.
    Niemand hatte ihr Kommen bemerkt.
    Dort stieg sie in eine von 32 Sklaven getragene Sänfte um, die sie im Laufschritt den verbleibenden Kilometer bis zur

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