Die Angune (German Edition)
Augenblick, kehrte aber nach ein paar Sekunden mit dem abklingenden Schmerz wieder zurück.
Das war es!
Der Fluch der Hexe konnte mit Schmerz bekämpft werden.
»Uaahh!«
Der wütende Schrei des Dunkelalbs zerriss die Nacht.
Chinato'Oral zuckte zusammen, als er den Schrei draußen in der Nacht vernahm. Der Laut kam offensichtlich aus der Kehle einer Person, unterschwellig aber klang das drohende Brüllen eines Raubtieres mit.
Jetzt war Chinato'Oral wach. Er erwischte seinen Bogen - der neben dem Bettgestell auf dem Boden lag - und den Pfeilköcher, jagte zur Tür hinaus und die Treppen hinunter ins Freie.
Dran'ja Do'ul Corón, die alte Maga, und Calaele’en Obra Barkarië, der Meister der Schriften, waren viel zu nervös. O bschon die Maga das Zimmer mit einigen magischen Fallen gesichert hatte, konnten beide kein Auge zu tun.
Sie wollten sich nicht in die bereitgestellten Betten legen, aus Furcht vor dem geheimnisvollen Dunkelalb, und hatten versucht, in den beiden Sesseln des Zimmers die Nacht zu verbringen. Gegen die aufsteigende Müdigkeit aber waren beide machtlos gewesen. Die Augenlider waren immer schwerer geworden, und die Köpfe sanken immer tiefer. Bald schnarchte der Meister der Schriften friedlich vor sich hin. Und auch bei der Maga floss die Atemluft mit einem leicht knatternden Geräusch durch den Rachen. Allerdings schlief sie nicht so tief wie der Meister der Schriften.
Ein entsetzliches Geräusch drang vom Hof in das Zimmer herein. Es klang wie das Brüllen eines Raubtiers.
Ruckartig stand die Maga auf, entfernte die Magiefalle vom einem der beiden kleinen Fenster und schaute in die Nacht hinaus.
Um die Halluzination zu vertreiben musste der Schmerz grösser werden!
Der Assassine nahm den Scheibendolch und stach ihn in seinen Oberschenkel.
In der Schlacht war Schmerzunterdrückung überlebenswichtig, und der gestählte Assassine hatte kein Problem - trotz einer oder mehrerer Verletzungen - einen Kampf so weiterzuführen, als wäre nichts geschehen. Der Raserei machte ihn schmerzunempfindlich.
Doch hier war es anders. Hier kam es auf den bewussten Schmerz an.
Denn dieser Drache war unrealistisch! Er war eine Einbildung, eine Täuschung! Der Fluch der Hexe beeinträchtigte offensichtlich seine Wahrnehmung, und er benötigte einen heftigen Schmerz um dieses Hirngespinst wieder aus seinem Kopf zu jagen: er musste die falsche Sinneswahrnehmung mit einer echten Sinneswahrnehmung bekämpfen!
Der Kampf mit der Hexe wurde in seinem Kopf ausgetr agen!
Und so konzentrierte er sich voll auf den in seinem Obe rschenkel steckenden Dolch, um das Schmerzempfinden zu steigern.
Das Bild des Drachen begann wieder zu flacken.
Sagramit Alzamki bewegte die Dolchspitze in der Wunde hin und her. Die Verletzung fing an zu brennen, der Schmerz wurde heftig und quälend. Mit schmerzverzerrtem Gesicht beobachtete der Assassine seine Umgebung, und bemerkte die erhoffte Veränderung.
Rund um den Drachen löste sich die Schwärze auf. Die kleinen Lichtpunkte der Wandlaternen kämpften sich durch die allgegenwärtige Dunkelheit hindurch und wurden wieder sichtbar.
Und das verschwommene Bild des Drachen wurde transp arent und löste sich auf: der Umriss der rothaarigen Hexe wurde wieder sichtbar.
Der Dunkelalb blickte sich um. Alles war wie vorher. Er erkannte wieder alle Einzelheiten der Gebäude. Und auch Nadeva, die dunkle Königin der Nacht lächelte ihm wieder zu.
Er war gegen den Fluch der Hexe siegreich geblieben!
Der Assassine atmete tief durch, senkte den Kopf und spannte die Muskeln an.
Für den Bruchteil eines Moments hatte er im Augenwinkel die verräterische Bewegung an der Herbergstür erkannt.
Die verdammte Bergziege!
Der Grauelb hatte die Sehne des Bogens schon durchgezogen.
Zong!
Der Assassine riss den Oberkörper zurück, um ihn aus der Schussbahn zu bringen. Gleichzeitig versuchte er eines seiner Wurfmesser zu ziehen.
Dann spürte er den brennenden Schmerz am Oberarm.
Trotzdem gelang ihm eine schnelle dreiviertel Körperumdrehung rückwärts. Als sein Arm auf die Bergziege zeigte, ließ er das Wurfmesser los. Aber die Bergziege hatte die Bewegung registriert und ihm reflexartig die Schulter zugewandt. Das Wurfmesser drang der Bergziege in den Oberarm.
Sie versuchte das Heft des Wurfmessers zu ergreifen und herauszuziehen. Wertvolle Sekunden die der Assassine nutzte, um die verhasste Bergziege anzugreifen!
Er hatte den Angriff der Hexe abgewehrt, und hatte nun auch noch die
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