Die Angune (German Edition)
Bergziege verwundet.
Nadeva hielt zu ihm!
Oder auch nicht!
Denn die Maga, die oben im Fenster stand, hatte er nicht gesehen. Aber er sah, wie ihm etwas vor die Füße fiel. Reflexartig schaute er hin - in den gleißend, weißblauen Lichtblitz einer Blendkugel. Die Maga hatte sie aus ihrem Zimmer im ersten Stock der Herberge geworfen.
Für zwei, drei Sekunden war der Assassine wie benommen. Er presste die Augenlider zusammen, aber trotzdem wollte der hellgrüne Ball vor seinen Augen nicht verschwinden.
Auch nicht als er die Augen wieder öffnete!
Er sah nichts mehr!
In seinem Sehfeld war nur noch ein grüner Kreis!
Chinato'Oral war zu sehr mit dem in seinem Arm steckenden Wurfmesser beschäftigt. Er hatte nicht hingeschaut, als die gläserne Blendkugel am Boden zerbarst, ihr Inhalt sich vermischte und explosionsartig zündete.
Er richtete seinen schmerzenden und zitternden Bogenarm wieder auf den geblendeten Hautabzieher und legte eine n Pfeil auf die Sehne. Aber der verletzte Arm hatte nicht mehr die Kraft, um dem Zugarm zu widerstehen.
Der Waldläufer brachte keinen Schuss mehr fertig.
Die fünf Bogenschützen der Meneliden, die in dieser Nacht im oberen Teil der Festung ihren Wachtdienst schoben, waren nach dem Kriegsschrei des Dunkelalbs am oberen Festungstor zusammengelaufen. Sie hatten alle den Schrei gehört, waren sich aber uneins, wo er hergekommen war.
Dann sahen sie, wie der Hof vor der Herberge in weißbla ues Licht getaucht wurde, und rannten hin.
Vor der Herberge stand ein schwarzgekleideter Assassine der Dunkelalben im Hof und drehte sich orientierungslos hin und her.
Sie zögerten nicht!
Von zehn Pfeilen getroffen fiel Sagramit Alzamki zu Boden und bewegte sich nicht mehr.
Kapitel 2 8
Das Treffen
57. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
A ls Aurora sich über den Horizont schob und den Morgen des 57. Tages im 3. Sternenhaus einläutete, herrschte eine gedrückte Stimmung in Rassagard.
Kenaan Ken'ka Rosenstaub war tot!
Nach der nächtlichen Auseinandersetzung mit dem Hautabzieher hatten seine Leute ihn vermisst und gesucht, und seine Leiche in der Sippenhalle gefunden.
D ie Sippe Bat'dyan hatte seit ungezählten Sternenhäusern im Namen der nördlichen Stämme die befestigte Herberge am Rassagard-Pass geführt. Unter ihrer erfolgreichen Leitung war die Holzfestung zu einer Institution im Land geworden. Und jetzt war der letzte Vertreter der Sippe abgetreten, ohne einen Nachfolger zu hinterlassen! Und das führte zu Verwirrung und Ratlosigkeit.
Mittlerweile hatten Calaele’en Obra Barkarië, der Meister der Schriften, und die Maga Dran'ja Do'ul Corón sich mit Chinato'Oral, dem Waldläufer , ausgetauscht.
Die Verletzung des Grauelbs war im Wirtshaus der He rberge behandelt worden, und Calaele’en hatte ihn angesprochen, weil er in ihm einen Vertreter des Hochschamanen Teldarmal'Elhap glaubte.
Und so hatte der Waldläufer dem Weißelf den Grund se iner Reise nach Rassagard erläutert, und von seinen Informationen über ein feindliches Heer berichtet, das sein Unwesen im Land der Meneliden trieb. Besondere Gewichtung hatte er auf die überraschende Anwesenheit zahlreicher Óroks gelegt.
Die Maga, ihrerseits, war weniger an diesen Kriegstreibere ien interessiert gewesen, sondern an Tazh'eel, der Angune, die sich in der Herberge mit dem komischen Namen Cornelia Wandreiz eingeschrieben hatte. Doch man fand die Daimonia nicht mehr.
Einer der Bogenschützen, die in der Nacht den Wachdienst am äußeren Tor geschoben hatten, berichtete später, dass die Frau noch in der Nacht die Festung verlassen hatte.
Und er schwor, dass er - als man nach der Abreise der Frau das äußere Tor wieder schloss - einen riesigen Schatten am wolkenfreien Nachthimmel gesehen hätte. Das dunkle und leise Rauschen des Windes hätte ihm Angst eingejagt, als Māran, der Gott des Todes, vorbei flog. Wahrscheinlich war er gekommen um die rothaarige Frau mit ihrem Kind in die Anderwelt zu geleiten.
Doch Calaele’en Obra Barkarië interessierte das abergläub ische Gefasel des menelidischen Jägers nicht. Er ärgerte sich.
Er ärgerte sich maßlos!
Denn er erinnerte sich an die Worte des Gnoms Czouh:
›Tuvūm lyll'yā ytā'ti! Wir grüßen die, die den Feuersturm reitet!‹
Der riesige Schatten, den die Nachtwache gesehen hatte, war - höchstwahrscheinlich - ein Feuerdrache aus Wyvergard. Und die rothaarige Frau hatte ihn herbeigerufen! Das stand fest für Calaele’en!
Sollte diese
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