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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
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die Augen, tat einen kräftigenden Atemzug und zwang mich, an Welpen und Einhörner zu denken, die zwischen kandiertem Gras und Keksblumen umhertollten. » Nein«, sagte ich. » Nicht gerade angenehm.«
    » Möchtest du darüber sprechen, wie du dich dabei gefühlt hast?«
    Ich öffnete die Augen und sah, wie er sich über den Tisch beugte und mich eindringlich ansah. Eigentlich wollte ich ihm gar nichts erzählen. Ich kannte ihn nicht. Es war zu persönlich. » Es lässt sich wirklich nicht in Worte fassen«, erklärte ich. » Ich habe ihn, ich meine den Leichnam, nur ein paar Sekunden lang gesehen. Wir sind sofort gegangen und haben die Polizei gerufen, als uns klar wurde, worum es sich dabei handelte.«
    » Erinnerst du dich daran, nachts irgendetwas gehört zu haben?«, fragte er. » Die Wunden lassen darauf schließen, dass er von zwei ziemlich großen Hunden oder Wölfen angefallen wurde. Ich könnte mir vorstellen, dass es angesichts des ganzen Aufruhrs etwas lauter zuging.«
    Ich zuckte mit den Schultern und antwortete: » Ich habe nichts gehört.«
    » Interessant.« Er nahm einen Stift und machte sich ein paar Notizen auf einem Blatt Papier.
    Ich versuchte zu erkennen, was er schrieb, doch wären die Worte auch dann unleserlich gewesen, wenn sie nicht auf dem Kopf gestanden hätten. Hier hatte jemand keine Bestnote in Schönschrift.
    Er fuhr fort, ohne aufzusehen. » Dein neuer Freund da draußen, der Große mit den roten Haaren. Das ist Dalton McKinney, oder? Der Junge, der von dem Mann angeschossen wurde, der auch Emily Cooke getötet hat?«
    » Ja«, sagte ich. » Das ist er.«
    » Mir wurde gesagt, dass du nur mit einem der Mädchen hier befreundet wärst.« Er schaute zu mir auf. » Bist du schon lange mit Dalton befreundet?«
    Ich war zwar noch nie zuvor bei so einem Berater gewesen, doch erschien mir das Ganze jetzt eindeutig mehr wie ein Verhör als eine gefühlsduselige Problemsitzung. Entweder war er richtig schlecht in seinem Job oder hier stimmte etwas nicht. Mein erster Gedanke war: Die Polizei ist mir auf den Fersen. Ich konnte spüren, wie Panik in mir hochstieg. Ich umklammerte die Armlehnen meines Stuhls und zwang mich, ruhig zu bleiben. » Dalton und ich arbeiten nur zusammen an einem Klassenprojekt«, log ich. » Wir sind nicht wirklich Freunde.«
    » Ah.« Er wandte sich wieder seinem Blatt Papier zu und seine magere Hand vollführte irgendwelche Schleifen und Linien, von denen ich mir sicher war, dass sie einem frei erfundenen Alphabet entstammten. Mal im Ernst, war er selbst überhaupt in der Lage, das zu lesen?
    Nachdem er seine Notizen niedergeschrieben hatte, lächelte er mich an. » Ich denke, das wäre im Moment alles, Emily. Und denk daran, solltest du dich entschließen, über irgendetwas von all dem hier reden zu wollen, ich bin hier.«
    » Gut«, sagte ich. » Danke.«
    Mit geschultertem Rucksack floh ich aus dem kleinen Büro. Die Panik, die ich hatte unterdrücken können, begann wieder aufzusteigen, als ich zur nächstbesten Sekretärin ging, die mir ein Formular ausfüllte. Ich hatte zittrige Knie und Atemprobleme. War dieser Typ vielleicht gar kein Berater? Gehörte er zur Polizei? Vermuteten sie inzwischen, dass das gar keine Hunde, sondern Menschen waren? Wie war das möglich? Der Angriff war definitiv von Tieren verübt worden. Jared, der Deputy, den ich angerufen und dem ich von dem toten Mann in Spencers Garten erzählt hatte, hatte dies bestätigt. Er war am Montagnachmittag zusammen mit einem Polizeibeamten da gewesen, um uns ein paar Fragen zu stellen, was nicht länger als zehn Minuten gedauert hatte. Diese ganze schreckliche Angelegenheit war inzwischen abgehakt – außer in meinen Träumen. Auf keinen Fall verdächtigte jemand mich und Spencer des Mordes. Auf keinen Fall. Ich musste mich beruhigen. Vielleicht konnte ich Spencer finden. Mich an ihn anschmiegen, mich von seinem Duft umhüllen und diese neue Stressebene ausradieren lassen.
    Nein.
    Ich nahm das Formular von der Sekretärin entgegen, schenkte ihr ein falsches Lächeln und stapfte dann in Richtung Korridor davon. Tief einatmen, sagte ich zu mir selbst. Entspann dich. Es gibt kein Problem. Du bist das Alpha-Tier, weißt du noch? Es gibt Wichtigeres, auf das du dich konzentrieren musst: Schattenmänner. BioZenith. Spencer. Dalton. Und …
    Ich bog um die Ecke und stieß beinahe mit jemandem zusammen, der gerade auf dem Weg ins Büro war. Ich erschreckte mich derartig, dass ich einen Schritt

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